Fluch der Engel: Roman (German Edition)
seine Engel ihre Schwerter zückten und fahles Blau in ihren Handflächen schimmerte, fühlte ich, wie sich Engelsmagie verdichtete.
Angespannt warteten die Krieger vor den Steintafeln, bereit, loszustürmen, sobald Coelestin einen der Zugänge geöffnet hatte. Aron war der Letzte, der in Sanctifers unterirdischem Labyrinth verschwand. Natürlich erst, nachdem er mir die Verantwortung für Philippe auferlegt hatte. Er wusste genau, wie er mich von Sanctifers Monstern fernhalten konnte.
Nervös tigerte ich von einem Zugang zum nächsten. Meine Beruhigungsversuche bei Philippe waren erfolglos geblieben. Er hatte den Kopf hinter seinen Knien verborgen, als Coelestin den ersten Zugang entsiegelte, und seitdem nicht wieder aufgesehen. Vermutlich wusste auch er, welche Wesen diesen unverwechselbaren Geruch verströmten, der auf mich so unglaublich anziehend wirkte.
Schon der erste Schritt in Sanctifers Unterwelt raubte mir den Atem. Es mussten Tausende gewesen sein, die er in diesem unüberschaubaren Gefängnis eingesperrt hatte. Bei mir reichte einer, um meinen Jagdinstinkt zu wecken und mich voranzutreiben.
Meine Klauen drängten hervor, als sich der Gestank verstärkte. Ich hielt sie zurück. Beim Nahkampf gegen Sanctifers dunkle Engel war ich chancenlos. Ich hatte gesehen, mit welch grausamer Brutalität sich diese Bestien zerfleischten. Die einzige Waffe, mit der ich Philippe verteidigen konnte, war ein Schwert.
Ich rannte zurück in die Gruft und hoffte, dass sich die verdichtete Engelsmagie noch nicht wieder verflüchtigt hatte. Mir blieben höchstens noch ein paar Sekunden, um eine Waffe zu weben, bevor der dunkle Engel hier war.
Philippe saß noch immer in seiner Kauerstellung hinter dem Thron und blendete die Welt um sich herum aus. Wenigstens ersparte er sich so den Schock, mit ansehen zu müssen, wie seine kleine Schulfreundin sich in einen Racheengel verwandelte und ein Schwert aus der Luft zauberte. Doch so innig ich es mir auch herbeisehnte, meine Hände blieben waffenlos.
Mit ausgebreiteten Schwingen und drohend erhobenem Schwert stürmte der dunkle Engel in die Gruft. Die Intensität, mit der Sanctifers Bestie töten wollte, brachte mein Herz zum Rasen. Ich war schnell genug, um ihm auszuweichen, und wütend genug, um mir seine Aufmerksamkeit zu sichern.
Mein Tritt gegen seine Kniescheibe – falls das Ding überhaupt so etwas besaß – ließ es zumindest laut aufheulen. Blöd nur, dass es nicht zu Boden ging, sondern nur noch wütender wurde.
Um es von Philippe abzulenken, flüchtete ich Richtung Treppe. Mit rot glühenden Augen setzte es mir nach, verharrte mitten in seiner Bewegung, schnupperte – und entdeckte Philippe. Mein Herz blieb stehen, als es sich langsam, wie in Zeitlupe, zu ihm umdrehte.
Ich schloss die Augen und blendete alles um mich herum aus, um den Himmelslichtern nachzuspüren. Ich konnte das. Ich musste es – für Philippe.
Das sanfte Pulsieren fand mich, verstärkte sich und verschmolz mit mir zu einer Einheit. Noch bevor ich die Augen öffnete, wusste ich, dass ich ein purpurrot leuchtendes Schwert in den Händen hielt.
Mein erster Hieb trennte einen Flügel vom Rücken des dunklen Engels. Sein bestialischer Schrei fuhr mir bis ins Mark. Seine Wut war grenzenlos. Mit barbarischer Wucht ließ es seine Klinge auf mich herabsausen. Ich wich zurück und wäre wegen meiner Flügel beinahe gestrauchelt.
Um wendiger zu sein, zog ich sie so dicht wie möglich an meinen Körper. Dem nächsten Schlag entkam ich problemlos. Doch das Monster setzte nach und drängte mich in Philippes Richtung. Ich landete ein paar Treffer auf seinem Schwert, doch es blieb hartnäckig. Noch ein paar Meter, und Philippe war in Reichweite.
Ich biss die Zähne zusammen und breitete meine großen roten Flügel aus. Flügel konnten nachwachsen, Philippes Kopf nicht.
Die Augen des dunklen Engels erglühten. Wie ein wilder Stier stürzte er auf mich zu. Hätte ich mich nicht rechtzeitig in einen der Zugänge geflüchtet, wäre ich jetzt wohl einen Flügel schmaler.
Der dunkle Engel trieb mich tiefer hinein in das düstere Gefängnis. Türen mit Gitterstäben, so zahllos wie Grashalme auf einer Wiese, reihten sich dicht aneinander. Sanctifer hatte sie eingesperrt, damit er seine Monster nicht ständig kontrollieren musste. Jetzt waren die Schlösser entriegelt und die Türen standen offen.
Ich wählte den nächstbesten Flur und rannte. Je weiter weg das Ding von Philippe war, umso besser. Vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher