Flucht Ins Chaos: Ein Pip& Flinx-Roman
er freute sich über den Schatten, der ihn vor der Hitze schützte.
Langsam bekam er Wahnvorstellungen. Er wusste, dass dies der Fall sein musste, da er den Großteil des Morgens glaubte, fließendes Wasser zu hören. Aber es war nirgendwo welches zu sehen. Der Boden unter seinen Füßen bestand aus festem Fels, der Boden der Klamm war trocken und sandig, und von keiner Seite stürzte ein Leben spendender Wasserfall herab. Jetzt war er nicht nur seiner Erinnerungen beraubt, sondern musste auch noch weitere Spielchen ertragen, die sein unzuverlässiger Kopf mit ihm machte.
Pip glitt parallel zu ihm durch die Luft, kreuzte hin und wieder die Schlucht oder schoss zum Boden hinab. Gelegentlich kam sie von unten herauf, um vor seinem Gesicht herumzuflattern, bevor sie erneut in die Tiefe tauchte. Ihm kam ihr Verhalten nicht seltsam vor, weil er sich nicht daran erinnern konnte, wie sie sich normalerweise benahm, und daher keinen Vergleich ziehen konnte.
Dann machte er einen falschen Schritt, sein rechter Fuß bog sich zur Seite, er korrigierte die Bewegung, um zu verhindern, dass er sich den Knöchel verstauchte, und schon ging es abwärts. Hilflos, wie er war, versuchte er, seinen Kopf abzuschirmen, während er hinunterpurzelte. Wenigstens sieht der Sand am Grund der Schlucht weich aus, dachte er, als er hilflos fiel. Das war er auch, aber nicht so, wie er erwartet hatte.
Mit der Tatsache konfrontiert, dass ein großes, ungeschicktes Objekt mit zunehmender Geschwindigkeit auf sie zuraste und keinerlei Anstalten machte anzuhalten, begann das Rudel schläfriger Schluchtengraser, das die Ufer des Flusses auf beiden Seiten säumte und dessen natürliche Tarnung aus aneinandergrenzenden flachen Rücken bestand, die wie eine sandige Oberfläche wirkten, seine Tausende von unter der Haut verborgenen Luftsäcken aufzublähen und sich in die Luft zu erheben. Flinx, der immer noch unkontrolliert nach unten rutschte und bei dem nutzlosen Versuch, seinen Sturz abzumindern, wild mit den Armen und Beinen herumwirbelte, konnte einen kurzen Blick auf den munter dahinfließenden Bach erhaschen, den die schnell aufsteigende Schar der Graser freigemacht hatte. Dann platschte er auch schon lautstark hinein. Er lag reglos im flachen Wasser, erstaunt über die ebenso unerwarteten wie angenehmen Empfindungen von Kälte und Feuchtigkeit.
Er träumte nicht. Das Geräusch fließenden Wassers war real gewesen. Der Fluss hatte sich die ganze Zeit hier befunden, verborgen unter den Körpern dutzender grasender Wesen mit sandbedeckten Rücken.
Wie er so in der schmalen Klamm lag und die sanfte Strömung gegen seine Gliedmaßen und seinen Körper drückte, begann er zu trinken. Es bereitete ihm keinerlei Mühe. Er öffnete einfach den Mund und ließ das Wasser hineinfließen. Augenblicklich musste er husten.
Hier und jetzt zu ertrinken, an diesem trockenen, verdorrten Ort, wäre mehr als ironisch, sagte er sich, als er sich aufrappelte und hinsetzte. Er versuchte gar nicht erst, aus dem Fluss zu kriechen. Verzückt von der sanften Berührung des Wassers, ließ er es zu, dass das Wasser um ihn herum floss, bildete mit den Händen eine Schale und flößte sich auf diese Weise Wasser ein. Das frische Quellwasser tat seinem geschundenen, abgeschürften Äußeren ebenso gut wie seinem Inneren. In der Nähe lag Pip ganz ausgestreckt und flach auf dem sandigen Ufer, hatte die Flügel an den Seiten zusammengefaltet und stillte ihren Durst aus einem kleinen Kehrwasser.
Nachdem er so viel getrunken hatte, wie er sich traute, und ein leichter Schmerz hinter seinen Rippen pochte, kletterte er zu ihr auf das Ufer hoch und ruhte sich zwischen den gewundenen grünen und zinnoberroten grasartigen Gewächse aus, wobei er den Strom beobachtete, der ihm das Leben gerettet hatte. Die neugierigen Klammgraser kehrten einer nach dem anderen zurück, nahmen ihre bewegungslosen Positionen am Wasserlauf erneut ein und verdeckten ihn wieder vor fremden Blicken. Nur das Gebiet einige Meter flussauf- und flussabwärts von ihm blieb frei. Ihre Vorsicht war durchaus angebracht, denn er fragte sich, ob die Grasbüschel oder die Klammgraser wohl essbar wären. Jetzt, wo er seinen Durst gestillt hatte, fühlte er sich schwach vor Hunger.
Für den Fall, dass er sein Verdauungssystem auf die Probe stellen wollte, gab es eine beachtliche Auswahl potentieller Nahrungsmittel. Die Masse hüfthoher Gewächse und Bodendecker, die sich an dem ständig fließenden Wasser angesiedelt
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