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Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition)

Titel: Forlorner (Salkurning Teil 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loons Gerringer
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machte und dass es ihm nicht gerade half, wenn sie
ihn jetzt verließ.
    Es war die Kälte, die ihn wieder zu sich gebracht
hatte, die Kälte und vielleicht ein Vogelschrei im Wald. Seine Armbanduhr
zeigte ein Uhr zehn an. In ihrem winzigen, schwachen Lichtschein konnte er
gerade eben Pix am Baumstamm gegenüber erkennen. Sie trug sein graues
Kapuzenshirt und schnarchte leise. Und immer noch erfüllten die Grillen die
Nacht mit ihrem lauten, monotonen, fremdartigen Lied. Nach und nach betäubte es
seinen verkrampften Körper und dann endlich auch seinen aufgewühlten Verstand.
Im Davondriften wurde ihm noch bewusst, dass die Grillen ein neues Ostinato
waren, das an die Stelle des alten getreten war. Vom Rauschen des M25 war
nichts mehr zu hören.

2. Inglewings Reparaturen
     
    1
    „Wach
auf!“
    Beim Klang dieser schrillen Stimme war James Barrett
mit einem Schlag wach, und das war gut, denn so konnte er den Fuß im
erdverkrusteten Samtballerina gerade noch packen, bevor er seine Schulter traf.
    „Lass los !“, kreischte Pix und hopste herum.
    Er stupste ihren Fuß von sich, während sein betäubtes
Gehirn sich zu orientieren versuchte. Mühsam kam er in die Senkrechte, blendete
das Gekreisch des Mädchens aus, das durch seinen Schubs das Gleichgewicht
verloren hatte. Er wischte nasse Blätter von seiner Wange und fühlte sich so
gerädert, dass er sich am liebsten gleich wieder hingehauen hätte, so unbequem
der feuchte, unebene, kalte Boden auch war. Verdammt, es war hell . Oder jedenfalls
war da diese seltsame, schattenlose Helligkeit vor dem Sonnenaufgang, die auch
zu einem Spätnachmittag im November hätte gehören können.
    „Du hast gepennt! Du hast die ganze Nacht gepennt,
gib’s zu! Wie war das mit Wache halten, hä? Von wegen aufpassen, ob irgendwer
hier vorbeikommt!“
    Oh Mann. Sein Nacken schien eingefroren, er konnte den
Kopf kaum drehen. Und ihm war kalt bis in die Knochen. Sechs Uhr
vierundzwanzig. Zuletzt hatte er um fünf Uhr achtundvierzig auf die Uhr
gesehen. „Ich bin nur kurz eingenickt“, krächzte er und rieb sich hustend die
eiskalten Arme. Wo war seine Jacke? Wie konnte man so durchgefroren überhaupt
schlafen? Sein T-Shirt war richtig nass vom Tau.
    „Ach ja? Ich hab mindestens dreimal gebrüllt, dass du
aufwachen sollst, und du hast einfach weitergepennt! Du hättest gar keinen
bemerkt, verdammt!“
    Die Zicke keifte ihn an, obwohl sie erstens selbst
wach hätte bleiben können und zweitens seine graue Kapuzenjacke trug! Nicht zu
fassen.
    „Jacke her!“, grunzte er. „Und krieg dich wieder ein.
Ich hab kaum geschlafen. Wir hätten jeden bemerkt, der hier vorbeigekommen
wäre. Sogar du hättest das. Es war einfach keiner –“ An dieser Stelle wurde er
unsanft von seiner Jacke unterbrochen, die ihm mit Schwung ins Gesicht flog.  „Es
war keiner hier.“
    Er verkroch sich in den Stoff, der zwar auch feucht,
aber wenigstens angewärmt war, und stand auf. Über dem Feld lag weißer Nebel,
man konnte keine zehn Meter weit sehen. Hinter ihm düsterer Wald. Wo waren sie
noch mal? Und was wurde jetzt eigentlich von ihm erwartet?
    „Wo ist Carmino?“
    „Was weiß ich. Vielleicht pinkeln. Sagte, er kommt
gleich wieder.“
    Verdammt, wieso konnte er nicht denken?! Er starrte in
den Nebel und versuchte sich zu konzentrieren. Alice fiel ihm ein und die
Gruppe. Wo waren die? Wie waren sie nach Hause gekommen, ohne den Bus, dessen
Schlüssel in seiner Hosentasche steckten? Und warum hatten sie sie nicht
gefunden? Mann, es war Morgen ! Sie hatten eine ganze Nacht an einem
Feldrand verbracht, weil sie den Weg nicht gefunden hatten – keine
Dreiviertelstunde Autofahrt von London entfernt!
    „Wieso sucht uns keiner?“, fragte Pix hinter ihm.
    Er drehte sich um. Schlotternd stand sie da, die
nackten Arme um sich geschlungen. Die Augenbemalung war in schwarzen Bröckeln
über ihr bleiches Gesicht verteilt. Ein Restchen Schwarz klebte auch noch auf
ihren Lippen.
    „Was ist mit dem Handy?“, fragte er und drängte ein
plötzliches Übelkeitsgefühl zurück.
    „Nichts. Kein Empfang. Angeblich auch kein Anruf –
aber das kann nicht sein. Meine Alte hat garantiert mindestens vierzig Mal
angerufen.“ Sie wich seinem Blick aus, und er sah, dass sie schwarz gefleckte
Blätter in den Haaren hatte. Vom Apfelbaum. „Die hätten uns doch finden
müssen!“
    In das Morgengrau kam allmählich ein Schimmer Farbe.
Er legte den Kopf in den Nacken – knirsch! – und da war hoch über ihnen
das Blau

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