Flucht Ins Chaos: Ein Pip& Flinx-Roman
blaulilafarbener Sphären ausführten. Obwohl die Sphären sich rasch in alle Richtungen zerstreuten, konnten sie dem Angriff von oben nicht entgehen. Die Form der lanzettenartigen Karnivoren war ebenso hydro- wie aerodynamisch.
Hilflose Opfer wanden sich am Ende der dornenbesetzten Zungen, als die beiden Taucher gemächlich wieder auftauchten.
Dann ließen sie sich treiben und zogen ihre immer noch lebende, zappelnde Beute zwischen ihre klaffenden schmalen Kiefer. Unter den Augen eines zunehmend wankenden Flinx begannen sie langsam, ihre Luftsäcke wieder zu füllen.
Dann trafen drei weitere dieser geschmeidigen, tödlichen Fleischfresser ein und stürzten sich über die Klammkante. Wie nahezu jedes fliegende Tier, dem er auf Jast begegnet war, schlugen auch sie nicht mit Flügeln und erzeugten daher bei ihrem Abstieg keinerlei Geräusche. Er rechnete damit, dass sie den Tauchraubzug ihrer Vorgänger wiederholen würden, doch das taten sie nicht.
Stattdessen bliesen sie Luft aus ihren Steuerdüsen und ließen sich neugierig in seine Richtung treiben.
Es fiel ihm schwer, sich aufrecht hinzusetzen. Ohne Energiereserven und bereits bis an ihre äußerste Grenze belastet, konnten es seine Muskeln kaum verhindern, dass er in sich zusammensackte. Sein verwirrter Geist marterte ihn mit der Vorstellung, wie leicht, wie schön es wäre, sich einfach hinzulegen. Sich erst einmal auszuruhen und danach erneut auf Nahrungssuche zu gehen. Verschwommen sah er, wie sich Pip zwischen seinem kauernden Körper und den geflügelten Wesen mit der Dornenzunge postierte. Doch sie war ebenfalls müde und geschwächt, und sie würde nicht lange in der Luft bleiben können. Als sie einschritt, rückten die Flugwesen ein Stück von ihm ab, aber sie verschwanden nicht. Stattdessen schlossen sich zwei weitere den ersten fünf an, dann kam noch ein Quartett.
Er spürte, wie etwas Scharfes die nackte Haut an seinem Bein berührte, an der Stelle, an der er sich bei seinem Sturz in die Saudaunnschlucht die Hose zerrissen hatte. Als er sich umsah und an sich hinabblickte, sah er, wie eine dornenbesetzte Zunge ein kleines Stückchen Fleisch herausriss. Pip war im nächsten Augenblick da, hatte aber nicht mehr genug Kraft, um den Angreifer anzuspucken. Kaum hatte der verwegene Flieger seine Beute ins Maul befördert und bewegte sich von ihm weg, da begannen die restlichen, sich von der anderen Seite her anzupirschen. Pip drehte schützende Kreise um ihren untätigen Herrn und hielt sie zurück - aber das würde sie nicht lange durchhalten.
Ruh dich aus, flüsterte sein Geist ihm zu. Was machte es schon, dass die Einheimischen das bisschen Fleisch ihres Besuchers begehrten? Er überlegte, ob er ins Wasser kriechen sollte, um zu entkommen, aber das würde ihn auch nicht vor diesen Karnivoren schützen, die ihre Beute unter Wasser ebenso gut aufspießen konnten wie an Land. Nein, sich hinlegen und schlafen, das war die einfachste Option. So würde er auch den neuen Schmerz an der Rückseite seines Oberschenkels sowie die beiden Stellen, die ihm jetzt am Rücken zu schaffen machten, ignorieren können.
Ganz leise glaubte er, eine Stimme zu hören. Sie klang nicht menschlich. Das war kaum überraschend, da er ja aller Wahrscheinlichkeit nach der einzige Mensch war, der sich auf Jast aufhielt. Er sah sich nicht als Besonderheit an, ja er betrachtete sich nicht mal als Mensch. Er war einfach er selbst. Und das Wichtigste war doch sowieso, dass er die Sprache verstehen konnte.
Sie bestand aus ziemlich vielen Zischlauten.
Da war mehr als nur eine Stimme. Sie begannen zu rufen. Große Gestalten bewegten sich um ihn herum, doch er konnte sie kaum erkennen. Die Schmerzen ließen nach. Er spürte, wie er von starken Händen hochgehoben und umgedreht wurde. Etwas Leichtes landete auf seiner Brust. Die fliegende Schlange entschloss sich, die Neuankömmlinge, die sich mit ihrem Herrn beschäftigen, nicht aufzuhalten. Vielleicht war sie auch schon zu erschöpft und konnte es gar nicht mehr. Er versuchte, sich auf das Gesicht zu konzentrieren, das auf ihn herabblickte. Einen kurzen Moment lang war alles klar und er konnte es deutlich erkennen. Das Gesicht bestand aus einem hellen Auge, schimmernden Schuppen und scharfen Zähnen.
»Ess lebt«, murmelte die Stimme, die zu diesem Gesicht gehörte, überrascht. »Ich glaube, ess isst ein Mensch.«
Was ist ein Mensch?, fragte er sich. Dann verlor er das Bewusstsein.
Stimmen, die widerhallten. Wärme an
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