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Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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während er in der Küche die ineinander geschobenen Näpfe und eine Packung Trockenfutter auspackte.
    »Keine Ahnung, Quintus kommt erstmal in den Garten.«
    Grabbe ging ebenfalls hinaus, schüttete Trockenfutter in einen Napf, an dem noch das Preisschild klebte. Walde nahm Quintus die Leine ab und holte Wasser aus der Küche. Der Hund stand auf dem mit Moos durchsetzten Rasen und schaute sich um. Die hohen Mauern ringsum schienen ihm nicht zu behagen. Seine Ohren folgten nervös den Stadtgeräuschen, die hereindrangen. Ganz nah erklang ein Martinshorn. Quintus lief, wobei er den rechten Vorderlauf vorsichtig aufsetzte, zur Mauer und blieb noch dort, als der Wagen schon längst vorbei war.
    »Quintus.« Walde zeigte zu den Näpfen. »Da ist dein Futter.«
    Der Hund spitzte die Ohren und kam auf die überdachte Terrasse gelaufen. Walde kraulte ihm das Fell. Anschließend folgte er Grabbe in die Wohnung. Im Bad wusch er sich gründlich die Hände, bevor er die Wohnung verließ. Dabei übersah er die Katze Minka, die sich in ihrem Sessel mucksmäuschenstill verkrochen hatte.
     
    In der Pathologie teilte ihnen ein Assistent mit, dass die Obduktion bereits beendet sei und Dr. Hoffmann Pause mache.
    Sie fanden ihn in der Kantine, wo sich wenige Gäste in dem großen Raum verloren. Ein Blick auf die Uhr überraschte Walde. Es war schon nach drei.
    »Stören wir?«, fragte Walde.
    »Kein Problem. Es gibt heute Leber, Püree und Sauerkraut.« Der Pathologe tauchte seine gefüllte Gabel in eine kleine Soßenpfütze auf dem Teller und tupfte sich dann mit einer Serviette den Mund ab. »Wird wahrscheinlich seit elf Uhr warm gehalten, schmeckt aber noch.«
    »Ich hole Kaffee«, Grabbe war stehen geblieben, während Walde Platz nahm.
    »Da wüsste ich noch einen.« Hoffmann grinste Walde an. »Kennen Sie den schon?«
    Walde hätte fast genickt.
    »Erwacht ein Patient aus der Narkose.« Hoffmann war anzusehen, dass er am liebsten schon loslachen würde.
    »Herr Doktor, Ihr Bart ist aber gewachsen! Hat die OP so lange gedauert? Antwortet der: Erstens war mein Bart schon immer so lang, und zweitens bin ich auch kein Chirurg, sondern …« Er beugte sich näher zu Walde über den Tisch.
    »Pathologe?«, versuchte es Walde.
    »Nein.« Hoffmann prustete los. »Sondern Petrus.«
    Grabbe kam zurück und stellte ein Tablett mit zwei Tassen Kaffee und drei Rosinenbrötchen auf den Tisch.
    »Schade, Herr Grabbe, dass Sie den Witz nicht mitbekommen haben«, der Pathologe wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Vielleicht kann Ihr Kollege ihn nachher erzählen.« Hoffmann aß einen Happen, bevor er weitersprach. »Die Obduktion war sehr aufschlussreich. Das hätten Sie sehen sollen!«
    »Wir werden ja sicherlich alles von Ihnen erfahren.« Grabbe fühlte sich insgeheim erleichtert, zu spät gekommen zu sein. Es hatte Zeiten gegeben, in denen es ihm bereits im Flur vor der Pathologie schlecht geworden war. Das hatte sich zwar gebessert, aber ganz wohl war ihm da unten noch immer nicht.
    »Der Tote, dieser Mann aus Steineberg …«
    »Alfred Mendig«, half Grabbe aus.
    »Genau«, fuhr der Pathologe fort. »Er hat eine Fraktur, verursacht durch einen stumpfen Gegenstand, im Bereich der Schläfe erlitten, die aber nicht direkt zum Tod geführt hat. Der Gegenstand war entweder sehr schwer oder der Schlag wurde mit relativ großer Wucht ausgeführt. Der Tod trat erst viele Stunden, vielleicht sogar einen Tag später, ein und ist auf weitere, weniger heftige Schläge, es können auch Fußtritte gewesen sein, und auf den hohen Blutverlust zurückzuführen. Der Verband ist dem Opfer wahrscheinlich nach der ersten Verletzung angelegt worden. Aber es geht noch weiter.« Hoffmann nahm denselben Gesichtsausdruck an, als frage er Walde nach der Pointe des Witzes. Walde und Grabbe sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Der Mann, dieser Alfons …«
    »Alfred Mendig.«
    »Stimmt, dieser Mann«, sagte Hoffmann, »hatte implantierte Zähne und ebenfalls implantiertes Haar. Er hat sich an vier Stellen Fett absaugen lassen, alles, so wie mir scheint, in den letzten eineinhalb Jahren. Dazu trug er Kontaktlinsen. Sport muss er ebenfalls getrieben haben, fünfundsiebzig Kilo Körpergewicht waren ideal für seine Größe von einsfünfundachtzig.«
    »Wo könnten die Operationen gemacht worden sein?«, fragte Grabbe.
    »Da gibt es Hunderte, wenn nicht tausende Adressen.« Hoffmann wischte sich einen Essensrest aus dem Mundwinkel. »Zu einem Waldschrat, der einsam

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