Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
nackt war. »Darf ich fragen, warum du die Fabrik geschlossen hast?«
Billikan schien nahe daran, in Ohnmacht zu fallen. »Gott im Himmel«, sagte er, »es ist Vater. Wo in aller Welt kommst du her?«
»Vom Friedhof«, röhrte Billikan senior. »Woher sonst? Die Leute steigen dort zu Dutzenden aus den Gräbern. Alle nackt. Auch Frauen.«
Billikan räusperte sich. »Ich werde dir etwas zum Anziehen besorgen, Vater. Ich hole dir Kleider von zu Hause.«
»Das eilt nicht. Zuerst kommt das Geschäft!«
R. E. erwachte aus seinen Überlegungen. »Steigen alle Leute zur gleichen Zeit aus ihren Gräbern, Sir?«
Er betrachtete den alten Billikan neugierig. Die Erscheinung des alten Mannes hatte etwas Robustes. Sein Gesicht war gefurcht, aber es war rot und gesund. Sein Alter, schloß R. E. war genau, was es im Augenblick seines Todes gewesen war, aber sein Körper war so, wie er in diesem Alter hätte sein können, wenn er vollständig gesund gewesen wäre.
Billikan senior sagte: »Nein, Mister, das tun sie nicht. Die neueren Gräber öffnen sich zuerst. Pottersby starb fünf Jahre vor mir und kam ungefähr fünf Minuten nach mir heraus. Sein Anblick vertrieb mich vom Friedhof. Ich hatte schon genug von ihm, als… Und da fällt mir noch etwas ein.« Er schlug mit seiner Faust auf den Schreibtisch. »Es gab keine Taxis und keine Busse. Die Telefone funktionierten auch nicht. Ich mußte gehen. Zu Fuß mußte ich zwanzig Meilen gehen!«
»So wie du bist?« fragte sein Sohn mit schwacher, angewiderter Stimme.
Billikan senior blickte an seinem bloßen Körper herab, aber es war nur der beiläufige und flüchtige Blick eines Mannes, der seinen Anzug auf ordentlichen Sitz überprüft. »Es ist warm draußen. Fast alle laufen nackt herum… Aber ich bin nicht gekommen, um Konversation zu treiben, Junge. Warum ist die Fabrik geschlossen?«
»Sie ist nicht geschlossen. Es ist ein besonderer Anlaß.«
»Besonderer Anlaß, daß ich nicht lache! Sofort rufst du die Gewerkschaft an, daß im Manteltarifvertrag nichts vom Auferstehungstag steht. Jedem Arbeiter, der nicht sofort an seinem Arbeitsplatz erscheint, wird der Lohn gekürzt. Für jede Minute, die er seiner Arbeit ferngeblieben ist!«
Billikans hageres Gesicht nahm einen trotzigen Ausdruck an. »Das werde ich nicht tun, Vater. Vergiß nicht, daß du in dieser Fabrik keine Befehlsgewalt mehr hast. Ich bestimme.«
»So, meinst du? Mit welchem Recht?«
»Durch dein eigenes Testament.«
»Schon gut. Aber jetzt bin ich hier, und ich erkläre mein Testament für null und nichtig.«
»Das kannst du nicht, Vater. Du bist tot. Vielleicht siehst du nicht tot aus, aber ich habe Zeugen. Ich habe den Totenschein des Arztes. Ich habe die quittierte Rechnung vom Beerdigungsinstitut. Und ich kann mir von den Sargträgern Zeugenerklärungen besorgen.«
Billikan senior starrte seinen Sohn an, setzte sich mit übergeschlagenen Beinen auf einen Stuhl und legte einen Arm lässig über die Lehne. »Wenn man es so sehen will, sind wir alle tot, nicht wahr? Die Welt hat aufgehört zu bestehen, nicht wahr?«
»Aber du bist legal für tot erklärt und ich nicht.«
»Oh, das läßt sich ändern, mein Junge. Von uns werden bald mehr da sein als von euch, und die Stimmenmehrheit entscheidet.«
Billikan junior ließ seine flache Hand auf den Schreibtisch klatschen und errötete leicht. »Vater, es fällt mir schwer, davon anzufangen, aber du zwingst mich dazu. Darf ich dich daran erinnern, daß Mutter inzwischen zu Hause sitzen und auf dich warten wird? Daß sie wahrscheinlich auch – äh – nackt durch die Straßen gehen mußte und möglicherweise nicht in bester Stimmung ist?«
Billikan senior wurde bleich. »Gott im Himmel!«
»Und du weißt, sie wollte immer, daß du dich aus dem Geschäft zurückziehst.«
Billikan senior gelangte rasch zu einer Entscheidung. »Ich gehe nicht nach Hause. Das ist ja furchtbar, ein Alptraum! Gibt es denn bei diesem Auferstehungsgeschäft keine Grenzen? Es ist reine Anarchie. Man kann so etwas auch übertreiben. Nein, ich bleibe hier.«
In diesem Moment betrat ein rundlicher Herr mit einem glatten rosa Gesicht und flauschigen weißen Bartkoteletten den Raum und sagte kühl: »Guten Tag.«
»Vater«, sagte Billikan senior.
»Großvater«, sagte Billikan junior.
Großvater Billikan blickte seinen Enkel mißbilligend an. »Wenn du mein Enkel bist«, erklärte er, »bist du beträchtlich gealtert, und dein Aussehen hat sich nicht gerade zu deinen
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