Forschungskreuzer Saumarez
schritt davon, ohne sich auch nur noch einmal umzudrehen. Am liebsten wäre er ja gelaufen, um so schnell wie möglich von diesem Leaburg wegzukommen, aber er zwang sich dazu, langsam und fast gleichgültig zu gehen, als sei nichts Besonderes vorgefallen.
Ein Pakistaner, ein Japaner und ein afrikanischer Pygmäe kreuzten seinen Weg. Sie unterhielten sich lebhaft. Sie trugen 68
die geschickt kopierte Kleidung ihrer Vorfahren. Wenn Tait sich nicht irrte, hatte er sie vorher bei dem brennenden Zelt gesehen.
Er änderte seine Richtung, so daß er neben ihnen ging.
„Was geschah dort drüben?“ fragte er sie.
Sie antworten alle drei fast gleichzeitig.
Tait lachte.
„Der Reihe nach, wenn ich bitten darf. Ich verstehe kein Wort.“
Der Afrikaner begann:
„Einer der Eingeborenen stahl einen Schneidbrenner. Weiß der Teufel, wie er daran kam. Jedenfalls bereitete es ihm ein großes Vergnügen, sämtliche Gegenstände in Brand zu setzen.“
„Ist das eine Charaktereigenschaft?“ wunderte sich der Pakistaner. „Nicht unbedingt“, schüttelte der Japaner den Kopf. „Sie stehlen sehr gern, aber nicht deshalb, weil sie es als eine Art Geschicklichkeitsprobe betrachten, sondern weil es wahrscheinlich zu ihrem Gesellschaftssystem gehört.“
„Und warum“, wollte Tait wissen, „nehmen Sie unsere Geschenke an?“
„Den einen Tag“, entgegnete der Afrikaner, „nehmen sie mit Freuden alles an, was Sie ihnen geben. Am folgenden Tage aber können sie Ihnen die Gurgel dafür abschneiden, weil Sie ihnen eine Zigarette anbieten.“
„Ob das religiöse Gründe haben kann?“ sann Tait vor sich hin. „So eine Art Fastenzeit. Sie dürfen dann nichts annehmen.“
Der Pakistaner nahm seine warme Kopfbekleidung ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Soweit wir wissen, kennen sie keine Religion“, stellte er fest.
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„Schlecht für sie – und uns“, meinte Tait. „Rassen ohne er-kennbare religiöse Prinzipien entpuppen sich stets als besonders unzugänglich.
„Schon“, gab der Japaner zu. „Aber im Grunde genommen sind sie ein freundliches Völkchen. Nur – verstehen wir sie nicht.“
„Sie sind noch nicht erwachsen – nehme ich an“, vermutete Tait. Er liebte es dann und wann, ein wenig zu philosophieren.
„Allerdings weiß ich auch nicht, ob unser Geist und unsere Moral mit dem technischen Fortschritt mitgekommen sind.“ Er lä-
chelte. „Es gibt Minuten, in denen ich es bezweifle.“
„Niemand ist perfekt“, nickte der Pygmäe. „Immerhin betrachten wir heute Atombomben nicht mehr als Abschreckungs-mittel wie das früher geschah. Die Eingeborenen haben ganz andere Probleme – noch.“
„Wem von uns ähneln sie am meisten?“
„Mir nicht!“ sagten alle drei Experten zugleich.
Tait lachte aus vollem Halse. Seine schlechte Laune verschwand mit einem Schlag. Sogar das Problem Martin und Ferrari vergaß er. Seltsam, dachte er, wie gering der Unterschied zwischen Trübsinn und Gelächter sein kann. Der Anblick der drei Experten, die nichts mit den Eingeborenen zu tun haben wollten, war aber auch zu komisch.
„Wem also?“ brachte er mühsam hervor.
Eine heiße Debatte begann zwischen den drei Männern. Lange bevor sie endete, hatte Tait sich verabschiedet und kehrte zur OUTRIDER zurück. Immerhin hatte er herausgefunden, daß unter den Experten keine Einigkeit herrschte und sie bisher nicht einmal die primitivste Grundlage für eine Verständigung erarbeitet hatten.
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*
Über Martin und Ferrari waren inzwischen keine Neuigkeiten eingetroffen.
Die Eingeborenen waren freundlich geblieben und hatten Rossiters Leuten erlaubt, die nahe Stadt – sie lag zwei Meilen stromaufwärts – zu betreten. Aber sie schienen nicht begriffen zu haben, was die Wissenschaftler so eifrig suchten.
Rossiter ließ von der Stadt aus einen scharfen Bericht zu-rückfunken und brach die Suchaktion ab. Er betrachtete seine Aufgabe als erledigt, weil die beiden Gesuchten sich unerlaubt vom Schiff entfernt und alle Folgen ihres Vorgehens selbst zu tragen hatten.
Tait fühlte Nervosität und Ärger zugleich.
Er sah von dem gelben Zettel der Funkstation auf und blickte in das ernste Gesicht McGilligans.
„Nun, Paddy, was sagen Sie dazu?“
„Mir gefällt das nicht, Kommandant. Rossiter hat. nicht die geringste Ahnung, wie man mit diesen Leuten umgehen muß.
Vielleicht hat er wieder soviel um den heißen Brei herumgere-det, daß die Fremden annehmen müssen, unsere beiden Leute seien
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