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Fool: Roman (German Edition)

Fool: Roman (German Edition)

Titel: Fool: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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mir Schläge drohten, wenn wir wieder zu den Wagen kamen, und ich war schon darauf vorbereitet. Wenigstens hatte ich auf dem Fest etwas zu Abend gegessen.
    Doch als sich Belette umwandte, um mich fortzuschleifen, blieb er plötzlich stehen. Ich blickte auf und sah, dass der Meister wie erstarrt war und eine Schwertspitze an der Wange hatte, gleich unter seinem Auge. Er ließ meine Haare los.
    »Gute Idee«, sagte Kent, der alte Bulle, und zog sein Schwert zurück, zielte jedoch weiter auf sein Auge.
    Man hörte Münzen auf dem Tisch, und unwillkürlich sah Belette dorthin, obwohl sein Leben in Gefahr war. Ein hirschlederner Beutel von der Größe einer Männerfaust lag vor ihm.
    Der Haushofmeister, ein großer, ernster Mann, der jeden von oben herab betrachtete, stand neben Kent. Er sagte: »Euer Lohn, dazu zehn Pfund, die ihr als Bezahlung für den Jungen akzeptieren werdet.«
    »Aber...«, sagte Belette.
    »Ihr seid ein Wort von Eurer Sterblichkeit entfernt, Sir«, sagte Lear. »Seid so gut, lasst es darauf ankommen!« Er setzte sich aufrecht und majestätisch auf den Thron, eine Hand an der Wange seines kleinen Mädchens, das eben aufgewacht war und sich an seinem Bein festhielt.
    Belette nahm den Beutel, verneigte sich tief und ging rückwärts aus der Halle. Die anderen Mimen meiner Truppe verbeugten sich und folgten ihm hinaus.
    »Wie heißt du, Junge?«, fragte Lear.
    »Pocket, Majestät.«
    »Nun denn, Pocket, siehst du dieses Kind?«
    »Jawohl, Majestät.«
    »Ihr Name ist Cordelia. Sie ist unsere jüngste Tochter und wird von nun an deine Herrin sein. Du hast eine Pflicht vor allen anderen, Pocket, sie glücklich zu machen.«
    »Jawohl, Majestät.«
    »Bringt ihn zu Bubble!«, sagte der König. »Sie soll ihn füttern und baden und ihm neue Kleider beschaffen.«
     
     
    Auf der Straße nach Gloucester sagte Lear: »Was also ist dein Begehr, Pocket? Möchtest du wieder ein reisender Mime sein … die Bequemlichkeit der Burg gegen das Abenteuer der Straße tauschen?«
    »Offenbar habe ich das bereits getan, Oheim«, sagte ich.
    Wir lagerten an einem Bach, der über Nacht zufror. Zitternd saß der alte Mann am Feuer, eingewickelt in seinen Pelzumhang. Da das Fell so dick und der Mann so dünn war, schien es, als würde er langsam von einem wohlfrisierten Tier verschlungen. Nur sein weißer Bart und die Hakennase waren zu erkennen, zwei glimmende Sterne schimmerten mittendrin – seine Augen.
    Schnee fiel um uns herum in einer großen, feuchten Flockenorgie, und mein Wollumhang, den ich mir über den Kopf gezogen hatte, war patschnass.
    »War ich als Vater derart untauglich, dass sich meine Töchter von mir abwenden?«, fragte Lear.
    Wieso nur musste er jetzt in die dunkle Tonne seiner Seele blicken, wenn er sich doch all die Jahre damit zufriedengegeben hatte, schlicht und einfach seinen Bedürfnissen zu folgen und die Konsequenzen demjenigen zu überlassen, der sich ihrer annehmen wollte? Verdammt inopportuner Zeitpunkt für eine Introspektive, nachdem er sein Dach über dem Kopf verschenkt hatte. Doch das sagte ich nicht.
    »Was verstehe ich schon von guter Vaterschaft, Sire? Ich hatte weder Vater noch Mutter. Ich wurde von der Kirche aufgezogen, und die Bande kann mir mal gepflegt im Mondschein begegnen.«
    »Armer Junge«, sagte der König. »Solange ich lebe, sollst du Vater und Familie haben.«
    Ich hätte ihn darauf hinweisen können, dass er selbst erklärt hatte, sein Weg ins Grab sei nun vollendet, und dass ich angesichts seiner Heldentaten bei der Erziehung seiner Töchter vielleicht besser damit fuhr, auch weiterhin als Waisenkind zu leben, doch der greise Herr hatte mich vor dem Leben eines versklavten Wandersmanns gerettet und mir im Palast ein Heim geschenkt, mit Freunden und – wahrscheinlich wohl – so etwas wie einer Familie. Also sagte ich: »Danke, Majestät.«
    Der Alte seufzte schwer und sagte: »Keine meiner drei Königinnen hat mich je geliebt.«
    »Himmelarsch, Lear! Ich bin Hofnarr und kein Zauberer! Wenn Ihr weiter im Morast Eurer Weinerlichkeit abtauchen wollt, dann werde ich Euch das Schwert halten, und Ihr könnt ja mal versuchen, ob Ihr Euren faltigen Arsch so weit in Bewegung setzen könnt, dass Ihr in die Klinge stürzt, damit wir beide etwas Frieden finden.«
    Da lachte Lear – knorrige, alte Eiche, die er war – und klopfte mir auf die Schulter. »Ich könnte von einem Sohn nicht mehr verlangen, als dass er mich in meiner Verzweiflung zum Lachen bringt. Ich leg mich hin.

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