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Flug des Adlers

Titel: Flug des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. E. Knight
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schmeckende Zahnpasta dar.
    Sie gingen im Dunkeln zu ihren Betten - das Nancy’s besaß eigene Generatoren, aber sie mussten Treibstoff sparen. Valentine verkroch sich unter der Decke, ein wenig beschämt über den Zustand seiner Unterwäsche. Vielleicht wäre ein Besuch bei der Tauschbörse doch sinnvoll. Jules förderte eine Flasche kurischen Rum zutage, und sie tranken abwechselnd. Valentine lehnte es jedoch ab, mehr als zweimal zu trinken.

    »In der KZ musst du mit Alkohol vorsichtig sein«, sagte Valentine. »Es heißt, ein bisschen hilft, um die Lebenszeichen zu dämpfen, weil es entspannt. Ob das nun stimmt oder nicht, ich wäre lieber auf der Hut.«
    »Das hier ist nicht die kurische Zone. Jetzt nicht mehr.«
    Obwohl sie ihn danach fragte, wollte er nicht über den Aufstand in Little Rock reden. Stattdessen lenkte er das Gespräch auf ihre jeweilige Kindheit. Er erzählte ihr ein wenig darüber, wie es war, in Minnesota aufzuwachsen - für die Leute in Iowa gab es nördlich von Rochester nichts als haarige, dumpfe Barbaren -, und sie malte ihm zwischen ihren Schlucken das Bild eines privilegierten Lebens als Tochter eines Ringträgers.
    »Ich sollte zur Kirche gehen«, ertönte die Stimme aus der Dunkelheit. Wenn sich ihre Aussprache durch das Trinken veränderte, dann wurde sie allenfalls präziser. »Natürlich gehörte ich zu den Anführern der Jungen Avantgarde. Und dann hieß es Militär, Kirche oder Industrie. Da Ving Junior zum Militär gegangen ist und Kirbee Produktionswissenschaften studiert hat, hat sich diese ausgedörrte alte Pflaume von einem Priester mich vorgenommen, um mich Besserung, Streben, Demut, Fürsorge und Akzeptanz zu lehren.« Valentines Ohren schnappten Bewegung im Raum auf, als sie die Tugenden der Kirche herunterratterte. Während man sie aufsagte, sollte man seine Stirn, die rechte Schulter, die rechte Hüfte, die linke Hüfte und schließlich die linke Schulter berühren. Ihre Stimme wurde mit jedem Wort leiser. »Die Menschheit in ihrem widernatürlichen Zustand. Spirituelle Regeneration. Unglaublich, an wie viel von diesem Dreck ich mich erinnern kann. Ich habe nicht einmal versucht, das zu lernen, trotzdem kann ich die sogenannten Wahrheiten immer noch Wort für Wort rezitieren.«

    Valentine lauschte ihrem Atem, bis auch er schließlich einschlief.
    Er wurde halb wach, als sie aufstand, um ins Badezimmer zu gehen. Er erwachte noch etwas mehr, als sie zurückkam und in sein Bett kroch. Sie tätschelte sein Ohr.
    »Was dagegen?«, fragte sie.
    Ihre sauber riechende Haut war verlockend, und ihre Hand wusste, was sie tat. Er fühlte eine aufgerichtete Brustwarze an seinem Trizeps. »Auf dumme Fragen …«, sagte er.
    Sie testete ihn mit fester Hand. »Nette Antwort. Gar nicht dumm. Weiter geht’s.«
    Valentine vernahm ein weiteres Beispiel für die Umgangssprache in Iowa, derbe Worte, wie er sie noch nie ins Ohr gehaucht bekommen, sondern lediglich aus zweiter Hand bei bierseligen Männergesprächen gehört hatte.
    »Nicht so schnell«, sagte Valentine und fing an, ihren Hals mit Küssen zu bedecken. Er hatte seit einem Jahr keine Frau mehr angerührt, warum sollte er die Gelegenheit also nicht genießen?

    Erschöpft, wieder erweckt und wieder erschöpft schlief er tief und fest im Schweiß ihrer körperlichen Vereinigung, als sie sich in ihr Bett zurückgezogen hatte.
    Gewehrfeuer und Schreie weckten ihn. Für drei schreckliche Sekunden war er wieder auf dem Big Rock Hill in jener Nacht, in der die Schlächter vom Himmel gefallen waren. Erwacht aus einem Traum oder eingetaucht in einen neuen Alptraum?
    Jules setzte sich im Bett auf, und die Röte des Liebesspiels war einer furchtbaren Blässe gewichen.
    »Schlächter!«, ertönte ein Ruf auf dem Korridor.
    Ihre Augen, die vor Furcht leuchteten, fixierten ihn wie Suchscheinwerfer.

    Valentine fühlte sie. Seine alten Kameraden bei den Wölfen hatten es den »Valentick« genannt und ihm mehr vertraut, als Valentine selbst es getan hatte. Manchmal konnte er einen Schlächter mit absoluter Genauigkeit aufspüren; zu anderen Zeiten konnte er direkt über einen hinwegspazieren, ohne irgendetwas wahrzunehmen. Nun aber schienen sie seinen ganzen mentalen Horizont auszufüllen. Es mochten ein Dutzend oder mehr sein.
    »Hat vielleicht nichts zu bedeuten«, log er. »Immer, wenn es im Dunkeln ein Durcheinander gibt, schreit irgendjemand ›Schlächter‹. Hast du eine Waffe?«
    »Eine Beretta. In der Tasche auf dem Stuhl.« »Hol

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