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Fortunas Tochter

Fortunas Tochter

Titel: Fortunas Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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köstlichen Düften seiner heimischen Gerichte, und man hörte verschiedene Dialekte, vor allem Kantonesisch.
    Für Eliza dagegen war es, als wäre sie auf einen fremden Planeten geraten, sie verstand nicht ein Wort, und ihr schien, alle Welt müsse furchtbar wütend sein, weil sie unter viel Geschrei so wild gestikulierten. Auch hier sah sie keine Frauen, aber Tao zeigte ihr ein paar winzige vergitterte Fenster, hinter denen verzweifelte Gesichter zu erkennen waren. Er war zwei Monate mit keiner Frau zusammengewesen, und diese riefen ihn, aber er kannte die Verheerungen zu gut, die Geschlechtskrankheiten anrichteten, als daß er es mit einer von so armseliger Sorte riskiert hätte. Es waren Bauernmädchen, für ein paar Münzen gekauft und aus den entferntesten Provinzen Chinas hierher verschleppt. Er dachte an seine Schwester, die sein Vater verkauft hatte, und er krümmte sich unter einer Woge der Übelkeit.
    »Was hast du, Tao?«
    »Schlechte Erinnerungen… Diese Mädchen sind Sklavinnen.«
    »Ich denke, in Kalifornien gibt es keine Sklaven?«
    Sie betraten ein Speisehaus, das sich durch die traditionellen gelben Bänder auswies. Innen gab es einen langen Tisch, an dem dicht an dicht Männer saßen und hastig schlangen. Der Klang der Stäbchen gegen die Eßnäpfe und die lautstarke Unterhaltung waren Musik in Taos Ohren. Sie warteten stehend in Doppelreihe, bis sie sich setzen konnten. Lange auswählen galt nicht, jeder nahm, was ihm erreichbar war. Man brauchte einige Geschicklichkeit, um den Napf im Fluge zu erwischen, bevor ein Flinkerer ihn wegschnappte, aber Tao Chi’en gelang es, einen für Eliza und einen für sich zu erbeuten.
    Sie betrachtete mißtrauisch eine grünliche Flüssigkeit, in der bleiche Fasern und gallertartige Mollusken schwam– men. Sie war stolz darauf, jede Zutat am Geruch zu erkennen, aber dies da schien ihr nicht einmal eßbar zu sein, es sah aus wie Sumpfwasser mit Kaulquappen.
    Immerhin bot es den Vorteil, keine Stäbchen zu benö– tigen, man schlürfte es einfach aus dem Napf. Der Hunger war stärker als ihr Ekelgefühl, und sie getraute sich, es zu probieren, während hinter ihr eine Reihe von ungeduldi– gen Gästen sie mit Geschrei zur Eile drängten. Das Gericht erwies sich als köstlich, und sie hätte gern mehr davon gegessen, aber Tao ließ ihr keine Zeit und zog sie am Arm nach draußen. Sie folgte ihm zuerst durch die Läden des Viertels, wo er die Bestände in seiner Arzt– tasche auffüllte und mit den wenigen chinesischen Kräu– terkundigen sprach, die in der Stadt tätig waren, und dann zu einer Spielhölle, einer der vielen, die es alle naslang gab. Diese war ein Holzhaus mit Luxusanspruch und dekoriert mit Bildern von halbbekleideten üppigen Frauen. Der Goldstaub wurde gewogen und gegen Münzen getauscht, sechzehn Dollar per Unze, oder man setzte einfach den vollen Beutel auf den Tisch.
    Nordamerikaner, Franzosen und Mexikaner bildeten die Mehrheit der Gäste, aber es gab auch Abenteurer aus Hawaii, Chile, Australien und Rußland. Die beliebtesten Spiele waren das Monte mexikanischer Herkunft, Lans– quenet und Vingt-et-un. Da die Chinesen ihr fan tan bevorzugten und nur ein paar Cents riskierten, waren sie an den Tischen mit den hohen Einsätzen nicht eben willkommen. Man sah nicht einen einzigen Neger spielen, obwohl einige Musik machten oder Getränke servierten; wie Tao und Eliza später erfuhren, bekamen Neger, wenn sie eine Bar oder eine Spielhölle betraten, einen Schluck gratis und mußten dann gehen, oder sie wurden mit Schüssen hinausgejagt. Drei Frauen waren in dem Salon, zwei Mexikanerinnen mit großen glänzenden Augen und ganz in Weiß gekleidet, die eine Zigarette nach der andern rauchten, und eine Französin in engem Korsett, stark geschminkt, hübsch und ein wenig reif. Sie gingen von Tisch zu Tisch, animierten zum Spielen und zum Trinken und verschwanden häufig am Arm eines Gastes hinter einem Vorhang aus schwerem, rotem Brokat. Tao Chi’en erfuhr, daß sie eine Unze Gold für eine Stunde ihrer Gesellschaft in der Bar berechneten und mehrere hundert Dollar für die ganze Nacht mit einem einsamen Mann, aber die Französin war teurer und gab sich mit Chinesen oder Negern gar nicht erst ab.
    Eliza, unauffällig in ihrer Verkleidung eines chinesi–schen Jungen, setzte sich erschöpft in eine Ecke, während er sich mit dem einen oder anderen unterhielt und so Einzelheiten über das Gold und das Leben in Kalifornien erfuhr. Für Tao

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