Flug in den Weltraum
daneben die Uhr, und seine Gedanken begannen wieder zu wandern. Halb wie im Traum sprach er die Worte vor sich hin.
»Landen ... wir wollen in Washington landen. Werden wir dorthin kommen?«
»Wir werden hinkommen. Das deutsche Schiff wird uns richtig dorthin bringen«, versuchte Watson ihn zu beruhigen.
Gerade als er diese Worte sprach, jagte das Schiff im Schlepptau des deutschen in zweihundertfünfzig Kilometer Höhe über Washington dahin, weiter nach Westen. Dr. Hegemüller hatte ganze Arbeit gemacht. Er hatte es in eine Höhe gehoben, in der die Luftreibung nur noch minimal war, und die Folgen machten sich von Minute zu Minute fühlbar. Schon war die Temperatur auf dreißig Grad gesunken und fiel unablässig weiter.
Die Gefahr des Feuertodes war gebannt, doch eine andere Schwierigkeit blieb noch zu überwinden. Noch immer hatte O’Neils’ Schiff eine enorme Geschwindigkeit, und die Möglichkeit, die rasende Fahrt durch den Strahlungsdruck abzubremsen, war infolge der Verriegelung seiner Treibflächen versperrt. Sorgenvoll überlegte Dr. Hegemüller, welche Mittel er wählen sollte, um das manövrierunfähige Schiff zu einer sicheren Landung zu bringen.
Unablässig gingen die Funksprüche zwischen der deutschen Maschine und Hidetawa, der mit seinem Schiff in Sichtweite blieb, hin und her, und Watson hörte sie in seinem Empfänger mit.
»Gehen Sie tiefer! Lassen Sie die Luftreibung als Bremse wirken!« hatte der Japaner soeben gemorst.
»Es würde zu lange dauern. Der Luftvorrat der Amerikaner ist begrenzt. Es befinden sich fünfzehn Mann an Bord«, funkte Dr. Hegemüller zurück. »Ich will versuchen, durch Trossenzug abzubremsen.«
»Seien Sie vorsichtig! Die hintere Trosse wird dabei abgleiten«, kam die Antwort Hidetawas und warf Dr. Hegemüller in neue Zweifel und Sorgen. Sicherlich hatte der andere mit seiner Warnung recht. Das amerikanische Schiff hatte ja die Form eines liegenden, nach vorn und hinten zugespitzten Zylinders. Die vordere Schlaufe würde bei dem Manöver, das Hegemüller beabsichtigte, bestimmt standhalten, sich sogar noch fester um den Schiffskörper legen. Die hintere würde aber aller Wahrscheinlichkeit nach abgleiten. Dann aber war die Maschine nicht mehr in der vollen Gewalt der deutschen und die Gefahr ihres Absturzes bedrohlich nahe.
Dr. Hegemüller sah nur einen Ausweg. Man mußte die vordere Trosse stärker anziehen und dadurch verkürzen. Dann würde sie allein beansprucht, wenn er seine Strahlflächen bremsend wirken ließ, und die Gefahr des Abgleitens der hinteren Schlaufe war vermieden. Das Mittel, das allein helfen konnte, erkannte er klar; doch sah er keine Möglichkeit, es anzuwenden. Schon flog das, was er soeben durchdacht hatte, auf Ätherwellen zu dem japanischen Schiff hinüber, und eine überraschende Antwort kam von dort zurück. »Wir werden es von unserem Schiff aus versuchen«, funkte Hidetawa.
Das Staunen Hegemüllers über diese Mitteilung war begreiflich, denn manche der technischen Einrichtungen, die Hidetawa bei seiner Maschine vorgesehen hatte, waren ihm unbekannt. Er wußte nicht, daß Hidetawa, ebenso wie früher schon Dr. Lee, eine Luftschleuse eingebaut hatte, die es gestattete, das Schiff auch in einer verdünnten Atmosphäre zu verlassen oder zu betreten. Auch hatte er nichts davon erfahren, daß das japanische Schiff mehrere Skaphanderanzüge und Fallschirme an Bord hatte. So war es ihm völlig unmöglich, sich eine Vorstellung von dem zu machen, was Hidetawa vorhatte.
Immer näher hatte sich inzwischen das japanische Schiff herangeschoben. Kaum noch einen Meter entfernt lag es jetzt neben der deutschen Maschine, und dann sah Dr. Hegemüller etwas, was ihn den Atem anhalten ließ. Eine Tür öffnete sich an der dem deutschen Schiff zugewandten Seite der japanischen Maschine. Ein Wesen, das ungefähr einem Taucher in voller Ausrüstung glich, wurde sichtbar, wagte einen Sprung und war für den Deutschen nicht mehr sichtbar. War der Tollkühne aus der unendlichen Höhe abgestürzt, oder hatte er die vordere Trosse zu packen bekommen? Das war die Frage, die Hegemüller noch beschäftigte, als eine zweite ebenso gekleidete Gestalt der ersten folgte und das gleiche Schauspiel sich wiederholte. Aber diesmal konnte Hegemüller es deutlich sehen. Dieser hatte sein Ziel verfehlt. In jähem Sturz verschwand er in der Tiefe.
»Doch ein Todesopfer!« durchzuckte es Hegemüller, während schon ein dritter von dem japanischen Schiff den grauenhaften
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