Foules Spiel: Ein Nürnberger Fußballkrimi (German Edition)
anderes.
»Lassen Sie uns bitte einen Moment allein«, bat Charlotte die Verkäuferinnen, die sich daraufhin hinter einen dicken Vorhang an der Rückseite des Ladens zurückzogen.
»Wir sollten nach Hause fahren«, schlug Charlotte vor.
Dana nickte. Dann sagte sie unvermittelt: »Ich habe Hunger. Ich weiß ein kleines Restaurant, oben an der Sebalduskirche. Da sind wir sicher.« Sie warf Charlotte einen eigentümlichen Blick zu, fügte noch hinzu: »Ich lade Sie ein.«
Charlotte wollte widersprechen, war aber froh, dass Dana die Episode nicht allzu ernst zu nehmen schien, und stimmte zu. Sie dankten den Verkäuferinnen und verließen den Laden. Charlotte sah sich sorgfältig um, aber die Frau war nirgends zu sehen. Sie schlug vor, ein Taxi zu nehmen, doch Dana wollte laufen. »Es sind nur ein paar 100 Meter«, sagte sie.
Sie gingen über den Schleifersteg und überquerten die beiden Arme der Pegnitz, stiegen die Karlstraße hoch Richtung Burg. Am Weinmarkt blieb Dana vor einem schmalen Fachwerkhaus stehen und zog an einer altertümlichen Klingel. Essigbrätlein stand groß über dem Lokal. Witziger Name , dachte Charlotte und wollte einen Blick auf die handgeschriebene Speisekarte werfen. Doch da öffnete sich die Tür.
Auch hier war Dana bekannt und ein gern gesehener Gast. Charlotte wurde ebenfalls ausgesprochen herzlich begrüßt. Sie gelangten in eine winzige Gaststube, in der höchstens 30 Menschen Platz hatten. Charlotte verstand sofort, warum Dana sich hier sicher fühlte. Es herrschte eine heimelige Atmosphäre, beinahe wie in einem Wohnzimmer.
Als sie die Preise auf der Speisekarte sah, wurde sie blass. Dana schien es bemerkt zu haben, denn sie legte ihr eine Hand auf den Arm und sagte leise: »Keine Bange, ich kann mir das locker leisten.«
Das Essen war ausgezeichnet. Dana hatte sich mit einem fragenden Blick auf Charlotte ein Glas Weißwein zum Fisch bestellt. Der Alkohol löste allmählich ihre Angespanntheit. Charlotte hoffte, sie würde dadurch mehr von Dana erfahren, doch das Model rückte nichts heraus, was Charlotte nicht schon wusste. Vermutlich hegte sie durch ihren Job ein grundsätzliches Misstrauen gegen fremde Menschen. Charlotte seufzte innerlich. Es würde eine schwere Aufgabe werden, etwas aus Dana herauszubekommen.
IV
P atrick hasste Nürnberg. Die Wohnung war zwar gemütlich, aber deutlich kleiner als die in München. Nur sein Zimmer war tatsächlich größer – wie seine Mutter es versprochen hatte. Auch die Wohnküche war okay, eigentlich sogar recht gemütlich. Doch damit hörten die Vorteile bereits auf. Das Viertel, in dem sie jetzt wohnten, erinnerte nicht im Geringsten an Manchester, alles wirkte spießig und öde. Da hatte Mama schlichtweg gelogen.
Die Schule war wirklich nur gut zehn Minuten entfernt, aber die Schüler dort waren das Letzte. Seit knapp drei Wochen ging Patrick nun in die Adam-Kraft-Realschule, doch bisher hatte er niemanden gefunden, mit dem er mehr als fünf Worte gewechselt hätte. Seine Klasse bestand aus zwei Gruppen, in die kein Hineinkommen möglich schien. Die Schüler der Parallelklasse beachteten ihn überhaupt nicht und auch sonst hatte er bisher keinen Anschluss gefunden. Patrick redete sich ein, dass es ihm egal war.
Seine einzige Hoffnung war das Versprechen seiner Mutter, ihn in den nächsten Tagen mit Eric Rasmussen bekannt zu machen. Hoffentlich hatte sie nicht lauter peinliche Dinge über ihn erzählt. Obwohl – nein, das war unfair. Mama war im Prinzip in Ordnung. Patrick wusste nicht, was genau in München vorgefallen war, doch es musste etwas Schlimmes gewesen sein, sonst hätte sie nicht Knall auf Fall ihren Job verlassen. Sie war Polizistin aus Leidenschaft, da schmiss man nicht einfach so hin.
Laut seiner Mutter hatte Erics Freundin ihm vorgeschlagen, Patrick doch mal zu einem Spiel oder einem Training mitzunehmen. Das fand Patrick klasse. Der Stürmer hatte zwar seine Glanzzeiten längst hinter sich, dennoch war es sicher interessant, mit ihm über Fußball zu reden. Vor allem könnten sie über ManU reden; die waren allemal spannender als der Versager-Club der Nürnberger. Zwar hatte der FCN das letzte Spiel gegen Hannover gewonnen, noch dazu auswärts, aber am Ende der Saison würden sie ja doch wieder absteigen. Und es wäre besser für alle Beteiligten, wenn sie endgültig in der 2. Bundesliga blieben. Da war Patrick sich sicher.
Anfang Februar durfte Patrick seine Mutter bei der Arbeit besuchen. Von dem, was sie ihm
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