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Flucht Der Sklaven

Flucht Der Sklaven

Titel: Flucht Der Sklaven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Bedingungen waren streng gewesen, aber Harine war keine andere Wahl geblieben, als ihnen zuzustimmen, was die Verbitterung nur noch größer machte.
    Shalon hörte nur mit halbem Ohr zu, nickte und murmelte die nötigen Erwiderungen. Natürlich stimmte sie ihr zu. Ihre Schwester erwartete Zustimmung. Die Aes Sedai beanspruchten jedoch den Hauptteil ihrer Aufmerksamkeit. Sie beobachtete sie verstohlen. Moad tat so, als würde er nicht zuhören, aber er war ja auch Harines Schwertmeister. Bei jedem anderen war Harine scheinbar so fest wie ein nasser Knoten, aber sie ließ Moad so viel Spielraum, dass jedermann hätte denken können, der grauhaarige Mann mit den harten Augen sei ihr Geliebter, vor allem, da sie beide verwitwet waren. Das heißt, sie hätten es vielleicht gedacht, wenn sie Harine nicht kannten. Harine würde sich niemals einen Geliebten nehmen, der einen geringeren Rang als sie einnahm, was natürlich zur Folge hatte, dass sie sich jetzt keinen mehr nehmen konnte. Als sie ihre Pferde in der Nähe der Bäume zum Stehen brachten, stützte Moad einen Ellbogen auf den hohen Knauf seines Sattels, legte eine Hand auf den langen, mit Schnitzereien verzierten Elfenbeingriff seines Schwerts, das hinter seiner Schärpe steckte, und betrachtete die Aes Sedai und die Männer, die sie begleiteten, ohne jede Zurückhaltung. Wo hatte er gelernt, ein Pferd zu reiten? Er sah doch tatsächlich so aus, als würde er sich wohl fühlen. Sein Rang war auf den ersten Blick zu erkennen; selbst wenn er nicht sein Schwert und den dazu passenden Dolch trug, waren da noch immer die acht schweren Ohrringe und die Art und Weise, wie die Schärpe geknotet war. Gab es bei den Aes Sedai keine vergleichbaren Methoden? Konnten sie wirklich so schlecht organisiert sein? Angeblich war die Weiße Burg wie ein mechanischer Apparat, der Throne in sich aufnahm und sie nach seinem Willen umformte. Natürlich schien die Maschine jetzt kaputt zu sein.
    »Ich sagte, wo hat sie uns hingebracht, Shalon?«
    Harines Stimme war wie eine eiskalte Rasierklinge und sie trieb das Blut aus Shalons Gesicht. Unter einer jüngeren Verwandten zu dienen war niemals einfach, aber Hanne machte es noch schwieriger. Im Privaten war sie mehr als nur kühl, und in der Öffentlichkeit war sie dazu fähig, eine Segelherrin an den Füßen aufhängen zu lassen, ganz zu schweigen von einer Windsucherin. Und seit diese junge Küstengebundene namens Min ihr gesagt hatte, dass sie eines Tages die Herrin der Schiffe sein würde, war sie noch schlimmer geworden. Sie warf Shalon einen missbilligenden Blick zu und hob ihr goldenes Riechkästchen, als wollte sie einen unangenehmen Geruch überdecken, dabei machte die Kälte das Parfüm unbrauchbar.
    Schnell schaute Shalon zum Himmel und versuchte, den Sonnenstand zu bestimmen. Sie wünschte sich, ihr Sextant wäre nicht auf der Weißen Gischt eingeschlossen -die Küstengebundenen durften niemals einen Sextanten zu Gesicht bekommen, geschweige denn seinen Einsatz verfolgen -, aber sie war sich sowieso nicht sicher, ob er eine Hilfe gewesen wäre. Diese Bäume mochten kurz sein, trotzdem konnte sie keinen Horizont ausmachen. Ziemlich genau im Norden wuchsen die Hügel zu Gebirgen an, die schräg von Nordosten nach Südwesten führten. Sie vermochte nicht einzuschätzen, wie hoch sie waren. Für ihren Geschmack ging es in dieser Landschaft viel zu sehr auf und ab. Trotzdem wusste jede Windsucherin, wie man grob schätzte. Und wenn Harine Informationen verlangte, erwartete sie auch, welche zu bekommen.
    »Ich kann nur schätzen, Herrin der Wogen«, sagte sie. Harines Kiefermuskeln spannten sich, aber keine Windsucherin würde eine Schätzung als exakte Position ausgeben. »Ich glaube, wir befinden uns drei- oder vierhundert Meilen südlich von Cairhien. Genaueres kann ich nicht sagen.« Jede grüne Schülerin, die mit einem Messstab eine so ungenaue Position benannte, wäre für den Stock des Decksmeisters vornübergebeugt worden, aber als Shalon hörte, was sie da sagte, erstarrte ihre Zunge. Für ein Schiff unter vollen Segeln bedeuteten hundert an einem Tag zurückgelegte Meilen einen guten Schnitt. Moad schürzte nachdenklich die Lippen.
    Harine nickte langsam und schaute durch Shalon hindurch, als könnte sie Schiffe sehen, die unter vollen Segeln durch mithilfe der Macht geschaffene Löcher in der Luft glitten. Dann würden ihnen die Meere wahrlich gehören. Sie schüttelte sich, beugte sich zu Shalon herüber, und ihr Blick

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