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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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einhüllte und nur den Kopf und die Hände freiließ. Miss Rose trug außerdem ein steifes Korsett aus Fischbein, das so eng war, daß sie weder tief atmen noch die Arme über Schulterhöhe heben konnte, sie konnte sich auch nicht allein anziehen oder sich bücken, weil dann die Fischbeinstäbe brechen und sich ihr wie Nadeln ins Fleisch bohren würden. Dieses Bad war übrigens das einzige in der Woche, eine Zeremonie vergleichbar nur der Haarwäsche am Samstag, die jeder Vorwand umstoßen konnte, weil sie als gefährlich für die Gesundheit angesehen wurde. An den anderen Wochentagen benutzte Miss Rose Seife mit Vorsicht, sie zog es vor, sich mit einem mit Milch getränkten Schwamm abzureiben und sich mit einem Eau de toilette zu erfrischen, das mit Vanille parfümiert war und das sich, wie sie gehört hatte, seit den Tagen der Madame Pompadour in Frankreich unverminderter Beliebtheit erfreute; Eliza hätte sie mit geschlossenen Augen aus einer Menschenmenge herausgefunden, weil sie so schön nach Dessert duftete. Auch als sie die dreißig überschritten hatte, behielt sie noch diese zarte, durchsichtige Haut, wie viele junge Engländerinnen sie haben, bevor sie im Licht der Welt und unter der eigenen Arroganz zu Pergament wird. Sie pflegte ihre Erscheinung mit Rosenwasser und Zitrone, um die Haut aufzuhellen, verwendete Hamamelissalbe, um sie geschmeidig zu machen, Kamille, um den Haaren Glanz zu geben, und eine Auswahl von exotischen Balsamen und Lotionen, die Bruder John ihr aus dem Fernen Osten mitgebracht hatte, wo die schönsten Frauen der Welt lebten, wie er sagte. Sie erfand Kleider, zu denen sie sich von den Modezeitschriften aus London anregen ließ, und schneiderte sie selbst in ihrem Nähstübchen; mit Intuition und Witz veränderte sie ihre Kleidung mit immer denselben Bändern, Blumen und Federn, die ihr jahrelang dienten, ohne veraltet zu wirken. Sie benutzte keinen schwarzen Umhang, wenn sie ausging, wie die Chileninnen es tun, eine Sitte, die sie für eine Verirrung hielt, sie zog ihr kurzes Cape und ihre Sammlung von Hüten vor, obwohl sie auf der Straße angesehen wurde, als wäre sie eine Halbweltdame.
    Entzückt, ein neues Gesicht auf der allwöchentlichen Gesellschaft zu sehen, verzieh Miss Rose den unverschämten Kuß, nahm Jacob Todds Arm und führte ihn zu einem runden Tisch, der in einer Ecke des Saales stand. Sie ließ ihn zwischen verschiedenen alkoholischen Getränken wählen und bestand darauf, er müsse ihren Mistela kosten, ein eigenartiges Gebräu aus Branntwein, Zimt und Zucker, das zu schlucken er sich außerstande sah, weshalb er es heimlich in einen Blumentopf kippte. Dann stellte sie ihn den übrigen Gästen vor: Mr. Applegreen, Möbelfabrikant, begleitet von seiner Tochter, einem farblosen, schüchternen jungen Ding; Madame Colbert, Leiterin einer englischen Mädchen– schule; Mr. Ebeling, Besitzer des besten Geschäfts für Herrenhüte, und seine Gattin, die sich auf Todd stürzte und ihn dringlich um Nachrichten von der englischen königlichen Familie bat, als handelte es sich um ihre Verwandten. Er lernte auch die Chirurgen Page und Poett kennen.
    »Die Ärzte arbeiten mit Chloroform!« klärte Miss Rose ihn bewundernd auf.
    »Hier ist das noch eine Neuheit, aber in Europa hat das Chloroform die medizinische Praxis revolutioniert«, erläuterte einer der Chirurgen.
    »Soviel ich weiß, wendet man es in England regelmäßig bei der Geburtshilfe an. Hat man es nicht auch bei Königin Viktoria benutzt?« fragte Todd, nur um etwas zu sagen, denn er hatte von dem Thema keine Ahnung.
    »Hier sträuben sich die Katholiken heftig dagegen. Der biblische Fluch, der über der Frau hängt, heißt unter Schmerzen gebären, Mr. Todd.«
    »Finden Sie das nicht ungerecht, meine Herren? Der Fluch des Mannes ist es, im Schweiße seines Angesichts zu arbeiten, aber in diesem Salon, da braucht man gar nicht weit zu gehen, verdienen sich die Herren ihren Lebensunterhalt mit dem Schweiß anderer«, entgegnete Miss Rose und errötete tief.
    Die beiden Chirurgen lächelten unbehaglich, aber Todd beobachtete Miss Rose hingerissen. Er wäre am liebsten die ganze Nacht an ihrer Seite geblieben, obwohl es auf einer Gesellschaft in London korrekt war, wie Jacob Todd sich erinnerte, um Mitternacht zu gehen. Er merkte aber, daß bei diesem Zusammensein die Gäste zum Bleiben entschlossen sein schienen, und er vermutete, daß der gesellschaftliche Kreis sehr begrenzt sein mußte und die wöchentliche

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