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Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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lange es dauerte, bis der Tierarzt wieder eintreffen würde.
    »Wir schaffen ihn ins Auto.«
    »Wie bitte?«, Grabbe trat einen Schritt zurück und stieß hart gegen den Holzstapel. Schnee sackte herunter.
    »Hast du Angst vor Hunden?«, fragte Walde.
    »Weiß nicht, ich hatte noch nie was mit Hunden zu tun.«
    »Ich auch nicht.« Walde dachte nach. Allein konnte er den großen Hund wahrscheinlich nicht tragen. Wo sollte er ihn überhaupt anfassen?
    Er stellte sich auf und trat zwischen die Vorder- und Hinterläufe des Tieres, das größer als ein Schäferhund war.
    »Quintus, alles wird gut«, sprach er beruhigend auf den Hund ein, während er eine Hand in den Schnee unter seinen Kopf schob und mit der anderen vorsichtig den Körper vor den Hinterläufen zu umfassen versuchte.
    Der Hund hob den Kopf, öffnete das Maul. Walde sah zwei lange Reihen Respekt einflößenden Zähne und eine Zunge, die sich zwischen den langen Eckzähnen über die Vorderzähne schob.
    »Quintus, wir wollen dir nur helfen.« Walde spürte, wie der Hund auf den Namen reagierte. Das Tier schaute ihm in die Augen. Walde erwiderte den Blick, während er weiter versuchte, seine Arme unter dem Körper hindurchzuzwängen.
    »Was hast du vor?«, fragte Grabbe hinter ihm.
    »Wir können ihn hier nicht liegen lassen.«
    »Das schaffst du nicht allein!«
    Walde hatte endlich die linke Hand unter dem Kopf des Hundes und die rechte unter dem Bauch hindurch auf den Rücken geschoben. Seine Ärmel waren hochgerutscht. Er fühlte den kalten Schnee bis zu den Ellenbogen.
    »Quintus, ich versuche es jetzt.« Während Walde sprach, spannte er seine Beinmuskeln an, um aus der Hocke heraus den Hund anzuheben. Es gelang ihm.
    Das Tier war leichter, als er gedacht hatte, aber der linke Arm, mit dem er die Brust des Tieres umfasste, glitt hoch bis unter die Schnauze. Er musste fester ins Fell greifen und beobachtete dabei ständig die Augen des Hundes. Falls das Tier nach ihm schnappen würde, müsste er es in Sekundenbruchteilen loslassen, um nicht in den Hals gebissen zu werden, der jetzt dem Kopf des Tieres bedenklich nahe war. Er beugte sich weit zurück, um den Körper des Hundes noch höher zu bekommen, und stapfte in die Spur, die sie vorhin gezogen hatten. Walde spürte, dass von dem Hund keine Gefahr ausging. Schon am Ende des Holzstapels begann er vor Anstrengung zu keuchen. Er zweifelte, ob er es bis zum Wagen schaffen würde. Jetzt nur nicht stolpern! Waldes Blick wanderte zwischen den Augen des Hundes, die ihn weiter aufmerksam beobachteten, und dem schmalen Trampelpfad hin und her. Bevor er das Auto erreichte, überholte ihn Grabbe im Laufschritt und riss die Heckklappe hoch.
    Der Hund hob den Kopf, als Walde ihn auf den Kofferraumboden seines Volvo hievte, blieb aber liegen und ließ sich von Walde streicheln, der um Atem rang und sich mit schmerzendem Rücken über ihn beugte.
    »Soll ich fahren?«, fragte Grabbe.
    »Gute Idee.« Walde schlug die Tür zum Fond zu und drückte stöhnend den Rücken ins Hohlkreuz.
    »Und was nun?« Grabbe hatte gewartet, bis Walde auf dem Rücksitz Platz genommen hatte, bevor er selbst einstieg.
    »Er braucht Futter.«
    »Das ist mir klar, aber woher? Im Ort gibt es, soweit ich das mitgekriegt habe, kein Geschäft.«
    Grabbe setzte vorsichtig den Wagen aus der Einfahrt. Die Antriebsräder drehten durch, als er auf dem leicht ansteigenden Weg zu beschleunigen versuchte. Walde fasste über die Rückbank und legte dem Hund eine Hand aufs Fell.
    Der Hund hatte wieder dieselbe Haltung eingenommen, wie er ihn im Schnee gefunden hatte.
    Im Dorf ließ Walde den Wagen stoppen und stieg aus.
    »Willst du mich etwa mit dem Hund allein lassen?«, rief Grabbe ihm nach. Walde betrachtete die Häuser hinter den verschneiten Vorgärten. Er entschied sich für eines mit grünen Fensterläden. Neben der Haustür waren mehrere Vornamen auf einer offensichtlich selbst getöpferten bunten Keramikplatte zu lesen.
    Walde klingelte. Nach einigen Sekunden hörte er über sich ein Geräusch und trat von der Tür zurück. Im Dachgeschoss war ein Fenster geöffnet worden. Eine Frau beugte sich heraus.
    »Ja?« Die Frau schien Anfang dreißig zu sein und hatte gerötete Wangen.
    »Polizei, mein Name ist Bock. Vielleicht können Sie mir helfen.« Walde versuchte mit gefühllosen Fingern, seinen Dienstausweis aus der Jackentasche zu ziehen.
    »Ja?«, wiederholte die Frau.
    »Haben Sie einen Hund?«
    »Ja, der ist im Haus, hier im Dorf ist er immer

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