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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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weiß? Vielleicht sitze ich noch eines Tages neben Joe in Klasse Sieben.«
    »Möglich«, sagte Helaine. »Wann kommst du zurück?«
    »Später.«
    »Norm, bleibe nicht zu lange in der Traumbar. Ich mag es nicht, wenn du dich zu sehr in das Traumzeug hineindenkst.«
    »Ich gehöre zu den Massen«, erklärte er. »Die Massen brauchen ihr Opium.«
    Er legte die Hand auf die Tür, und sie ging mit einem schnurrenden Geräusch auf. Das Ganglicht brannte schwach. Fluchend suchte sich Pomrath seinen Weg zum Lift. In den Häusern der Klasse Sieben waren die Ganglichter nicht so sparsam. Er hatte Joe Quellen besucht. Freilich nicht oft. Sein Schwager wollte nichts mit Proleten zu tun haben, auch wenn sie zu seiner Verwandtschaft gehörten. Aber Pomrath hatte sich umgesehen. Quellen führte ein verdammt feines Leben. Und was war er schon? Was konnte er? Er war ein Bürohocker, ein Federfuchser. Joe Quellens Arbeit konnte von jedem Komputer besser erledigt werden.
    Düster starrte Pomrath in das Oval des Lifts. Es gab sein Spiegelbild verzerrt wieder. Er war ein untersetzter, breitschultriger Mann Anfang Vierzig, mit buschigen Augenbrauen und müden, traurigen Augen. Das Spiegelbild machte ihn noch älter, als er war. Mehr Zeit müßte man haben, dachte er, während ihn der Lift an die Erdoberfläche brachte.
    Du hast deine Wahl aus freiem Willen getroffen, sagte er sich vor. Du hast Helaine Quellen geheiratet. Du hast die erlaubten zwei Kinder. Du hast dir deinen Beruf ausgesucht. Und nun sitzt du mit drei Personen in einem Zimmer, und deine Frau ist dünn geworden, und du siehst sie nicht an, wenn sie nackt ist, um ihr nicht auf die Nerven zu gehen. Und der Sauerstoffvorrat ist aufgebraucht, und du gehst zur Arbeitsvermittlungsmaschine, um das alte Lied zu hören, und dann gehst du für ein paar Münzen in die Traumbar ...
    Pomrath fragte sich, was er nun wirklich tun würde, wenn ihn ein Agent der Zeitreisenleute ansprach und ihm eine Reise in eine friedlichere Vergangenheit anbot. Würde er es wie Bud Wisnack machen und die Gelegenheit beim Schopf ergreifen?
    Unsinn, sagte sich Pomrath. So etwas existiert doch nicht. Die Zeitreisenden sind Einbildung. Ein Betrug, den die Hohe Regierung eingefädelt hat. Man kann nicht zurück in eine andere Welt. Man kann nur unerbittlich nach vorne, Sekunde um Sekunde.
    Aber, so fragte sich Pomrath, wo steckte dann Bud Wisnack wirklich?
     
    *
     
    Als sich die Tür schloß und Helaine allein war, sank sie müde an den Rand des Allzweck-Tisches in der Mitte des Zimmers. Sie biß sich auf die Lippen, um die Tränen niederzukämpfen.
    Er hat mich nicht einmal bemerkt, dachte sie. Ich habe direkt vor ihm eine Dusche genommen, und er hat es nicht einmal gemerkt.
    Eigentlich, mußte Helaine zugeben, stimmte das nicht. Sie hatte ihn in der kupfernen Wandplatte beobachtet, die ihr Fensterersatz war. Und sie hatte gesehen, daß er heimlich ihren Körper betrachtete, als sie mit dem Rücken zu ihm dastand. Und dann, als sie nackt durch das Zimmer gegangen war, um ihre Tunika zu holen, hatte er sie wieder angesehen.
    Aber er hatte nicht reagiert. Das war das Schlimme. Wenn er irgendeinen Funken für sie empfunden hätte, hätte er es gezeigt. Mit einer Zärtlichkeit, einem Lächeln, einem Druck auf den Knopf, der das Bett aus der Wand fuhr. Er hatte ihren Körper angesehen, und es hatte ihm überhaupt nichts bedeutet. Daran litt Helaine am allermeisten.
    Sie war fast siebenunddreißig. Das war eigentlich nicht alt. Sie hatte noch siebzig bis achtzig Jahre vor sich. Und doch kam es ihr so vor, als seien die besten Jahre bereits vorbei. Sie hatte in letzter Zeit so stark abgenommen, daß ihre Hüftknochen spitz hervorstanden. Ihre busenfreien Kleider trug sie auch nicht mehr. Sie wußte, daß sie keine sexuelle Anziehungskraft mehr für ihren Mann besaß, und es schmerzte sie.
    Ob die Geschichten über die Hohe Regierung tatsächlich stimmten? Daß man besondere Anti-Sex-Maßnahmen treffen wollte? Daß auf Befehl von Danton die Männer Impotenz-Pillen und die Frauen Anti-Sinnlichkeitsmittel bekommen sollten? Die Frauen sprachen im Flüsterton davon. Noelle Kalmuck sagte, daß sie es vom Wäscherei-Komputer wisse. Man mußte doch glauben, was ein Komputer sagte, oder? Vermutlich war die Maschine in direkter Verbindung mit der Hohen Regierung.
    Aber es war so sinnlos. Helaine war nicht übermäßig klug, aber sie besaß einen gesunden Menschenverstand. Weshalb sollte sich die Regierung in sexuelle

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