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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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man wenigstens an der Familie Halt finden. Beth hatte nun nicht einmal mehr das. Ihr Mann hatte sich aus dem Staub gemacht und war den Weg gegangen, der nur in eine Richtung führte. »Leb wohl, Beth, lebt wohl, Kinder, leb wohl, lausiges fünfundzwanzigstes Jahrhundert!« Und dann war er im Tunnel der Zeit verschwunden. Der Feigling hatte kein Verantwortungsgefühl, dachte Helaine.
    »Es tut mir so leid für dich«, murmelte sie.
    »Laß nur. Du wirst schon auch noch Sorgen bekommen. Die Männer werden alle weglaufen. Du wirst sehen. Auch Norm. Erst reden sie groß von ihren Verpflichtungen, und dann laufen sie doch. Bud hat geschworen, daß er nie gehen würde. Aber er hatte seit zwei Jahren keine Arbeit mehr, und trotz des Wochengeldes hatte er die Nase einfach voll. Also ging er.«
    Helaine paßte der Hinweis gar nicht, daß ihr Mann auch verschwinden könnte. Auch wenn Beth unglücklich war, schien es eine unpassende Andeutung. Schließlich, dachte Helaine, kam ich her, um sie zu trösten. Beths Worte waren nicht nett gewesen.
    Beth schien es selbst zu merken.
    »Setz dich«, sagte sie. »Ruh dich aus und unterhalte dich ein wenig mit mir. Ich sage dir, Helaine, daß ich kaum noch zwischen Wirklichkeit und Traum unterscheiden kann, seit Bud nicht zurückkam. Ich wünsche nur, daß dir diese Qual erspart bleibt.«
    »Du darfst die Hoffnung noch nicht aufgeben«, sagte Helaine sanft.
    Leere Worte. Helaine wußte es. Beth Wisnack wußte es auch.
    Vielleicht sollte ich mit meinem Bruder sprechen, dachte sie. Vielleicht kann er etwas für uns tun. Er ist Klasse Sieben, ein bedeutender Mann.

 
3
     
    Quellen war froh, daß er Koll und Spanner entfliehen konnte. Sobald er in seinem eigenen Büro, hinter seinem kleinen, aber privaten Schreibtisch saß, spürte er wieder seinen Status. Egal, wie sehr Koll ihn herumschubste, er war immerhin jemand.
    Er klingelte nach Brogg und Leeward, und die beiden Untersekretäre erschienen sofort.
    »Schön, daß Sie wieder da sind«, sagte Brogg mürrisch. Er war ein großer, nüchterner Mann mit einem schwerfälligen Gesicht und dicken, haarigen Fingern. Quellen nickte ihm zu und griff nach dem Schalter für die Sauerstoffzufuhr, den er von Koll aufgefangen hatte. Aber Brogg schien ganz und gar nicht beeindruckt. Er war zwar nur Klasse Neun, aber er hatte Macht über Quellen, und er wußte es.
    Auch Leeward war nicht beeindruckt, allerdings aus anderen Gründen. Leeward hatte einfach kein Gefühl für kleine Gesten. Er war ein großer, unscheinbarer, fahler Mensch, der seine Arbeit mit Methode und Routine erledigte. Nicht dumm, aber auch nicht dazu geeignet, je über Klasse Neun hinauszukommen.
    Quellen beobachtete seine beiden Assistenten. Er konnte dem prüfenden Blick von Brogg nicht standhalten. Brogg war der Mann, der von seinem Versteck in Afrika wußte. Ein Drittel von Quellens Monatsgehalt war der Preis für Broggs Schweigen. Leeward wußte nichts, und er kümmerte sich auch um nichts. Er bekam seine Befehle nicht von Quellen, sondern direkt von Brogg, und Erpressung war nicht seine Art.
    »Ich nehme an, Sie wissen, daß man uns mit der Nachforschung über das Verschwinden der Proleten beauftragt hat«, begann Quellen. »Die sogenannten Zeitreisenden sind ein Problem für unsere Abteilung geworden, wie wir es schon seit einigen Jahren vorausgesehen haben.«
    Brogg legte ein dickes Bündel von Mini-Notizen auf den Tisch. »Ich wollte mich gerade mit Ihnen über die Lage unterhalten. Die Hohe Regierung zeigt ein besonderes Interesse an dem Fall. Koll hat Ihnen zweifellos gesagt, daß Kloofman persönlich dahintersteckt. Ich habe die neue Statistik. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sind achtundsechzigtausend Proleten verschwunden.«
    »Aber Sie nehmen sich der Fälle an?«
    »Natürlich«, sagte Brogg.
    »Schon Fortschritte gemacht?«
    »Hm.« Brogg ging in dem kleinen Raum auf und ab und wischte sich den Schweiß von den Hängebacken. »Sie kennen die Theorie, die von manchen bestritten wird. Daß nämlich die Zeitreisenden aus unserem Zeitraum kommen. Ich habe alles nachgeprüft. Geben Sie Ihren Bericht, Leeward.«
    »Eine statistische Untersuchung zeigt, daß die Theorie stimmt«, sagte Leeward. »Das augenblickliche Verschwinden von Proleten steht in direkter Verbindung zu geschichtlichen Berichten, die das Erscheinen von Zeitreisenden im späten zwanzigsten Jahrhundert behandeln.«
    Brogg deutete auf einen blauen Umschlag, der auf Quellens Schreibtisch lag.

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