Flucht aus Korum
erreichen, denn ein übermächtiger Niesreiz schüttelte ihn. »Nie wieder werde ich ein Luftschiff betreten!« konnte er gerade noch schnaufen, da explodierte es in ihm wie ein ausbrechender Vulkan.
»Gerrek!« schrie Vina außer sich. »Bist du von Sinnen?«
Der Beuteldrache hörte sie nicht. Ein zweites Mal schoß es feurig aus seinen Nüstern hervor.
»Du Narr!« zischte Ramoa. Sie starrte das Feuer an, als könne sie es derart zum Erlöschen bringen. Doch ihre Magie schien im Augenblick nicht sehr wirkungsvoll zu sein.
Erst Honga gelang es, mit einigen Fellen die Glut zu ersticken. Dicke Rußflocken wirbelten durch das Innere der Gondel, in deren Hülle nun ein zweites Loch gähnte.
Krampfhaft verzog Gerrek das Maul und rümpfte die Nüstern.
»Der Blitz soll dich treffen, wenn du wieder niest!« fauchte Vina. Sie hatte alle Hände voll zu tun, um den Zugvogel in einer halbwegs geraden Fluglage zu halten.
Der Beuteldrache wirkte zerknirscht und schuldbewußt. Mit beiden Händen umklammerte er sein Maul und preßte es fest zusammen. Sein Kehlkopf begann aufgeregt zu hüpfen; die Augen quollen weit aus ihren Höhlen hervor und nahmen einen starren Blick an.
»Aaah… ha-ha…«
»Raus aus der Gondel!« schrie Vina. »Verschwinde endlich! Oben kannst du Feuer speien und dein Gemüt abkühlen.«
Der Mandaler hastete zur Treppe, die zur Deckenluke führte. Rauch quoll aus seinen Nüstern hervor.
In dem Moment, als er nach den verknüpften Tauen griff, öffnete er den Drachen, schnappte förmlich nach Luft und schnellte sich in die Höhe. Mit dem Schädel stieß er die Luke auf.
»Puuuhh!« Ein Stoßseufzer der Erleichterung entrang sich seiner Kehle. Mit dem grellen Aufzucken eines Blitzes vermischte sich die Flammenzunge, die bis weit über den Rand der Gondel hinausreichte.
Völlig erschöpft hing Gerrek in den Tauen. Er schien nicht zu bemerken, daß die Takelage Feuer gefangen hatte und die Glut sich langsam an zwei Seilen entlang fraß. Erst ein wütender Aufschrei Vinas brachte ihn zur Besinnung.
»Ich kann es nicht«, jammerte er. »Ich kann nicht weiter hinaus. Wenn ich nur daran denke, welcher Abgrund unter uns gähnt, wird mir schon schlecht.«
Scheinbar war es bereits soweit, denn er rutschte plötzlich aus und schlug schwer mit dem Oberkörper auf die Gondel.
»Bitte«, stammelte er. »Feuer, erlösche. Bewahre den Stammvater eines ganzen Drachenvolks davor, daß diese Tyrannin ihn in den Tod schickt.«
Unmittelbar neben ihm klatschte etwas auf die straff gespannte Haut.
Wasser?
Gerrek blieb keine Zeit, sich zu wundern. Im Nu schüttete es in Strömen. Die schwarzen Gewitterwolken zeigten keinerlei Mitleid mit einem geplagten und ohnehin frierenden Beuteldrachen, der von einem Moment zum anderen Übelkeit verspürte.
Die Nässe verursachte ein überaus unangenehmes Jucken in seinen Nüstern. Schon wieder mußte Gerrek niesen. Ihm war dabei, als kehre sein Innerstes sich nach außen.
Zwei kleine Flammen erloschen zischend.
»Oh nein«, stöhnte der Mandaler entsetzt. »Das ist gemein. Ich werde mich fürchterlich erkälten.«
Hastig zog er sich zurück. Dabei war nicht zu vermeiden, daß der eigene Schwanz zwischen seine Beine geriet und ihn zu Fall brachte.
Bäuchlings platschte er auf den Boden, wo er regungslos liegenblieb, alle viere von sich gestreckt und den Kopf mit der spitzen Schnauze nach vorne geschoben. Lediglich sein Schwanz zuckte noch. Die Spitze ringelte sich anklagend zur Decke empor.
Ramoa platzte lauthals heraus. Sogar Honga wischte sich Tränen aus den Augenwinkeln. Es war ihm anzusehen, daß er mühsam um seine Fassung kämpfte.
»Ich bin tot«, kam es von Gerrek. »Erschlagen, zerschmettert.«
»Du bist ein Nichtsnutz«, erwiderte Vina. »Steh endlich auf und laß die Albernheiten.«
»Die viele Luft macht mich krank«, behauptete der Mandaler. »Und die Nässe und die Kälte – ich fürchte, ich werde mir einen schrecklichen Schnupfen holen.«
»Versuche nie wieder, den Zugvogel in Brand zu stecken«, warnte die Hexe. »Es gibt da eine hervorragende Arznei, die deine Atemwege schnell frei macht…«
Gerrek wurde blaß; sein Schwanz vollführte eine letzte Drehung und klatschte dann auf den Boden. Leider nur zu gut erinnerte er sich daran, daß Vina ihn vor vielen Nebeln mit Hilfe ihrer Zauberei kopfüber in die Takelage gehängt hatte. Sie schien nicht davor zurückzuschrecken, dies wieder zu versuchen.
Schneller war der Mandaler nie zuvor auf die
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