Foundation 02: Die Stahlhöhlen
nicht verändert; er hatte
nur das Gefühl, ihm fehle ein Stück Zeit. Der Commissioner
war verschwunden. Der Trimensic-Empfänger war wieder milchig und
undurchsichtig. Und R. Daneel saß neben ihm und kniff die Haut
an Baleys entblößtem Oberarm zusammen. Baley konnte dicht
unter der Haut einen dunklen Punkt sehen – die Injektionskapsel;
sie verschwand jetzt vor seinen Augen, breitete sich aus und ging in
den Blutstrom und die benachbarten Zellen und schließlich in
alle Zellen seines Körpers über.
Langsam begann er seine Umgebung wieder wahrzunehmen.
»Fühlen Sie sich besser, Partner Elijah?« fragte R.
Daneel.
Das war der Fall. Er bewegte seinen Arm, und der Roboter
ließ zu, daß er ihn ihm entzog. Er rollte den Ärmel
herunter und sah sich um. Dr. Fastolfe saß noch am gleichen
Platz, und ein kleines Lächeln ließ sein
häßliches Gesicht etwas weicher erscheinen.
»War ich ohnmächtig?« fragte Baley.
»Ja, in gewisser Weise schon«, sagte Dr. Fastolfe.
»Ich fürchte, Sie haben einen ziemlichen Schock
erlitten.«
Jetzt konnte Baley sich wieder ganz deutlich erinnern. Er packte
R. Daneels Arm und schob den Ärmel, so weit er konnte, hinauf,
so daß das Handgelenk freigelegt wurde.
Das Fleisch des Roboters fühlte sich für seine Finger
weich an, aber darunter war die Härte von etwas, das mehr als
nur Knochen war.
R. Daneel überließ ihm seinen Arm zur Prüfung.
Baley starrte ihn an, kniff die Haut zusammen. War da ein schwacher
Saum zu sehen?
Es war natürlich logisch, daß da einer sein
mußte. Ein Roboter, der mit synthetischer Haut bedeckt und
bewußt so konstruiert war, daß er wie ein Mensch aussah,
konnte nicht auf normale Art repariert werden. Man konnte dazu nicht
einfach eine Brustplatte abschrauben. Man konnte auch nicht den
Schädel zur Seite klappen. Statt dessen würden die
verschiedenen Teile des mechanischen Körpers mit
mikromagnetischen Feldern zusammengehalten werden müssen. Ein
Arm, ein Kopf, ein ganzer Körper mußten bei der richtigen
Berührung auseinanderfallen und sich dann, wenn man sie an einer
anderen Stelle berührte, wieder zusammenfügen.
Baley blickte auf. »Wo ist der Commissioner?« murmelte
er, von panischer Angst erfüllt.
»Dringende Geschäfte«, sagte Dr. Fastolfe.
»Ich habe ihm zugeredet, sich auszuschalten, sollte ich Ihnen
gestehen. Ich habe ihm versichert, daß wir uns um Sie
kümmern würden.«
»Ja, Sie haben sich wirklich sehr gut um mich gekümmert.
Vielen Dank«, sagte Baley grimmig. »Ich glaube, damit
wäre das Gespräch beendet.«
Er stemmte sich in die Höhe und spürte erst jetzt, wie
seine Glieder schmerzten. Plötzlich kam er sich uralt vor, zu
alt, um noch einmal von vorne zu beginnen. Und um seine Zukunft
vorherzusehen, bedurfte es keiner besonderen prophetischen Gabe.
Der Commissioner würde halb wütend und halb
verängstigt sein. Er würde Baley mit weißem Gesicht
ansehen und alle fünfzehn Sekunden die Brille abnehmen, um sie
zu putzen. Seine sanfte Stimme (Julius Enderby schrie fast nie)
würde ihm bedächtig erklären, daß er die Spacer
tödlich beleidigt hätte.
»Sie dürfen einfach nicht so mit Spacern reden,
Lije. Das lassen die sich nicht gefallen.« (Baley konnte
Enderbys Stimme in den feinsten Nuancen ganz deutlich hören.)
»Ich habe Sie gewarnt. Es ist gar nicht auszudenken, wieviel
Schaden Sie da angerichtet haben. Dabei verstehe ich sehr wohl, was
Sie sich gedacht haben, ganz bestimmt. Ich begreife auch, was Sie
vorhatten. Wenn das Erdenmenschen waren, wäre das ganz anders.
Dann würde ich sagen, riskieren wir’s eben. Räuchern
wir sie aus! Aber Spacer? Das hatten Sie mir wirklich sagen
können, Lije. Sie hätten sich mit mir besprechen
müssen. Ich kenne diese Leute. In- und auswendig kenn’ ich
sie.«
Und was würde Baley sagen können? Daß Enderby
akkurat der Mann war, dem er es nicht sagen konnte. Daß
das Projekt ungeheures Risiko in sich barg und daß Enderby ein
Mann von ungeheurer Vorsicht war. Daß Enderby selbst es gewesen
war, der ihn auf die Gefahr eines völligen Versagens oder der
falschen Art von Erfolg hingewiesen hatte. Daß die einzige
Chance, der Degradierung zu entgehen, darin lag, den Beweis zu
liefern, daß die Schuld bei Spacetown selbst zu suchen
war…
Enderby würde sagen: »Man wird einen Bericht über
die Sache schreiben müssen, Lije. Das wird alle möglichen
Nachwirkungen haben. Ich kenne die Spacer. Sie werden verlangen,
daß man Sie von dem Fall abzieht, und so wird es
Weitere Kostenlose Bücher