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Flucht übers Watt

Titel: Flucht übers Watt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nach Norddorf gegangen?«
    »In Norddorf ist morgen Flohmarkt. Da kann jeder seinen Kram loswerden. Wir haben da auch immer einen Stand, wo wir dann die Sachen verkaufen, die hier im Laden nicht so gehen.«
    »Kann man das Bild vielleicht vorher schon sehen? Eventuell?«, versucht es Harry.
    »Können Sie nicht bis morgen warten?« Die Frau wird jetzt etwas ungeduldig. »Was wollen nur alle auf einmal mit diesen Amrumerinnen? Eben war schon einer da.«
    Harry zuckt zusammen. Hat er gerade richtig gehört?
    »Wie bitte? Außer uns hat noch jemand nach dem Bild gefragt?«
    »Ja, eben gerade. Zehn Minuten, bevor Sie gekommen sind.«
    |263| Harry ist alarmiert. Aber er sagt nur: »Das ist ja wirklich merkwürdig.«
    Zoe sucht in dem Laden noch zwei alte Sherrygläser aus, die sie als Souvenir mitnehmen möchte. Aber dadurch lässt sich die Antiquitätenhändlerin auch nicht erweichen, ihnen die ›Öömrangen‹ vorher zu zeigen. Nachdem Zoe bezahlt hat, nimmt sie bereits wieder ihr Buch zur Hand, um sich nach draußen zu setzen.
    »Noch eine Frage«, sagt Harry, als sie alle drei wieder vor der Tür des weiß getünchten Hauses auf dem alten Kopfsteinpflaster stehen. »Wer war das, der nach dem Bild gefragt hat?«
    »Weiß ich nicht. Kannte ich nicht, den Mann.«
    »Ich meine: Wie sah er aus?«
    »So genau hab ich ihn mir auch nicht angeguckt. Wie soll ich sagen? Er war auch schlecht zu erkennen.«
    »Schlecht zu erkennen?« Harry versteht nicht ganz.
    »Er trug eine große gelbe Brille. Und dann hatte er so einen Fahrradhelm auf. Die ganze Zeit. Auch hier im Laden. Bisschen seltsam.«

22
    Harry musste sich beeilen, wenn er seine ›Feriengäste‹ noch aus der Pension holen wollte. Um niemandem zu begegnen, liefer das erste Stück vom Leuchtturm zurück am Strand an den Dünen entlang. In einiger Entfernung kreuzte ein Trecker seinen Weg, der die letzten |264| Strandkörbe abtransportierte. Von weitem erkannte Harry Strandkorb-Peter aus dem »Klabautermann«. Der Strandkorbwärter nickte ihm aus der Entfernung missmutig zu. Dann tuckerte der Traktor den Strandaufgang hinauf.
    Als Harry sich noch einmal kurz umdrehte, sah er ihn auf dem Übergang zwischen den Dünen stehen und neben ihm: Hark Tadsen. Er konnte beobachten, dass die beiden Männer miteinander redeten. Dann zeigte Strandkorb-Peter in Harrys Richtung. Der Trecker wendete und fuhr wieder Richtung Strand. Auf der kleinen Ladefläche neben dem Strandkorb stand leicht schräg, aber hochaufgeschossen Hark Tadsen. Sie fuhren eindeutig in seine Richtung und sie hatten ein Höllentempo drauf, wie Harry es bei einem Traktor nicht für möglich gehalten hätte. Schon gar nicht im Sand.
    In kürzester Zeit kamen sie merklich näher. Über den Strand hatte er keine Chance, ihnen zu entkommen. Harry lief sofort in Richtung Dünen. Er stieg in eine Senke zwischen zwei Hügeln. Im tiefen Sand kam er kaum voran. Aber zumindest mit dem Trecker konnte der Nebeler Polizist ihm hierhin nicht folgen.
    Er stapfte weiter durch den tiefen sandigen Grund zwischen mehreren Dünen hindurch. Er war völlig außer Atem, und seine Sportschuhe hatten sich mit Sand gefüllt, dass die Füße kaum mehr Platz darin fanden. In einer geschützten kleinen Kuhle, die von mehreren Dünen gebildet wurde, setzte er sich einen Moment, um sich den Sand aus den Schuhen zu kippen. Harry bemerkte Blut an seinen Händen, getrocknetes |265| Blut. Ihn schauderte. Silva Scheuermann hatte anscheinend doch eine offene Wunde gehabt. Doch dann sah er, dass es sein eigenes Blut war. Ohne es in der Aufregung zu merken, musste er sich an der Hand geschnitten haben. Im Leuchtturm oder vielleicht auch bei seiner Kletterpartie über das Dach der Pension.
    Nach einer Weile stand er wieder vor dem Leuchtturm. Er war im Kreis durch die Dünen gelaufen. Silva Scheuermann lag unverändert da. Von Hark Tadsen war glücklicherweise nichts zu sehen. Er entschloss sich, ihr Rad zu nehmen, das einsam an dem Fahrradständer lehnte und nicht angeschlossen war.
    An den Hünengräbern vorbei radelte er über Süddorf nach Nebel. Es hatte aufgehört zu regnen. Der Himmel war mit Wolken marmoriert. Nervös drehte Harry sich immer wieder um. Tadsen war nicht mehr in Sicht. Dafür war es zur Abwechslung mal wieder der rote Ford, der in gemächlichem Tempo die Inselstraße nach Norden entlangpatrouillierte. Aber er war zu weit entfernt, als dass der Kommissar ihn erkennen konnte, glaubte er.
    Als er in den kleinen Sandweg einbog, sah

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