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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Hinweis auf die Aufgabe, die er zu erfüllen hat.«
    »Ich verstehe, ich kann …«
    »Du tätest gut daran, mich ausreden zu lassen«, unterbrach er sie schärfer als beabsichtigt. »Ich bin nur geblieben, um herauszufinden, weshalb man mich in dein Haus geschickt hat. Bisher habe ich wahrlich nichts Besonderes an dir bemerkt.« Er betonte jedes Wort, und der verletzte Ausdruck in ihren Augen schmerzte ihn. Denk dran: Du darfst nicht darüber sprechen!
    Sie senkte den Blick, und er konnte nur hoffen, dass seine lautlose Nachricht bei ihr angekommen war. Er verstand sich selbst nicht mehr. Hätte ihm jemand vor wenigen Tagen vorausgesagt, was heute geschehen würde, er hätte denjenigen zum Duell gefordert. Er hatte sich wie ein zügelloses Ungeheuer gebärdet, die wilde Kraft von Leidenschaft und Hingabe auch noch genossen. Natürlich war es unverzeihlicher Egoismus gewesen, der ihn alles hatte vergessen lassen. Niemand durfte davon erfahren. Schlimm genug, dass Gabriel wusste, was geschehen war - woher, war ihm vollkommen rätselhaft.
    Sein Blick streifte Juna, und als er ihre weichen Lippen sah, die ihn an ihre entzückten Laute erinnerten, die schließlich seine Selbstbeherrschung zum Einsturz gebracht hatten, ging ein Beben durch seinen Körper. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Er rief sich zur Ordnung, atmete tief durch, und schließlich half ihm die Disziplin, mit deren Hilfe es ihm gelungen war, seinen Makel so lange vor Nephthys und den anderen zu verbergen, auch mit diesen unbekannten Emotionen zurechtzukommen.

    In kürzester Zeit hatte er einen Schutzkreis um sich gezogen. Ein weiteres Mal würde es niemandem gelingen, sie heimlich zu belauschen. Ob sie in ihrer neuen Bleibe sicher waren, würde sich noch herausstellen. Als er weitersprach, klang seine Stimme unbeteiligt: »Mit dem Zwischenfall in der Lagerhalle habe ich nicht gerechnet, das war ein Fehler. Warum bist du nicht weggelaufen, wie ich es dir gesagt habe?« Er fuhr sich mit der Hand durch das schwarze Haar. Die Frage war rhetorisch, er hätte wissen müssen, dass sie ihm nicht gehorchen würde. Juna war eben nicht wie die anderen. »Aber da du es doch getan hast, kann ich dir ebenso gut sagen, was dort geschehen ist: Jemand hat versucht, einen Schutzengel zu töten.«
    »Das Mädchen!«, unterbrach sie ihn. »Wer tut so etwas … und warum?«
    »Das ist genau die Frage, die ich mir auch stelle. Bisher wussten wir nicht mehr, als dass seit geraumer Zeit in Glasgow immer mehr von ihnen verschwinden. Jetzt muss ich davon ausgehen, dass sie umgebracht werden.« Er sah sie durchdringend an. »Die Einzigen, die ein Interesse daran haben könnten, sind Dämonen.« Als Juna ihn ratlos ansah, bemühte er sich um eine einfache Erklärung. »Ihr Menschen habt ein hohes negatives Potenzial. Viele von euch schaffen es nicht, den Einflüsterungen des Bösen zu widerstehen, selbst dann nicht, wenn ihr euch ehrlich bemüht.«
     
    »Heißt das etwa, ein Mensch ohne Schutzengel ist seinen Trieben hilflos ausgeliefert?« Das Bild, das Arian von ihrer Spezies zeichnete, war wenig schmeichelhaft. Bisher war sie überzeugt gewesen, dass jeder Mensch grundsätzlich erst einmal die Freiheit besaß, seine Entscheidungen selbst zu
treffen. Zugegeben, dabei hatte die Gesellschaft, in der er lebte, normalerweise auch ein Wörtchen mitzureden. Schließlich gab es manche Regeln aus gutem Grund.
    Er unterbrach ihre Überlegungen. »So einfach ist es nicht, aber im Prinzip hast du Recht.«
    »Aber dann müsste das Böse , oder wer auch immer ein Interesse daran hat, Menschen zu Untaten zu verführen, doch ständig versuchen, die Engel an ihrer Arbeit zu hindern. Warum ist die jetzige Situation dann so ungewöhnlich?«
    Er lachte, aber es klang nicht fröhlich. »Schutzengel sind unsichtbar. Auch für Dämonen. Aus eigener Kraft gelingt es ihnen nicht, sie zu erwischen.«
    »Tatsächlich? Das ist gut.« Doch dann dämmerte Juna, was das für sie bedeutete. »Und weil ich sie sehen kann, denkst du, ich hätte etwas damit zu tun?« Fassungslos starrte sie ihn an. »Das arme Mädchen! Wie kannst du so etwas Abscheuliches von mir denken?« Die Erlebnisse der vergangenen Stunden waren einfach zu viel für sie gewesen. Eine Träne rollte über ihre Wange, eine zweite folgte, und schon weinte sie hemmungslos.
     
    Arian hatte nur getan, was er am besten konnte: klare Fragen stellen, Möglichkeiten abwägen. Wie sollte er sonst zu den richtigen Ergebnissen kommen? Ihre

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