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Flucht aus Korum

Flucht aus Korum

Titel: Flucht aus Korum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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Hexe Sosona gehabt, als sie mir vor fast zwei Jahrzehnten eine große Zukunft voraussagte. Noch immer stand sie mir mit ihrem klugen Rat zu Seite.
    Ein leises, kaum wahrnehmbares Knirschen ließ mich aufhorchen. Jemand näherte sich, der bemüht war, das Geräusch seiner Schritte zu dämpfen.
    Ich wirbelte herum und zog Dämon. Mein Hieb verfehlte Gudun nur um eine Handbreit, weil ich sie erst im letzten Moment erkannte.
    »Jede andere an deiner Stelle wäre jetzt tot«, rügte ich. »Du solltest dich künftig vorsehen.«
    Mit keiner Regung gab sie zu erkennen, ob meine Warnung sie überhaupt berührte.
    »Ich sah dich in Gedanken versunken«, sagte Gudun nach einer Weile. »Du siehst zur Sturmbrecher hinüber und fragst dich insgeheim, wann wir wieder in See stechen?«
    Wie recht sie doch hatte. Ich nickte.
    Sturmbrecher, das Schiff, auf dem ich zuletzt die Meere durchpflügte, war ein wahres Ungetüm jetzt lag es im Hafen von Korum vor Anker. Die zweihundert Kriegerinnen, die mich auf meinen Reisen begleitet hatten, waren von Bord gegangen.
    Nie hätte ich gedacht, daß ich eines Gefühls wie Wehmut fühlen würde. Nun empfand ich es. Der Reiz der Ferne, des Unbekannten lockte und ließ mich nicht mehr los.
    Die Köpfe besiegter Feindinnen schmückten meine Kajüte Sie erinnerten an große Taten. Neben ihnen hing der Schädel Jodrels. Obwohl man einem Mann nie die Ehre erwies, ihn zu enthaupten, hatte ich diesem heimtückischen Giftmörder, der meine Mutter, seine Frau, gemeuchelt, den Kopf abgeschlagen. Er war durch und durch schlecht gewesen. Regna, die Frau, deretwegen meine Mutter sterben mußte, ließ er in der Gewalt eines Dämons zurück, obwohl sie ihm zur Flucht verhalf. Innerhalb weniger Jahre zur Greisin an Leib und Seele geworden, verlangte sie mit ihren letzten Worten, bevor sie in meinen Armen verschied, daß ich Jodrel töten solle.
    Und ich hatte es getan, hatte seinen Kopf heimgebracht nach Burg Anakrom und dort für sieben Tage niedergelegt.
    Nun kam ich kaum noch an den Ort zurück, wo ich die ersten fünf Jahre meines Lebens verbrachte. Burg Anakrom war zur Amazonenschule geworden. Obwohl bar jeder Tradition, genoß diese inzwischen einen überaus guten Ruf. Ihr entstammten die Kriegerinnen, die mich begleiteten.
    Die Anforderungen, die ich stellte, waren streng, aber gerade deshalb durfte ich mich rühmen, über ein starkes Heer zu verfügen. Keine meiner Amazonen war von größerem Wuchs als ich, sie durften aber auch nicht mehr als eine Handbreit kleiner sein.
    Viele bewarben sich darum, in meine Reihen aufgenommen zu werden – nur wenige bestanden die Prüfung auf »Herz und Seele«.
    Mein Herz war ein Schwert, das ich aus den Händen der Zaubermutter Zaem empfing, meine Seele hingegen hieß Dämon, die Klinge, die eigens für die Rache an Jodrel geschmiedet wurde. Nur wer lange genug gegen diese beiden aushielt, war es wert, unter meinem Befehl zu kämpfen.
    Hier, zwischen den Schranken des Turnierplatzes erwartete ich zwei Bewerberinnen, die von einer der weniger berühmten Schulen stammten.
    »Ich bin ihnen begegnet«, sagte Gudun, als könne sie meine Gedanken lesen. »Sie wirkten nervös und ängstlich, fast als bereuten sie ihre Entscheidung, der berühmten Burra Auge in Auge gegenüberzutreten.«
    Ich winkte heftig ab. Angst war die größte Gegnerin einer Amazone, sie lähmte nicht nur das Auge sondern auch den Willen, denn sie nährte den Gedanken an den Tod.
    Die beiden Kriegerinnen erschienen zur festgesetzten Zeit, als eine beginnende düstere Färbung des östlichen Himmels anzeigte, daß der Abend nicht mehr fern war. Korum lag dicht am Rand der Dämmerzone. Die Sonne blieb das ganze Jahr über unseren Blicken verborgen, und nur gelegentlich huschten geisterhafte Lichterscheinungen wie Nebelfetzen über das Firmament.
    Erhobenen Hauptes traten die Amazonen vor mich hin. Doch hinter dieser Maske der Tapferkeit lag eine mühsam verborgene Furcht.
    Ihre Schwerter trugen sie nicht um den Leib geschnallt, sondern hielten sie in einer leichten ledernen Scheide in der Linken. Beider Verbeugung entsprach dem Ritual. Sie führten die kunstvoll geschnitzten Griffe der Klingen erst an die Stirn und berührten dann ihre Lippen.
    »Ihr steht vor Burra«, sagte ich. »Euer Begehren kann den Tod bringen.«
    »Wir wissen, daß dem so ist, Herrin der Fechtkunst«, erwiderten sie. »Aber wir lassen uns davon nicht schrecken.«
    »So nennt mir eure Namen, daß ich weiß, wen ich töten

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