Fluesterndes Gold
eines Adlers, Mrs. Nix ist ein Bär. Alle anderen sehen aus wie Menschen. Das Ende einer Rolle Stacheldraht baumelt aus Devyns Schnabel.
Mrs. Nix tapst mit ihren Bärentatzen schwerfällig auf das Haus zu. Sie zieht witternd die Luft ein und dreht die Ohren nach vorn. Das ist das Zeichen für uns, dass sich keine Elfen außerhalb des Hauses befinden.
Nick streckt mir den hochgereckten Daumen hin. Wir haben nicht mehr darüber gesprochen, dass ich die Tochter eines Elfs bin. Wir hatten einfach keine Zeit, und jetzt geht es um meine Mom. Aber ich habe trotzdem Angst davor, was das alles für uns beide bedeuten könnte, für mich.
Aber das ist jetzt nicht wichtig.
Ich gebe das zweite Signal, und wir gehen los. Wir eilen mit den Eisenstangen zum Haus und stecken sie in den Boden. Eine nach der anderen rammen wir in den Schnee. Is und ich arbeiten zusammen, weil wir beide nicht superstark sind und ich durch meinen gebrochenen Arm zusätzlich gehandicapt bin. Devyns gelber Schnabel leuchtet im Dämmerlicht. Draht hängt von ihm herab. Er wickelt den Draht um die Stangen und verbindet sie so. Wir müssen uns beeilen, bevor die Elfen merken, dass hier draußen etwas vor sich geht.
Issie rammt eine Stange in den Schnee. »Bist du sicher, dass das Haus da ist.«
»Hundertprozent«, sage ich und nehme die nächste Eisenbahnschwelle. Meine Muskeln brennen, so schwer ist sie. »Ich sehe es. Ehrenwort.«
»Manchmal ist es ganz schön doof, nur ein Mensch zu sein«, meint Issie. Wir beugen uns nach vorn und drücken die nächste Stange in den Boden.
»Nein, Is. Das ist es nicht.«
Wir haben all das Eisen in Karren hierher transportiert, die wir an die Schneemobile von Issies Eltern und Mrs. Nick angebunden hatten. Mir ist dabei gar nicht bewusst gewesen, wie schwer die Stangen sind, aber sie sind verdammt schwer. Nur das Adrenalin in unseren Körpern sorgt dafür, dass wir weitermachen können. Gram wirft uns noch mehr Stangen hin. Devyn bringt mehr Stacheldraht. Seine gewaltigen Schwingen schlagen durch die Luft. Der Kreis ist fast geschlossen. Nur noch ein paar Stangen.
Nick eilt mit einem Arm voller Eisenstangen hinter mir vorbei und durchquert den Vorgarten. Da öffnet sich die Eingangstür. Mrs. Nix stößt ein warnendes Gebrüll aus.
Ich lasse die Eisenbahnschwelle, die ich gerade in der Hand habe, fallen.
»Nick!«, schreie ich. »Sie kommen raus!«
Ein Elf stürmt auf Nick zu. Seine spitzen Zähne sind tödliche Waffen. Er stürzt sich auf Nick. Nick holt mit dem Stacheldraht aus und trifft den Elf an der Wange. Von der verbrannten Haut des Elfen steigt Dampf auf. Er fällt zu Boden und hält sich die Wange. Nick bleibt abwartend stehen.
»Komm zurück, Nick!«, schreit Gram.
Nick zögert. Seine Muskeln scheinen sich zu bündeln und zittern. Er möchte sich in einen Wolf verwandeln. Ich weiß es.
»Sofort!«, befiehlt Gram.
Er macht einen Satz über den Stacheldraht und die Eisenstangen und verlässt unseren fast geschlossenen Kreis.
Mehr Elfen strömen aus dem Haus. Sie sind alle festlich gekleidet. Die Roben aus Samt und Satin flattern im Wind. Die Smokings scheinen alle maßgeschneidert. Eigentlich müssten sie wunderschön aussehen, aber ich weiß, was sie sind. Sie sind nicht schön, denn Schönheit hat etwas zu tun mit Anstand und Liebe und Hoffnung. Aber sie kennen nur ihre Gier.
Mrs. Nix nimmt das letzte Stück Stacheldraht aus Devyns Schnabel und wickelt es um die Eisenstangen. Der Kreis ist geschlossen.
»Verwandle dich«, sagt Gram zu Nick. »Auf der Stelle.«
Eine Eisenstange fällt um, und ich eile hin, um sie festzuhalten. Meine Hände versuchen sie tiefer in die kalte, harte Erde zu drücken. Sie wackelt, zerrt an dem Stacheldraht und destabilisiert unser ganzes Bauwerk.
»Gram!«, schreie ich. »Hilfe!«
Sie eilt an meine Seite. Gemeinsam und unter Einsatz unseres gesamten Körpergewichts zwingen wir die Stange in den Boden. Die Elfen stimmen einen Gesang an. Es sind merkwürdige, monotone Worte, die mein Kopf nicht versteht, aber sie jagen kalte Angstschauer durch meinen Körper.
Nick taucht neben mir auf. Er ist wieder ein Wolf. Sein Nackenfell sträubt sich, und er knurrt mit gebleckten Zähnen. Die Muskeln auf seinem Rücken spannen sich an.
Ich drücke meine Hand an seine Seite. »Nein. Bleib außerhalb des Kreises. Bei mir.«
Die Elfen strömen immer noch aus der Tür, ohne auf den Verletzten zu achten, der neben der Treppe liegt.
Meine Mutter erscheint in der Türöffnung.
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