Foundation 02: Die Stahlhöhlen
Sie sagt, ihr Name sei Jessie.«
»Lassen Sie sie herein«, sagte R. Daneel ruhig, und seine braunen Augen hoben sich ohne eine Spur von Gefühl und begegneten dem von Panik erfüllten Blick Baleys.
14
DIE VERSCHWÖRER
Baley blieb wie erstarrt stehen, während Jessie auf ihn zurannte, ihn an den Schultern packte und sich an ihn schmiegte.
Seine blassen Lippen formten das Wort »Bentley?«
Sie sah ihn an und schüttelte den Kopf so heftig, daß ihr braunes Haar flog. »Alles in Ordnung.«
»Nun, dann…«
Aber Jessie fing plötzlich an zu schluchzen, und dann brach es aus ihr heraus, mit ganz leiser Stimme, so leise, daß er sie kaum verstehen konnte. »Ich ertrage das nicht mehr, Lije, ich kann das nicht. Ich kann weder schlafen noch essen. Ich muß es dir sagen.«
»Sag gar nichts«, sagte Baley gequält. »Um Himmels willen, Jessie, nicht jetzt!«
»Ich muß. Ich habe etwas Schreckliches getan. Etwas ganz Schreckliches. O Lije…« Und dann übertönte ihr Schluchzen alles.
»Wir sind hier nicht allein, Jessie«, sagte Baley hoffnungslos.
Sie blickte auf und starrte R. Daneel an, ohne ihn zu erkennen. Vielleicht ließen die Tränen in ihren Augen den Roboter zu einem formlosen Schemen verschwimmen.
R. Daneel sagte mit leiser Stimme, fast war es nur ein Murmeln: »Guten Tag, Jessie.«
Und sie stieß hervor: »Ist das… der Roboter?«
Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen und löste sich aus Baleys Arm. Sie atmete tief, und einen Augenblick lang zuckte ein schwaches Lächeln über ihre Lippen. »Sie sind das doch, oder?«
»Ja, Jessie.«
»Und es macht Ihnen nichts aus, wenn man Sie einen Roboter nennt?«
»Nein, Jessie. Das bin ich ja.«
»Und mir macht es nichts aus, wenn man mich eine Närrin nennt, eine Idiotin und – eine Agentin der Verschwörer, denn das alles bin ich.«
»Jessie!« stöhnte Baley.
»Es hat keinen Sinn, Lije«, sagte sie. »Wenn er dein Partner ist, soll er es ruhig wissen. Ich kann nicht länger damit leben. Ich habe seit gestern so schrecklich gelitten. Mir ist es egal, wenn man mich ins Gefängnis steckt. Es ist mir auch gleichgültig, wenn man mich in die untersten Etagen schickt und ich dort von roher Hefe und Wasser leben muß. Es ist mir egal, wenn… Aber du wirst das doch nicht zulassen, oder, Lije? Laß nicht zu, daß sie mir etwas antun! Ich habe… ich habe schreckliche Angst.«
Baley tätschelte ihre Schulter und ließ sie weinen.
Und zu R. Daneel sagte er: »Sie fühlt sich nicht wohl. Wir können sie nicht hierbehalten. Wie spät ist es?«
R. Daneel sagte, ohne auf irgendeine Uhr zu sehen: »Vierzehn Uhr fünfundvierzig.«
»Der Commissioner sollte jeden Augenblick zurückkommen. Hören Sie, fordern Sie einen Streifenwagen an, dann können wir uns auf der Autobahn weiter unterhalten.«
Jessies Kopf fuhr in die Höhe. »Die Autobahn? O nein, Lije!«
»Jetzt sei nicht abergläubisch, Jessie«, sagte er, bemüht, so besänftigend wie nur gerade möglich zu klingen. »In deinem jetzigen Zustand kannst du unmöglich den Expreßway benützen. Jetzt sei lieb und beruhige dich, sonst können wir nicht einmal durch den Gemeinschaftsraum gehen. Ich hole dir etwas Wasser.«
Sie wischte sich das Gesicht mit einem feuchten Taschentuch ab und sagte betrübt: »Oh, sieh dir doch mein Make-up an.«
»Mach dir jetzt keine Gedanken wegen deines Make-ups«, sagte Baley. »Daneel, wie steht es mit dem Streifenwagen?«
»Steht bereit, Partner Elijah.«
»Komm, Jessie!«
»Warte! Nur einen Augenblick, Lije. Ich muß mein Gesicht ein wenig herrichten.«
»Das ist jetzt nicht wichtig.«
Aber sie entzog sich ihm. »Bitte! Ich kann nicht so durch den Gemeinschaftsraum gehen. Es dauert wirklich nur eine Sekunde.«
Baley und Daneel warteten, wobei Baley immer wieder ruckartig die Fäuste ballte und sie wieder lockerte, während Daneel völlig ausdruckslos blieb.
Jessie kramte in ihrer Handtasche herum, um das zu finden, was sie brauchte. (Wenn es einen Gegenstand gibt, der sich seit dem Mittelalter jeder mechanischen Verbesserung widersetzt hat, hatte Baley einmal in seiner gravitätischen Art gesagt, dann ist das die Handtasche der Frau. Nicht einmal der Ersatz der Metallklammern durch Magnete hatte sich als erfolgreich erwiesen.) Jessie holte einen kleinen Spiegel und das versilberte Kosmetikdöschen heraus, das Baley ihr vor drei Jahren zum Geburtstag gekauft hatte.
Das Kosmetikdöschen hatte einige Öffnungen, die sie der Reihe nach benutzte. Jede
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