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Fluchtpunkt Aqualung

Fluchtpunkt Aqualung

Titel: Fluchtpunkt Aqualung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, Anna-Luna«, sagte Waller Roschen leise.
    »Kommandantin an TROJA – Veron blufft, verehrter Ralbur. Er hat keine Gefangenen gemacht, glauben Sie mir! Ihre Frau ist tot. Mein Beileid. Und nun will ich, daß Ihr Gefechtsleitstand den Angriff koordiniert!«
    »Verstanden, verehrte Anna-Luna.«
    Sekunden verstrichen.
    Im Sichtfeld schwebte jetzt eine etwa zwei Meter große Darstellung der JOHANN SEBASTIAN BACH. Einen Atemzug später hüllte ein Vorhang aus Feuer sie ein. Und kurz darauf griffen blendend weiße Glutfinger nach dem Omegaraumer. Gravitonbeschuß! Ein Riß schien an der Stelle durch das All zu gehen, wo das Schiff stand. Bunte Lichtblitze drängten aus ihm hervor. Einen Atemzug später war alles vorbei. Keine Spur mehr von der JOHANN SEBASTIAN BACH.
    »Robinson an LAURIN – wir haben Bergens Flaggschiff in das Hyperuniversum geschossen.«
    »Gratuliere, verehrter Ralbur. Das war ein Überraschungsangriff, wie er im Lehrbuch steht. Und jetzt den Para-Sprung, bitte …«
    Merican Bergen hörte und sah alles wie durch eine Milchglasscheibe. Er sank in den Sessel. Die Messe begann sich um ihn zu drehen. Er schloß die Augen, riß sie aber sofort wieder auf, weil das Gefühl zu stürzen ihm einen Brechreiz verursachte. Jemand griff nach seiner Hand. Stein wahrscheinlich.
    Ein Großteil dessen, was seine Identität ausmachte, hatte sich in Nichts aufgelöst – seine Freiheit, sein Rang, sein Ansehen, sein Schiff, Heinrich; fast alles eigentlich. Merkwürdigerweise sehnte er sich in diesen Minuten nach Musik und nach seinem Flügel …
     
    *
     
    Er war ausgelöscht, vernichtet, nicht mehr existent.
    Jedenfalls glaubten sie das, und somit war sein Ziel erreicht. Niemand suchte mehr nach ihm – die Datenbefunde seiner Peilfelder schienen ihm gar keinen anderen Schluß zuzulassen: Die EMC-Muster der Kampfmaschinen bewegten sich nicht mehr oder nur noch in Entfernungen, die ihn nicht beunruhigen mußten, physiologische Elektroimpulse von Organhirnern blieben in gleichbleibender Distanz. Für die Besatzung dieses Schiffes gab es ihn nicht mehr.
    Vermutlich hielt auch Merican ihn für tot; oder für zerstört , wie er sich ausdrücken würde. Heinrich hätte gern gewußt, was Merican jetzt empfand.
    Während sie ihn in der Ebene über dem Hangar suchten, hatte er das Beiboot wieder verlassen. Während sie auf das Beiboot schossen, hatte er sich ganz am Heckende des rechten Schiffsschenkels versteckt, in unmittelbarer Nähe des Triebwerks. Hier brauchte er sein EMC-Muster nicht mehr im Quantenkern zu verbergen, hier benötigte er das energiefressende Neutralisationsfeld nicht mehr. Die Strahlung aus dem Druckkammerreaktor und das hohe Energieniveau des Triebwerks überlagerten seine eigene energetische Strahlung zuverlässig.
    Nur drei Quoditanwände, jede einen Meter dick, trennten ihn vom Triebwerk. Es war sehr laut in dieser Gegend des Kommunikators, er hatte sein akustisches Sensorium ausgeschaltet, um nicht unnötig Energie für die Erhöhung der akustischen Reizschwelle zu verbrauchen.
    Die Nische, in die er sich zurückgezogen hatte, lag hinter der Wandverblendung eines Wartungsschachtes. Für ihn war es ein leichtes gewesen, die Schweißnähte der Wandplatte zu lösen und wieder zu schließen. Hier führten Hauptleitungen des Bordhirns vorbei und zweigten wenige Meter weiter in den Querholm zum Gefechts- und Maschinenleitstand ab. Er hatte ein mikroskopisch kleines Loch in die Rohrverkleidung geschweißt, eine seiner Nanosonden aus der linken Öffnung seiner Kunstnase gefahren und unter all den Kabel- und Rohrleitungen schnell die entscheidenden Stränge identifiziert. Inzwischen konnte er die Befehle ans Bordhirn mitlesen und den Kommunikator anzapfen. So wußte er längst von Verons Ultimatum, von der Besetzung der TROJA und der Vernichtung der JOHANN SEBASTIAN BACH.
    Seltsame Impulse waren aus den Tiefen seines Quantenkerns aufgestiegen, als er Robinsons Funkspruch mit der Treffermeldung empfangen hatte: Minutenlang lehnte er bewegungslos gegen die äußere Nischenwand. Die Bilder sämtlicher Besatzungsmitglieder des Flaggschiffs waren aus seinen Datenbanken in seinen Quantenfokus gestiegen, hatten ihn regelrecht überschwemmt, und am Ende sah er sich an Mericans Flügel sitzen und jene wunderbaren Klänge erzeugen, die Merican Fugen nannte.
    Vorbei. Die JOHANN SEBASTIAN BACH im Hyperuniversum verschollen. Mit ihr all die Gesichter, die ihm im Lauf der Jahre so

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