Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
als er hörte, wie sich die Tür öffnete. Als Susan Calvin eintrat, stand er schon aufrecht.
Sie machte einen Augenblick halt, um das riesige Schild mit der Aufschrift ›Eintritt verboten‹ außerhalb der Tür aufzuhängen. Dann näherte sie sich dem Robot.
»Ich habe dir die Lehrbücher, die sich mit hyperatomischen Motoren beschäftigen, gebracht, Herbie – wenigstens ein paar davon. Würde es dir Spaß machen, sie dir einmal anzusehen?«
RB 34 – der auch unter dem Namen Herbie lief – nahm ihr die drei schweren Bücher ab und schlug die Titelseite des obersten auf.
»Hm! ›Die Theorie der Hyperatomie‹.« Er murmelte ein paar unverständliche Worte vor sich hin, während er in dem Buche blätterte, und sagte dann geistesabwesend: »Setzen Sie sich, Dr. Calvin! Für diese Sache hier werde ich immerhin ein paar Minuten brauchen.«
Die Psychologin nahm Platz. Sie beobachtete Herbie, der nun einen Stuhl nahm, sich ihr gegenüber auf die andere Seite des Tisches setzte und systematisch die verschiedenen Bücher durchging, mit angespannter Aufmerksamkeit.
Nach einer halben Stunde legte er die Bücher auf die Seite. »Natürlich weiß ich, warum Sie mir diese Bücher gebracht haben.«
Dr. Calvins Mundwinkel zuckten. »Ich fürchtete, du würdest es wissen. Es ist schwierig, mit dir zu arbeiten, Herbie. Du bist mir immer mindestens einen Schritt voraus.«
»Wissen Sie, mit diesen Büchern ist es genauso wie mit allen anderen. Sie interessieren mich einfach nicht. In Ihren Lehrbüchern steht nichts drin. Ihre Wissenschaft ist lediglich eine Masse gesammelter Fakten, die von einer Behelfstheorie notdürftig zusammengehalten werden. Alles erscheint mir so ungeheuer einfach, daß es eigentlich nicht der Mühe wert ist, sich damit abzugeben.
Was mich sehr interessiert, sind Ihre Romane. Ihre Studien über die Zusammenhänge zwischen menschlichen Motiven und Gefühlsregungen.« Seine mächtigen Hände gestikulierten unsicher, während er nach den passenden Worten suchte.
Dr. Calvin flüsterte: »Ich glaube, ich verstehe, was du meinst.«
»Ich kann Gedanken lesen, nicht wahr?« fuhr der Robot fort. »Und Sie machen sich nur gar keine Vorstellung, wie kompliziert solche Gedanken sind. Ich kann nur ganz wenige verstehen, weil ich selbst ja so wenig mit dieser Art von Denken gemein habe – aber ich versuche mein Bestes, und dabei hilft mir das Lesen von Romanen.«
»Das stimmt schon. Nur fürchte ich, daß, wenn du einmal die ganzen haarsträubenden Gefühlserlebnisse unserer Gegenwartsromane genossen hast« – ihre Stimme hatte einen eigenartigen Klang von Bitterkeit –, »du wirkliche Gefühle und Gedanken ziemlich langweilig und farblos finden wirst.«
»Aber das stimmt ja gar nicht.«
Die plötzliche Kraft, die in dieser Antwort lag, ließ Dr. Calvin aufspringen. Sie spürte, daß sie errötete, und dachte verzweifelt: Er muß es wissen.
Herbie sank in sich zusammen. Mit leiser Stimme, in der nichts mehr von dem metallischen Timbre zu hören war, murmelte er: »Aber natürlich weiß ich das, Dr. Calvin. Sie denken ja dauernd daran. So muß ich es doch wissen.«
Ihr Gesicht wurde hart. »Hast du – es irgend jemand erzählt?«
»Selbstverständlich nicht.« Dies kam mit ehrlicher Überraschung heraus. »Keiner hat mich doch danach gefragt.«
»Nun«, fuhr sie los, »so glaubst du wohl, daß ich eine Törin bin?«
»Nein. Es ist eine normale Regung.«
»Vielleicht ist sie gerade deshalb so töricht.« Die Sehnsucht, die in ihrer Stimme lag, war stärker als alles andere, und für einen Augenblick wurde sie ganz und gar von ihrer Weiblichkeit beherrscht. »Ich bin ja nicht das, was man hübsch nennen würde.«
»Wenn Sie ausschließlich körperliches Hübschsein meinen, so kann ich darüber kein Urteil abgeben. Auf alle Fälle weiß ich, daß es ja noch andere Dinge gibt, die einen Menschen anziehend machen.«
»Noch bin ich jung.« Dr. Calvin hatte die Worte des Robots kaum gehört.
»Sie sind noch nicht einmal vierzig.« Ein ängstliches Drängen war in des Robots Stimme deutlich hörbar.
»Achtunddreißig, wenn man die Jahre zählt… aber eine verschrumpfte Sechzigerin, wenn es sich um meine gefühlsmäßige Einstellung der Welt gegenüber handelt. Bin ich vielleicht umsonst Psychologin?«
Bitter und atemlos fuhr sie fort: »Und er ist kaum fünfunddreißig und noch jünger, wenn man sein Äußeres und die Art seines Handelns betrachtet. Glaubst du vielleicht, er kann jemals was anderes
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