Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
Unterschied, der – wie ich fürchte – für unsere Zwecke vielleicht ein wenig zu subtil sein wird. Für zweiundsechzig dieser Robots war die Notwendigkeit, vorwärts zu springen und dem anscheinend gefährdeten menschlichen Wesen zu Hilfe zu kommen, das, was wir eine Zwangsreaktion nennen. Verstehen Sie – selbst als die Robots wußten, daß der betreffende Mensch in Wirklichkeit nicht verletzt werden würde – und bestimmt wußten sie dies nach dem dritten und vierten Male –, konnten sie es nicht verhindern so zu reagieren, wie sie es taten. Das Erste Gesetz zwingt sie dazu.«
»Nun?«
»Der dreiundsechzigste Robot aber, der modifizierte Nestor, empfand keinen derartigen Zwang. Er konnte frei handeln. Hätte er gewollt, er hätte sitzenbleiben können. Unglücklicherweise« – und hier bekam seine Stimme einen leicht bedauernden Klang – »tat er uns diesen Gefallen nicht.«
»Und warum wohl nicht?«
Bogert zuckte mit den Schultern. »Ich nehme an, Dr. Calvin wird uns dies sagen, wenn sie hierherkommt. Überdies wird sie uns wahrscheinlich eine furchtbar pessimistische Interpretation liefern. Manchmal geht sie einem wirklich etwas auf die Nerven.«
»Sie ist aber doch eine hochqualifizierte Person, oder nicht?« fragte der General, der plötzlich beunruhigt schien.
»Unbedingt.« Bogert schien sich zu amüsieren. »Sie ist hochqualifiziert. Sie versteht die Robots, als wäre sie ihre Schwester – was vermutlich daher kommt, daß sie Menschen so sehr haßt. Was ich sagen will, ist einfach, daß sie -Psychologin hin und Psychologin her – hochgradig neurotisch ist. Hat paranoide Züge. Nehmen Sie sie bitte nicht allzu ernst!«
Er breitete in langer Reihe die Kurven vor sich aus. »Sie sehen, Herr General, daß im Falle jedes einzelnen Robots das Zeitintervall zwischen dem Augenblick des Falles und dem Ende der Robotbewegungen die Tendenz zeigt, sich zu vermindern, je öfter man die Versuche wiederholt. Es gibt eine ganz bestimmte mathematische Relation für diese Dinge, und Nichtkonformität mit diesen Normen würde unbedingt eine gewichtige Abnormität des positronischen Gehirns anzeigen. Unglücklicherweise erscheinen hier keinerlei Abweichungen.«
»Wenn nun aber unser Nestor 10 doch nicht mit einer Zwangshandlung reagierte, warum ist dann seine Kurve nicht verschieden? Das verstehe ich nicht.«
»Ist aber ganz einfach. Robotreaktionen sind nicht vollständig analog menschlichen Reaktionen – leider! Bei uns Menschen ist eine freiwillige Handlung bedeutend langsamer als eine Reflexhandlung. Dies ist aber bei Robots nicht der Fall. Bei diesen handelt es sich lediglich um die Frage der Freiheit in der Auswahl der Mittel. Darüber hinaus sind die Schnelligkeiten freier und zwangsläufiger Handlung völlig gleich. Was ich allerdings erwartet hatte, war, daß Nestor 10 das erstemal überrascht sein und dadurch ein größerer Zwischenraum bis zu seiner Reaktion sichtbar werden würde.«
»Und dies geschah nicht.«
»Leider nein.«
»Dann haben wir also gar nichts geschafft.« Der General lehnte sich mit schmerzlichem Ausdruck zurück. »Sie sind jetzt bereits fünf Tage hier.«
An diesem Punkt der Unterhaltung trat Susan Calvin ein. Sie warf die Tür hinter sich zu. »Legen Sie Ihre Kurven weg, Peter«, rief sie. »Sie wissen ja selbst, daß sie uns gar nichts zeigen.«
Ungeduldig murmelte sie irgend etwas vor sich hin, während Kallner sich halb aus seinem Sessel erhob, um sie zu begrüßen, und fuhr dann fort: »Wir müssen schnell etwas Neues versuchen. Die Situation gefällt mir ganz und gar nicht.«
Bogert wechselte einen resignierten Blick mit dem General. »Ist etwas los?«
»Sie meinen was Bestimmtes? Nein. Mir gefällt’s aber nicht, daß Nestor 10 sich uns noch immer entzieht. Das ist schlimm. Das muß ja seinem ohnehin bereits aufgeblasenen Überlegenheitsgefühl ungeheuer schmeicheln. Leider glaube ich, daß sein Motiv nicht mehr allein darin besteht, daß er einen ihm erteilten Befehl ausführt. Ich bin der Meinung, daß er mehr und mehr den Wunsch hat, Menschen zu überlisten. Daraus aber erwächst eine gefährliche und recht unangenehme Lage. Peter, haben Sie getan, um was ich Sie gebeten habe? Haben Sie die Instabilitätsfaktoren der modifizierten NS 2 nach meinen Richtlinien ausgearbeitet?«
»Ich bin dabei«, sagte der Mathematiker uninteressiert.
Einen Augenblick starrte sie ihn ärgerlich an, wandte sich dann Kallner zu. »Nestor 10 ist fraglos völlig im Bilde
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