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Fluchtpunkt Aqualung

Fluchtpunkt Aqualung

Titel: Fluchtpunkt Aqualung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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aus dieser Chance machte – sollte das etwa seine Sache sein?
    Je länger er jedenfalls über den Landungsraumer nachdachte, desto utopischer erschien es ihm, auch nur einen seiner Sparklancer kapern zu können. Auf dem Republikschiff wußte man sicher längst von dem jungen Rebellenpaar, von dem Mord an Nansen und von Yakubar Tellim, der es abgelehnt hatte, nach seinem siebzigsten Geburtstag wie eine alte Couch entsorgt zu werden.
    Moses krähte hundertfünfzig Schritte entfernt in einem Baum, als wollte er Alarm schlagen. Sie hoben die Köpfe, weil noch ein anderes, gleichmäßiges Geräusch sich in das Rauschen der Blätter mischte. Etwas heulte in der Ferne, kam näher, dröhnte ganz ähnlich wie ein Quantenplasmatriebwerk. Sie blieben stehen, legten die Köpfe in die Nacken und fixierten die wenigen Lücken im Laubdach des Waldsaales. Etwas röhrte über sie hinweg, und für den Bruchteil einer Sekunde sahen sie den schmalen Rumpf eines Fluggeräts vor dem Hintergrund des lichtprallen Himmels von Aqualung.
    »Ein Sparklancer«, sagte Plutejo heiser.
    »Sie suchen uns schon.« Yaku spuckte aus. »Und ich fürchte, es werden nicht die einzigen sein, die uns suchen.« Er dachte an die Millionen von Wärmequellen. Viel weiter als fünfundzwanzig Kilometer konnten sie nicht entfernt sein. Sie bereiteten ihm echte Bauchschmerzen.
    Sie zogen weiter. Instinktiv schlug Yaku einen Kurs ein, der um den See herumführte. Dabei gerieten sie selten tiefer als vierhundert Meter in den Wald hinein.
    Es war kein kleiner See. Nach den letzten Aufzeichnungen des Bordhirns der MEXIKO 01 erstreckte er sich in Dutzenden von Ausläufern tief in das Waldgebiet hinein. Sechs oder sieben Tage würde man schon brauchen, wollte man ihn zu Fuß umrunden.
    Doch daran dachte Yaku nicht. Noch aus der Luft hatte er einen Abschnitt des Seeufers ausgemacht, an dem das Gewässer bis an den Waldrand reichte. Dorthin wollte der Mann von Doxa IV. Erst einmal baden, erst einmal ausruhen, fischen und wieder ausruhen.
    Und dann? Einen Sparklancer kapern? Ein voller Glauruxtank würde sie immerhin schon hundertachtzig Lichtjahre weiter bringen. Oder Hütten bauen und bis ans Ende seiner Tage den Naturburschen machen?
    Yaku war hin- und hergerissen. »Immer eines nach dem anderen«, murmelte er.
    »Was ist los?« Venus wandte ihm das Gesicht zu.
    »Ich habe gesagt: Ihr zieht eine Duftwolke hinter euch her, als hättet ihr einen sieben Tage alte Leichnam auf dem Schlitten.«
    »Hey, Mann!« rief Plutejo. »Was glaubst du denn, wie du stinkst? Was waren das übrigens für Sprüche, die du vorhin abgelassen hast, als wir im freien Fall dem Wald entgegenrauschten?«
    »Nenne es beten, mein Sohn, oder fluchen; ganz wie du willst.«
    »Du hast einen Gott angerufen«, sagte Venus.
    »Schon möglich.«
    »Ist das der Gott aus dem Buch, in dem du immer liest?«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich habe den Alten noch nicht kennengelernt.«
    Sie diskutierten eine Zeitlang über Gott, den Kosmos und die Republik. Moses flog von Baum zu Baum und beäugte die Gegend von oben. Einmal scheuchte er einen Schwarm fingergroßer Insekten auf und schlang einige von ihnen hinunter. Die Zeit verging wie im Flug.
    »Die Sonne geht gar nicht unter«, wunderte sich Plutejo, als sie schon sechs oder sieben Stunden marschiert waren. Prüfend blickte er in die Baumkronen. »Sie scheint sich nicht einmal groß bewegt zu haben.«
    »Hat sie, hat sie. Nur dauert ein Aqualungtag so lange wie zwölf Tage auf Terra Prima. Oder waren es sogar vierzehn? Ich weiß es nicht mehr genau.«
    Die nächste Stunde legten sie schweigend zurück. Allmählich wurde Yaku müde. Erleichtert nahm er wahr, daß seine Sohlen immer tiefer einsanken. Der Waldboden wurde feuchter. Bald sahen sie Schilf zwischen den Baumstämmen stehen. Dahinter schimmerte es hell, als sei der Waldrand nicht mehr weit. Und endlich erreichten sie das Seeufer.
    Sie suchten eine Stelle, an der die Baumkronen weit über das Wasser ragten. »Jetzt wird gebadet.« Yaku deutete auf das Gepäck. »Das nehmen wir mit.«
    Sie erweiterten die Lasttrage um ein paar dicke Äste und gewannen auf diese Weise ein tragfähiges Floß. Sie schoben es ins Wasser und begannen sich auszuziehen.
    Plutejo sprang als erster in den See. Yaku brauchte länger, weil er sich erst noch aus seinem Überlebenssystem schälen mußte; vielleicht auch, um Venus unbeobachtet hinterherblicken zu können. Sie befreite sich von ihren Lederhosen und ihrer

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