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Flucht ins Ungewisse

Flucht ins Ungewisse

Titel: Flucht ins Ungewisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. R. Terrie
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krachte nicht nur einmal gegen meinen Hinterkopf.
    Nach wenigen Abzweigungen waren wir aus der Stadt. Breite Felder erstreckten sich zu beiden Seiten. Da es immer noch dämmrig war, kroch ein grauer Nebel über den Boden und befeuchtete mein Gesicht. Hinter den Feldern erblickte ich unseren Zwischenstopp. Ein Wald, der sich bis zur nächsten Stadt zog. Hier ist bestimmt niemand!
    Durch die guten Stoßdämpfer traute ich es mir zu, den schwachen Trampelweg bis zu den ersten Sträuchern zu fahren. Ich hielt an und stellte den Motor ab. Von der Straße aus würde man uns hier nicht sehen.
    Loras Arme um mich verschwanden. Doch sie blieb sitzen, bis sie ihr Gesicht in meinem Rücken vergrub. Der Helm baumelte in ihrer Hand, stieß an meinen Oberschenkel. Ich nahm ihn ihr ab und hängte ihn auf die Lenkung.
    Der Steckbrief lag zerknittert am Boden. Ein junges Mädchen mit lockigen Haaren und schmalem Gesicht lächelte mir fahl entgegen. Es sah aus, als hätte sie, als das Foto gemacht worden war, noch etwas mehr Fleisch auf den Knochen gehabt.
    Ihre Mutter oder ein anderer Verwandter musste nach ihr suchen. Vielleicht war ihr Vater wieder bei sich. Aber was hätte er für einen Grund, nach seiner Warnung, nach ihr zu suchen? Und wenn es jemand ganz anderes war? So wie Amanda letztens über Lora gesprochen hatte, war ihr die Fähigkeit, gebrochene Seelen anderer zu sehen, angeboren, was ja nicht gerade alltäglich oder normal war. Wenn Amanda davon wusste, konnten das andere genauso gut.
    Somit war die Situation noch viel komplizierter geworden, als sie ohnehin schon war. Wir hatten noch nicht einmal Antworten auf die bereits bestehenden Fragen gefunden, da kamen schon die nächsten auf uns zu.
    Aber am meisten beschäftigte mich immer noch die Frage, warum Amanda diesen Simon wieder hatte laufen lassen! Noch dazu, ohne ihm ein Haar zu krümmen. Ein paar Schrammen hatte er, aber sonst schien er wohlauf zu sein und das Seltsamste war, dass er alles äußerst gelassen hingenommen hatte, was wir ihm erklärt hatten. Andererseits wusste er fast mehr über uns, als wir selbst.
    Ich blick da überhaupt nicht mehr durch … Was hat Amanda mit ihm gemacht? Oder steckt da noch mehr dahinter?
    „Und was soll ich jetzt machen?“, fragte Lora in meinen Rücken.
    Sie tat mir in diesem Moment ehrlich leid. Ihre anfängliche Euphorie, wieder in die Schule zu gehen, um das Ganze mal für wenige Stunden vergessen zu können, war verpufft.
    „Ich meine, ich werde …“ Sie lachte ein ersticktes Lachen, das schon sehr an Verzweiflung grenzte, schüttelte ihren Kopf, was auf Hoffnungslosigkeit hindeutete. Die Stelle zwischen meinen Schulterblättern, an welcher ihr Kopf lag, wurde rasend schnell wärmer. „Ich werde steckbrieflich gesucht! So was gibt’s doch sonst nur in Filmen, oder? Wir sind hier nicht im Wilden Westen oder so.“
    Ich wusste keine Antwort darauf. Immerhin war es gut möglich, dass ich selbst gesucht wurde. Zwar nicht hier, aber zumindest in einem anderen Bundesstaat. Damals musste ich einen Bullen ausknocken, damit ich aus der Stadt kommen konnte. Was ich heute ehrlich gesagt leichter bewerkstelligen könnte, als es damals der Fall war. Immerhin war auch das Blutsiegel ganz frisch und meine Sinne hatten sich, egal ob ich geatmet oder geblinzelt hatte, förmlich überschlagen. Zum Glück hab ich gelernt, damit zu leben.
    „Ich denke, zuerst …“ Ich strich mir die Haare zurück. „Ach, verdammt, ich hab keine Ahnung …“ Ich lehnte mich vor, mit den Unterarmen auf die Lenkung. Lora blieb an meinen Rücken gelehnt. Das angenehme Kribbeln wurde stärker, gewann aber nicht die Oberhand.
    Sie machte das nicht mit Absicht, das war mir klar. Sie war einfach gerade mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt. Aber es war dennoch eine gewagte Tat.
    Seit wir uns letztens beinahe … Der Gedanke kribbelte als kleine Ameise in meinem Kopf herum, Tag für Tag. Und selbst in der Nacht, wenn ich mal kurz aufwachte, jagte mich diese Erinnerung. Es würde ohnehin nicht funktionieren , machte ich mir klar. Außerdem hat sie diesen Simon und das Blut …
    Ich schreckte auf, als mir seltsame Geräusche in die Ohren drangen.
    Lora löste sich ruckartig von mir. „Was ist…“
    Ich legte einen Finger an die Lippen, worauf sie sofort verstummte. Ich blickte in den immer heller werdenden Wald. Die leicht belaubten Äste und grünlichen Zweige hielten den Nebel wie eine Wand aufrecht. Schwache Sonnenstrahlen kämpften sich durch

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