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Flucht aus der Zukunft

Flucht aus der Zukunft

Titel: Flucht aus der Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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»Eine Spule mit einem Geschichtswerk. Ich habe es für Sie hingelegt. Es bestätigt meine Untersuchungen. Die Theorie ist richtig.«
    Quellen fuhr sich mit dem Finger über das Kinn und fragte sich, wie es wohl sein mußte, wenn man so viel Fett wie Brogg mit sich herumschleppte. Brogg schwitzte entsetzlich. Er hatte einen gequälten Gesichtsausdruck. Seine Augen bettelten Quellen geradezu, die Sauerstoffzufuhr weiter zu öffnen. Der Augenblick der Überlegenheit machte den Kriminalsekretär glücklich, und er machte keine Bewegung zur Wand.
    »Bis jetzt haben Sie nur die Fakten bestätigt«, sagte Quellen scharf. »Wir wissen, daß die Zeitreisenden etwa aus unserer Ära stammen. Das steht seit etwa 1979 fest. Die Hohe Regierung befiehlt uns, den Verteilungsvektor festzustellen. Ich habe einen Aktionsplan ausgearbeitet.«
    »Der natürlich von Koll und Spanner genehmigt wurde«, sagte Brogg in seiner unverschämten Art.
    »Jawohl«, sagte Quellen mit Nachdruck. Es verärgerte ihn, daß Brogg ihn so leicht aus dem Konzept bringen konnte. Koll, ja, Spanner, ja – aber Brogg wußte zu viel über ihn. »Sie sollen den Kerl ausfindig machen, der die Zeitreisen organisiert«, erklärte Quellen. »Tun Sie alles, um seine illegale Tätigkeit zu unterbinden. Bringen Sie ihn her. Ich möchte, daß er gefangen wird, bevor er weitere Personen in die Vergangenheit schickt.«
    »Ja, Sir«, sagte Brogg mit ungewohnter Unterwürfigkeit. »Wir werden uns damit beschäftigen. Das bedeutet, daß wir unsere bisherige Untersuchung fortführen werden. Wir haben in den verschiedenen Proletengebieten Spurensucher eingesetzt. Wir tun, was wir können, und wir glauben, daß alles nur eine Frage der Zeit ist. Noch ein paar Tage oder eine Woche. Die Hohe Regierung wird zufrieden sein.«
    »Hoffentlich«, sagte Quellen scharf und entließ die beiden.
    Er schaltete einen Sichtschirm ein und sah weit hinunter auf die Straße. Es schien ihm, als könnte er die winzigen Gestalten von Brogg und Leeward ausmachen, als sie auf die Straße traten und sich unter die Menschenmassen mischten, die zu den Schnellbootrampen drängten. Quellen wandte sich ab, griff mit einem erleichterten Aufatmen nach dem Schalter und stellte die Sauerstoffzufuhr auf Maximum. Er lehnte sich zurück. Verborgene Finger im Stuhl massierten ihn. Er sah das Material an, das Brogg ihm dagelassen hatte, und rieb sich müde die Augen.
    Zeitreisende!
    Alles bürdete man ihm auf, alle merkwürdigen Dinge, alle Verschwörungen gegen Gesetz und Ordnung. Vor vier Jahren war es dieses Syndikat gewesen, das mit künstlichen Organen Schwarzhandel betrieb. Quellen schauderte. Bauchspeicheldrüsen, mit denen in stinkenden Seitenwegen geschachert wurde, pulsierende Herzen, endlose Rollen weißlicher Innereien, die von schweigenden, unauffälligen Gestalten verkauft wurden. Und dann kam die Sache mit der Fruchtbarkeitserhaltung und das schmuddelige Geschäft mit den Samenzellen. Oder die angeblichen Geschöpfe aus einem benachbarten Universum, die in den Straßen von Appalachia auftauchten, mit schrecklichen roten Kiefern klapperten und den Kindern schuppige Klauen entgegenstreckten. Quellen war mit diesen Dingen fertig geworden, nicht sehr elegant zwar, denn Eleganz war nicht seine Art, aber immerhin wirksam.
    Und nun die Zeitreisenden.
    Der Auftrag machte ihn unruhig. Er hatte um Nieren aus zweiter Hand gefeilscht und die Preise von Samenzellen verglichen, aber er hatte keine Ahnung, wie er mit dieser illegalen Zeitreise fertig werden sollte. Die Grenzen des Kosmos schienen sich zu verlieren, wenn man erst einmal an diese Möglichkeit dachte. Es war schon schlimm genug, daß der Strom der Zeit unerbittlich vorwärtsfloß. Das konnte der Mensch verstehen, wenn es ihm auch nicht gefiel. Aber rückwärts? Die Umkehr aller Logik, die Verneinung jedes vernünftigen Denkens? Quellen war ein vernünftiger Mann. Das Zeitparadoxon bereitete ihm Kummer. Vor allem, da er wußte, wie leicht es war, das Stati-Feld zu betreten, Appalachia den Rücken zuzukehren und zu der Ruhe und Feuchtigkeit seines afrikanischen Verstecks Zuflucht zu nehmen.
    Er bekämpfte die Apathie, die ihn beschlich, und schaltete den Projektionsapparat ein. Langsam gewöhnten sich seine Augen an das Schwarz-Weiß-Bild. Die Spule begann sich abzuwickeln. Quellen beobachtete die Worte, die an seinen Augen vorbeizogen.
     
    Das erste Zeichen einer Invasion aus der Zukunft entdeckte man etwa im Jahre 1979, als mehrere Menschen in

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