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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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geworden, zeigte er noch einmal seine ganze militärische und moralische Klasse; hielt die nachrückenden Maori auf Distanz, dirigierte den Rückzug, organisierte den Transport der vielen Verwundeten und war praktisch überall gleichzeitig. Ein Dutzend Kugeln durchlöcherten seine Uniform, trafen ihn selbst aber wie durch ein Wunder nicht. Er schien gefeit zu sein an diesem grausamen Tag, und als die Männer, die die Verwundeten trugen, laut darüber nachzudenken begannen, ob sie es überhaupt schaffen konnten, sowohl sich selbst als auch ihre verletzten Kameraden zu retten, stieg McDonnell mitten auf einer Lichtung auf einen hohen Baumstumpf. Sehr ruhig, ein Bein vorgestellt und die Hände in die Hüften gestützt, das Gesicht dem Wald zugewandt, aus dem die Verfolger unablässig feuerten, erklärte er, dass er diesen Punkt nicht verlassen würde, ehe nicht alle Verwundeten an ihm vorüber wären. Als Letzter von allen überquerte er den Waingongoro und erreichte gegen zehn Uhr abends Camp Waihi. Takiora half dabei, die abgekämpften Männer zu versorgen, fragte aber jeden, der nicht zu müde oder durchgedreht zum Reden war, nach von Tempsky und seinen Rangern.
     
    »Wer hat Manu-Rau getötet?«, fragte Gowers den Jungen, nachdem er ihn gefesselt und im Licht eines einzelnen Streichholzes davon überzeugt hatte, dass er kein Geist war.
    »Ich«, antwortete Tutange Waionui stolz und versuchte dabei, sein Herz zu beruhigen, denn dieser Pakeha würde nun sicher Rache nehmen wollen, und der Gedanke an die Folter und die Verstümmelungen, die ihm bevorstanden, erschreckte den Fünfzehnjährigen mehr, als er zeigen wollte.
    Der Mann, der ihn überwältigt hatte, sagte jedoch nur: »Erzähl mir davon.« Dass der Junge trotz seiner unschönen Lage als Gefangener darauf beharrte, den größten und berühmtesten Krieger der Pakeha getötet zu haben, verschaffte ihm nicht nur Gowers’ Respekt, sondern überzeugte den Investigator auch davon, dass er die Wahrheit sagte.
    Von den Einzelheiten der Schlacht, den Positionen der einzelnen Abteilungen wusste Tutange nicht viel, aber klar war, dass die Patea Field Force bei Te Ngutu o te Manu eine vernichtende Niederlage erlitten hatte und zersplittert worden war. McDonnell schleppte sich mit den traurigen Resten nach Süden, aber von Tempskys Männer waren offenbar auf dem Schlachtfeld geblieben.
    »Habt ihr Gefangene gemacht?«, fragte Gowers, dem es nun nur noch um einen bestimmten Mann ging.
    »Zwei oder drei, die ihre Gewehre weggeworfen hatten, wurden ins Dorf gebracht«, sagte Tutange verächtlich. »Sie waren keine Kugel wert.«
    »Und die anderen?«
    »Sind noch dort und werden ewig dort bleiben!«
     
    Das stimmte nicht ganz. John Roberts und James Livingstone, die letzten lebenden Offiziere der Forest Ranger, beide noch junge Burschen, keine fünfundzwanzig Jahre alt, hatten die Reste der geschlagenen Truppe gesammelt und sich langsam, vom gnadenlosen Feuer der Maori verfolgt, von ihrem verlorenen Posten in den dichten Wald im Nordosten geschleppt. Nur der Umstand, dass Titokowaru die Hauptmacht seiner Leute zur Verfolgung McDonnells nach Süden beorderte, rettete sie.
    Nun waren grausame Entscheidungen zu treffen, denn sie hatten mehr Verwundete, als sie transportieren konnten. Harry Hastings, versprengtes Mitglied der Wellington Volunteers, wurde auf eigenen Wunsch schwer verletzt zurückgelassen, und Livingstone zerschlug seinen Karabiner an einem Baum, damit
er den Maori nicht in die Hände fiel. Corporal William Russell, mit zerschmetterter Hüfte an einen Baum gelehnt, bat seine Kameraden, ihn zu erschießen, aber niemand wollte es tun. Sie gaben ihm seinen Revolver und hörten kurze Zeit später einen einzelnen Schuss, gefolgt von wütendem Gewehrfeuer. Offenbar hatte er einen der Verfolger niedergestreckt und war den Tod eines Soldaten gestorben.
    Nur ein einziger der Zurückgelassenen überlebte; G. H. Dore, ein ehemaliger Seemann, der anscheinend an einer Form des Downsyndroms litt, war mit einer Schulterwunde, die tief in den Knochen hinabreichte, zurückgeblieben. Als die Maori ihn erreichten, stellte er sich tot, und nachdem sie ihm Hosen, Stiefel, seinen Revolver und all seine Habe weggenommen hatten, ließen sie ihn liegen.
    Er schleppte sich ins Unterholz und berichtete später, dass er von überall her noch lange die verzweifelten Hilferufe seiner verletzten Kameraden gehört hatte, ehe sie einer nach dem anderen unter den Äxten der siegreichen Feinde

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