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Fluesterndes Gold

Fluesterndes Gold

Titel: Fluesterndes Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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dass Nicks plötzlicher Abflug uns auf ein Werwesen reduziert. Ich erinnere mich einfach daran, wie es sich angefühlt hat, Nicks Lippen auf meinen zu spüren. Ich erinnere mich daran, wie warm er sich anfühlt.
    Ein paar Minuten später geht der Piepser meiner Großmutter. Sie mustert mich, kommt mit großen Schritten zu mir und misst meinen Puls. Einfach lächerlich. Ich habe mir den Arm gebrochen, nicht das Herz. Dann legt sie mir die Hand auf die Stirn, um zu fühlen, ob ich Fieber habe. Offenbar bestehe ich den Test, denn sie richtet sich auf und kreuzt die Arme vor der Brust.
    »Richtung Acadia ist ein schwerer Unfall passiert. Vielleicht muss sogar der Rettungshubschrauber kommen. Sie haben mich angepiepst«, sagt sie ganz langsam. »Ich glaube, ich muss weg. Ist das okay für dich?«
    »Klar.« Ich schnappe mir meine Literaturgeschichte. Nach zwei Fehltagen muss ich eine ganze Menge Hausaufgaben nachholen. Es ist glaubwürdig, dass ich nach dem Buch greife.
    Sie zieht an dem Mantel, der an einem Haken neben der Eingangstür hängt. »Ich habe Nick angerufen. Er müsste in zehn Minuten da sein.«
    »Er kommt her? Ist er nicht ganz Wolf geworden und hat ein Schaf gerissen oder so?«
    Sie lächelt. »Er ist vielleicht ein Heißsporn, aber blöd ist er nicht.«
    Ich sage nichts.
    »Du wirst ja rot«, neckt sie mich.
    »Du bist keine nette Großmutter.«
    Sie öffnet die Tür. Ein Schwall kalter Luft strömt herein, und das Feuer scheint größer zu werden. »Aber du hast mich trotzdem lieb?«
    »Klar«, antworte ich.
    »Gut. Bleib ganz ruhig. Ich bin bald wieder da, aber nicht zu bald, wenn du weißt, was ich meine.«
    Dann formt sie lautlos die Worte: »Pass auf dich auf.«
    Sie zwinkert mir zu und ist verschwunden.
    Großmütter.
    Er kommt ungefähr fünf Minuten, nachdem Betty gegangen ist.
    Er klopft an die Tür, die Betty, wie ich weiß, nicht abgeschlossen hat, damit ich nicht von der Couch aufstehen müsste.
    Ich bitte ihn nicht herein. Er tritt einfach durch die Tür. Offensichtlich ist er schon einmal hier gewesen. Offensichtlich ist er derjenige, der sich für meinen Dad ausgegeben hat.
    Er trägt immer noch die schwarzen Klamotten, die er anhatte, als ich ihn am Flughafen in Charleston und außerhalb der Cafeteria gesehen habe. Er ist groß und hat eine blasse Haut, so wie ich. Sein welliges Haar glänzt dunkel und hat einen guten Schnitt. Er hat wunderschöne, unergründliche Augen.
    Ich schaudere.
    »Zara.«
    Er lässt meinen Namen durch den Raum schweben. Dann schließt er total beiläufig die Tür hinter sich. Die kalte Luft bleibt im Raum. Ich fröstle.
    »Du frierst? Ich lege noch ein Scheit auf.«
    Er marschiert durch das Zimmer, öffnet die Ofentür und legt ein Scheit auf. Funken fliegen. Er fängt einen mit der Hand und zerdrückt ihn, dann öffnet er die Hand wieder. Er hat sich nicht verbrannt.
    Ich finde meine Stimme. »Was bist du?«
    Er legt den Kopf schief und reibt die Hände aneinander, als ob er Schmutz abwaschen wollte. »Weißt du das nicht?«
    »Ich hab keine Ahnung.« Das kommt der Wahrheit recht nahe, denn ich habe nur ein paar Basisinformationen darüber, was er ist, aber nichts Wesentliches. Vom Wesentlichen bin ich weit entfernt.
    Ich ziehe mich an der Rückenlehne der Couch hoch, damit ich aufrechter sitze.
    »Du hast mich auf dem Flughafen gesehen, und ich habe im Wald nach dir gerufen«, sagt er. »Und als dein Ersatzvater gestorben ist, war ich auch da.«
    »Am Fenster.«
    Er nickt.
    Wir lassen diese Information eine Minute auf uns wirken. Ersatzvater? Einziger Vater trifft es eher. »Hast du ihn getötet?«
    »Natürlich nicht.«
    »Wirklich nicht?«
    Er macht mit dem Feuer rum und wirft ein Stück glühendes Holz von einer Hand in die andere. Das wäre cool, wenn es nicht so verrückt wäre.
    »Du verfolgst mich«, sage ich schließlich. »Warum?«
    »Weil ich mir zurückholen will, was mir gehört.«
    »Ich gehöre nicht dir.«
    »Doch. Du hast mir immer gehört. Und du wirst mir immer gehören.«
    »So ein Unsinn.«
    »Wirklich? Horch in dich hinein, Zara. Ich glaube, du wirst spüren, was wahr ist.«
    »Ich weiß nicht mehr, was wahr ist. Aber ich weiß, dass du dich langsam anhörst, wie ein schlechter Abklatsch von Darth Vader in einer alten Star-Wars-Folge. Und ich weiß, dass du mir etwas antun willst.«
    Er schüttelt den Kopf und hält dann lauschend inne. »Niemals.«
    »Was niemals? Die Darth-Vader-Geschichte oder mir was antun.«
    »Beides.«
    Ich verdrehe

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