Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
Vom Netzwerk:
zwinkerte ihren Gefährtinnen fröhlich verschwörerisch zu und folgte Tao in die Küche. Er gab ihr ein großes Stück Schokolade, das er aus der Reserve für den Kapitänstisch abgezweigt hatte, und versuchte ihr das Problem in seinem noch sehr unvollkommenen Spanisch zu erklären, aber sie verstand ihn nicht, genausowenig wie sein Englisch, und er begann die Geduld zu verlieren.
    Azucena Placeres schnupperte an der Schokolade, und ihr rundes Indiagesicht strahlte auf in einem kindlichen Lächeln. Sie nahm die Hand des Kochs, legte sie sich auf eine Brust und deutete zur Kabine der Frauen, die um diese Zeit unbenutzt war, aber er zog seine Hand zurück, nahm dafür die ihre und führte sie zu dem Luk, das hinab in den Kielraum führte. Azucena, halb verwundert, halb neugierig, wehrte sich nur schwach, aber er gab ihr keine Gelegenheit, sich zu weigern, er öffnete das Luk, immerfort lächelnd, um sie zu beruhigen, und nötigte sie die enge Stiege hinunter. Ein paar Augenblicke standen sie in der Dunkelheit, bis er die an einem Balken hängende Laterne fand und entzündete. Azucena mußte lachen: endlich hatte dieser komische Chinese die Bedingungen des Vertrages begriffen. Mit einem Asiaten hatte sie es noch nie gemacht und war sehr neugierig, ob sein Gerät genauso war wie das von anderen Männern, aber der Koch machte keine Anstalten, die Abgeschiedenheit zu nutzen, sondern zog sie durch das Labyrinth aus Ballen und Kisten am Arm hinter sich her. Sie bekam schon Angst, der Mann wäre vielleicht verrückt, und versuchte sich zu befreien, aber er ließ sie nicht los und zwang sie, weiterzugehen, bis die Laterne den Verschlag beleuchtete, in dem Eliza lag.
    »Jesus, Maria und Josef!« rief Azucena aus und bekreuzigte sich entsetzt.
    »Sag ihr, daß sie uns helfen soll«, bat Tao Eliza auf englisch und schüttelte sie, damit sie zu sich kam.
    Eliza brauchte eine gute Viertelstunde, um stammelnd die kurzen Anweisungen Tao Chi’ens zu übersetzen, der inzwischen die Türkisbrosche aus dem Schmucktäschchen gezogen hatte und vor den Augen der zitternden Azucena drehte und wendete. Der Vertrag, sagte er ihr, laute so, daß sie zweimal am Tag hier herunterstieg, um Eliza zu waschen und ihr Essen zu bringen, ohne daß irgend jemand etwas davon erfuhr. Wenn sie das brav erledigte, würde die Brosche in San Francisco ihr gehören, aber wenn sie auch nur ein Wort gegen jemand anderen verlauten ließe, würde er ihr die Kehle durchschneiden. Tao hatte sein Messer aus dem Gürtel gezogen und hielt es ihr vor die Nase, während er mit der anderen Hand die Brosche zwischen den Fingern kreisen ließ, damit die Botschaft auch ganz klar sei.
    »Hast du verstanden?«
    »Sag diesem elenden Chinesen, ich habe verstanden, und er soll dieses Messer wegstecken, damit er mich nicht noch aus Versehen umbringt.«
    Eine Zeitlang, die endlos schien, kämpfte Eliza mit quälenden Fieberphantasien und wurde nachts von Tao Chi’en und am Tag von Azucena Placeres betreut. Die Frau nutzte die frühe Morgenstunde, wenn die meisten Passagiere noch schliefen, und die Siesta, wenn sie dösten, um sich in die Küche zu stehlen, wo Tao ihr den Schlüssel gab. Anfangs stieg sie halbtot vor Angst in den Schiffsbauch hinab, aber bald siegten ihr gesundes Naturell und die Brosche über die Angst. Sie fing an, Eliza täglich mit einem eingeseiften Lappen den Schweiß abzureiben, dann nötigte sie sie, den Milchbrei zu essen und die Hühnerbrühe mit Reis, die Tao Chi’en mit tangkuei anreicherte, sie verabfolgte ihr die Kräuter, wie Tao es angeordnet hatte, und gab ihr dazu aus eigenem Antrieb jedesmal eine Tasse Borretschaufguß. Diesem Mittel vertraute sie blind, wenn der Leib nach einer Schwangerschaft gereinigt werden mußte; Borretsch und ein Bild der Jungfrau von Carmel waren das erste, was sie und ihre Gefährtinnen im Abenteuer in ihre Koffer gepackt hatten, denn ohne diesen doppelten Schutz würden die Wege Kaliforniens wohl sehr schwer zu gehen sein. Die Kranke irrte in den Zwischenräumen des Todes umher bis zu dem Morgen, an dem sie im Hafen von Guayaquil Anker warfen, einer kümmerlichen Ansammlung von Häusern, die die wuchernde äquatoriale Vegetation schon zur Hälfte verschlungen hatte. Hier legten selten Schiffe an, allenfalls, um tropische Früchte oder Kaffee einzuhandeln, aber Kapitän Katz hatte versprochen, einer Familie von holländischen Missionaren einige Briefe zu überbringen. Diese Korrespondenz zu befördern hatte er vor

Weitere Kostenlose Bücher