Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
mein Sohn ist in der Armee. Ich bin zu alt, um jetzt noch ein Baby zu haben. Und selbst wenn – selbst wenn…«
Sie kämpfte gegen die Tränen und unterlag. Ihr Mann sagte tonlos: »Es ist kein richtiges Baby. Es schreit nicht. Es beschmutzt sich nicht. Es nimmt keine Milch an. Was sollen wir machen? Es wird nie heranwachsen; es wird immer ein Baby bleiben.«
R. E. schüttelte seinen Kopf. »Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich fürchte, ich kann Ihnen da auch nicht helfen.«
Leise ging er hinaus. Er mußte an die Krankenhäuser denken. Dort mußten die Babys jetzt zu Tausenden erscheinen.
Am besten, man bringt sie in Wandregalen unter, dachte er zynisch. Man kann sie wie Brennholz aufstapeln. Sie brauchen keine Pflege. Ihre kleinen Körper sind nichts als Verwahrer eines unzerstörbaren Lebensfunkens.
Wieder auf der Straße, sah er zwei ungefähr gleichaltrige kleine Jungen. Er schätzte sie auf zehn Jahre. Der Körper des einen war nackt und schimmerte weiß im sonnenlosen Licht. Der zweite war bekleidet. R. E. blieb stehen, um ihren schrillen Stimmen zuzuhören.
Der Nackte sagte gerade: »Ich hatte Scharlach.«
Der andere fixierte ihn neiderfüllt. »Was du nicht sagst.«
»Darum bin ich gestorben.«
»Haben sie dir denn kein Penicillin oder sowas gegeben?«
»Was?«
»Das ist eine Medizin.«
»Davon habe ich noch nie gehört.«
»Mensch, du hast überhaupt von nichts eine Ahnung!«
»Ich weiß genausoviel wie du.«
»Ja? Wer ist denn Präsident der Vereinigten Staaten?«
»Warren Harding.«
»Du bist ja bescheuert. Es ist Johnson.«
»Wer ist das?«
»Hast du schon mal TV angeschaut?«
»Was soll das sein?«
Der angezogene Junge stieß ein ohrenbetäubendes Hohngeschrei aus. »Das Fernsehen. Das ist etwas, das du nur einzuschalten brauchst, dann siehst du Filme, Cowboys, Zirkus, Weltraumschiffe – alles, was du willst.«
»Zeig es mir. Das möchte ich sehen.«
Nach einer verlegenen Pause sagte der Junge aus der Gegenwart: »Es funktioniert nicht.«
Der andere Junge kreischte vor Verachtung und Spott. »Es hat noch nie funktioniert. Ich wette, du hast es nur erfunden, du Angeber.«
R. E. zuckte die Achseln und setzte seinen Weg fort. Als er den Stadtrand hinter sich hatte und dem Friedhof näher kam, wurde die Menschenmenge dünner. Alle Leute, denen er jetzt noch begegnete, strebten der Stadt zu, und alle waren nackt.
Ein Mann hielt ihn an; ein fröhlicher Mann mit gesunder Gesichtsfarbe und weißem Haar.
»Ich grüße dich, Bruder!«
»Hallo«, sagte R. E.
»Du bist der erste bekleidete Mensch, Bruder, den ich sehe. Du warst lebendig, als die Posaune ertönte, nicht wahr?«
»Ja, das stimmt.«
»Nun, ist es nicht herrlich? Ist es nicht beglückend? Komm und erfreue dich mit mir, Bruder.«
»Dies alles gefällt Ihnen wohl, wie?« fragte R. E.
»Ob es mir gefällt? Eine reine und strahlende Freude erfüllt mich. Wir bewegen uns im Licht des ersten Tages; in dem Licht, das vor der Sonne, dem Mond und den Sternen dawar. Da ist die angenehme Wärme, die zu den größten Vorzügen des Paradieses gehört haben muß; keine enervierende Hitze oder barbarische Kälte mehr! Männer und Frauen gehen unbekleidet durch die Straßen und schämen sich nicht. Alles ist gut, mein Freund, alles ist gut.«
R. E. sagte: »Nun, das scheint wahr zu sein. Ich habe mich noch nicht einmal nach einer nackten Frau umgedreht. Diese ganze Zurschaustellung weiblicher Reize ist mir noch gar nicht aufgefallen.«
»Natürlich nicht, Bruder«, sagte der andere. »Lust und Sünde, deren wir uns aus unserer irdischen Existenz erinnern, kann es nicht mehr geben. Ich will dir sagen, Freund, wer ich in der Zeit meiner Erdentage war. Mein Name war Winthrop Hester. Ich wurde 1812 geboren und starb 1884. Die letzten vierzig Jahre meines Lebens mühte ich mich, meine kleine Herde in das ewige Königreich zu führen, und jetzt gehe ich, um die zu zählen, die ich gewonnen habe.«
R. E. betrachtete den Ex-Prediger ernst. »Das Jüngste Gericht hat noch nicht stattgefunden.«
»Wieso nicht? Der Herr schaut uns allen in die Seele, und im Augenblick, da die Welt zu bestehen aufgehört hat, wurden alle Menschen gerichtet, und wir sind die Auserwählten.«
»Dann müssen ziemlich viele auserwählt sein.«
»Im Gegenteil, mein Sohn, die Auserwählten sind nur ein Rest.«
»Ein ziemlich großer Rest, wie mir scheint. Soweit ich feststellen kann, werden alle zum Leben erweckt. In der Stadt habe ich einige ziemlich
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