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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Abendunterhaltung der Sommers vielleicht die einzige dieser Art war. Während er noch überlegte, klatschte Miss Rose in die Hände und kündigte den musikalischen Teil des Abends an. Die Dienstmädchen brachten noch mehr Kandelaber herbei, die den Saal taghell erleuchteten, und bauten Stühle im Halbkreis um ein Klavier, eine Laute und eine Harfe auf, die Damen nahmen Platz, und die Herren stellten sich hinter sie. Ein pausbäckiger Mensch setzte sich ans Klavier, und unter seinen Fleischerhänden erklang eine bezaubernde Melodie, wozu die Tochter des Möbelfabrikanten eine alte schottische Ballade sang, mit einer so makellos schönen Stimme, daß Todd völlig vergaß, wie sehr sie ihn anfangs an eine verschreckte Maus erinnert hatte; die Leiterin der Mädchenschule rezitierte ein unnötig langes patriotisches Gedicht; Rose sang ein paar Schelmenlieder im Duett mit ihrem Bruder John, trotz Jeremys offensichtlicher Mißbilligung, und forderte dann Jacob Todd auf, die Gesellschaft mit etwas aus seinem Repertoire zu erfreuen. Das gab dem neuen Gast Gelegenheit, seine gute Stimme zur Geltung zu bringen.
    »Sie sind ja eine echte Errungenschaft, Mr. Todd! Sie lassen wir nicht wieder los! Sie sind jetzt dazu verurteilt, jeden Mittwoch zu kommen!« rief sie aus, als der Applaus verstummte, und beachtete den törichten Gesichtsausdruck nicht, mit dem der Gast sie ansah.
    Todd fühlte, wie seine Zähne vom Zucker klebten, der Kopf drehte sich ihm, er wußte nicht, was mehr schuld daran war: Roses Bewunderung oder die genossenen Alkoholika und die starke kubanische Zigarre, die er im Gespräch mit Kapitän Sommers geraucht hatte. In diesem Haus konnte man kein Glas und keine Speise ablehnen, ohne den Gastgeber zu beleidigen; er würde bald entdecken, daß dies eine nationale Eigentümlichkeit in Chile war, wo die Gastfreundschaft sich dann äußerte, daß man die Geladenen nötigte, weit über menschliches Fassungsvermögen hinaus zu essen und zu trinken. Um neun Uhr wurde zu Tisch gebeten, sie zogen alle ins Speisezimmer, wo eine weitere Serie von üppigen Gerichten und neuen Desserts sie erwartete.
    Gegen Mitternacht erhoben sich die Damen und zogen sich plaudernd in den Salon zurück, während die Männer im Speisezimmer rauchten und Brandy tranken.
    Dann endlich, als Todd schon drauf und dran war, ohnmächtig zu werden, begannen die Gäste nach ihren Mänteln und ihren Kutschen zu fragen. Die Ebelings, die an seiner vermeintlichen Evangelisierungsmission auf Feuerland lebhaft interessiert waren, boten ihm an, ihn zu seinem Hotel zu bringen, und er nahm sofort an, weil ihn die Vorstellung schreckte, sich in tiefster Dunkelheit von dem betrunkenen Kutscher der Sommers über diese Albtraumstraßen schaukeln zu lassen. Die Fahrt kam ihm endlos vor, er fühlte sich außerstande, sich auf die Unterhaltung zu konzentrieren, so übel wie ihm war mit seinem revoltierenden Magen.
    »Meine Frau wurde in Afrika geboren, sie ist die Tochter eines Missionarsehepaares, das dort den wahren Glauben verbreitet; wir wissen, wie viele Opfer das mit sich bringt, Mr. Todd. Wir hoffen, Sie gewähren uns das Privileg, Sie bei Ihrem edlen Wirken unter den Eingeborenen zu unterstützen«, sagte Mr. Ebeling feierlich beim Abschied.
    In dieser Nacht konnte Jacob Todd nicht schlafen, Rose Sommers’ Bild verfolgte ihn unbarmherzig, und als der Morgen graute, hatte er beschlossen, ihr ernsthaft den Hof zu machen. Er wußte nichts von ihr, aber das kümmerte ihn nicht, vielleicht war es sein Schicksal, eine Wette zu verlieren und bis nach Chile zu reisen, nur um seine zukünftige Ehefrau kennenzulernen. Er wäre schon am gleichen Tag zur Tat geschritten, aber er kam vom Bett nicht hoch, weil schwere Koliken ihn heimsuchten. So lag er einen Tag und eine Nacht, abwechselnd bewußtlos oder von Schmerzen gepeinigt, bis er es, alle Kraft zusammennehmend, endlich schaffte, sich zur Tür zu schleppen und um Hilfe zu rufen. Auf seine Bitte schickte der Geschäftsführer des Hotels einen Boten zu den Sommers, Todds einzigen näheren Bekannten in der Stadt, und hieß einen Diener das Zimmer säubern, das wie ein Maultierstall roch. Gegen Mittag erschien Jeremy Sommers im Hotel, begleitet von dem bekanntesten Bader von Valparaíso, der über einige Kenntnisse des Englischen verfügte und der Todd erklärte, nachdem er ihn an Armen und Beinen bis zum Weißbluten zur Ader gelassen hatte, daß alle Ausländer, die zum erstenmal den Boden Chiles beträten, krank

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