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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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diese Videospielgeschichte, nicht? Ich hab es mir anhand der Zeiten ausgerechnet, zu denen du meine E-Mails beantwortet oder mich angerufen hast.«
    »Du hast es also wirklich gewusst?«
    »Ich bin ja nicht dumm, Leonard.« Sie weinte nicht mehr. »Ich war mir ziemlich sicher, wollte aber nichts sagen, ehe du’s mir nicht von dir aus erzählst.«
    »Es tut mir leid, Mom.«
    Sie gab keine Antwort.
    »Kommst du nach Hause?«
    Er sah zu Jie hinüber. »Ich weiß nicht. Irgendwann schon. Ich muss hier aber erst noch was erledigen.«
    »Und dafür brauchst du meine Hilfe.«
    »Mom, du müsstest einen Transport von Shenzhen nach Mumbai arrangieren.« Mumbai war Schwester Nors Idee gewesen. Jie hatte nur mit den Achseln gezuckt und erwidert, ihr sei das genauso recht wie alles andere. »Ich gebe dir die Containernummer. Und Mr. Alford muss die Hafenbehörde hier anrufen und den Leuten sagen, dass ich befugt bin, den Hafen zu betreten.«
    »Nein, Leonard. Ich kann die Botschaft anrufen, ich kann dich nach Hause holen, aber das … « Er konnte sich bildlich vorstellen, wie sie mit den Händen rang. »Das ist einfach verrückt.«
    »Mom … «
    »Nein.«
    »Mom, hör zu . Hier geht es nicht nur um mich. Ich habe hier Freunde, deren Leben in Gefahr ist. Du kannst die Botschaft gerne anrufen, ich werd aber nicht hingehen. Wenn du mir nicht hilfst, muss ich das alleine versuchen, und, ganz ehrlich, ich glaube nicht, dass ich es schaffe. Ich kann meine Freunde aber nicht im Stich lassen.«
    Sie weinte wieder.
    »Ich werde«, er blickte kurz auf sein Handy, »in drei Stunden im Hafen sein. Ich hab meinen Ausweis dabei, und wenn du das mit der Hafenbehörde hinkriegst, reicht mir das. Die Nummer des Containers ist WENU 432134. Er steht im Westhafen. Hast du die Nummer notiert?«
    »Leonard, das mache ich nicht.«
    » WENU 432134«, wiederholte er sehr langsam zum Mitschreiben und legte auf.
    Insgesamt waren sie zu fünft: Matthew, Jie, Wing, Shirong und Wei-Dong. Jie hatte Matthews Nummer in ihrem Handy gespeichert, und der hatte die anderen zusammengetrommelt. Wing und Shirong kannten sie nicht sonderlich gut, doch sie waren flink genug gewesen, der Polizei zu entkommen. Auf dem Weg zum Bahnhof kauften sie an einem 7-Eleven so viele Lebensmittel ein, wie sie tragen konnten, und baten den verblüfften Kassierer, alles in Kartons zu packen und die Kartons zuzukleben.
    Als sie sich dem Hafen näherten, verstummten die Gespräche, und ihre Schritte verlangsamten sich. Wei-Dong fasste sich ein Herz und ging zum Wachhäuschen. Er hatte seine Mutter nicht mehr zurückgerufen, die Zeit hatte nicht gereicht. Shenzhen versank im Chaos, überall gab es Polizeikontrollen und Demonstrationen und mancherorts regelrechte Aufstände. Schwarze Rauchfahnen kringelten sich in den Himmel.
    Er winkte Wing herbei. Sie hatten sich überlegt, ihn als Übersetzer auftreten zu lassen, damit Wei-Dong mehr wie ein hoffnungsloser Gweilo wirkte, frei von jedem Verdacht. Sie hatten ihm sogar einen Nike-Jogginganzug besorgt – ein billiges chinesisches Imitat, das Wei-Dong an die russischen Gangster auf dem Schwarzmarkt erinnerte.
    Wortlos reichte er der jungen Wache am Tor seinen Hafenpass aus L.A. und seinen amerikanischen Pass, den er die ganze Zeit über sicher bei sich getragen hatte. » WENU 432134«, sagte er. »Container der Reederei Goldberg.«
    Er wartete, bis Wing übersetzt und die englischen Buchstaben zum besseren Verständnis des Wächters auf die eigene Handfläche gekritzelt hatte.
    Nachdem der Wächter einen Blick zu den beiden Polizisten hinübergeworfen hatte, die hinter ihm im Häuschen standen, griff er nach einem verkratzten Tablet- PC , tippte ungeschickt darauf herum und schielte auf Wei-Dongs amerikanischen Pass. Wei-Dong hoffte, dass er keinen schlauen Einfall bekam, etwa, hinten im Pass nach einem chinesischen Visum zu suchen.
    Gleich darauf schüttelte er den Kopf und erklärte: »Ich sehe hier nichts … «
    Wei-Dong spürte, wie Schweiß seinen Rücken hinunterlief. Er verrenkte den Hals, um einen Blick auf den Schirm zu erhaschen. Schließlich sah er, was los war: Die Nummer war falsch eingegeben, da stand WENU 432144. Er zeigte darauf und bat Wing, den Irrtum aufzuklären. Insgeheim dankte er seiner Mutter. Nachdem der Wächter die beiden Nummern miteinander verglichen und die korrekte Nummer eingegeben hatte, schien er bereit, sie durchzulassen.
    Doch einer der Polizisten hielt ihn zurück, schob ihn beiseite, nahm ihm den

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