Foundation 05: Das Foundation-Projekt
und sobald sie abziehen, ist alles wieder genau wie vorher.«
Seldon wußte, worum es ging. Erst vor drei Tagen hatte TrantorVision gemeldet, die Kaiserliche Regierung habe sich zu einer Machtdemonstration entschlossen, um den aufsässigen Gouverneur von Anakreon zur Ordnung zu rufen. Seldon hatte die Situation psychohistorisch analysiert und dabei die Sinnlosigkeit eines solchen Vorgehens festgestellt, aber wenn die Gemüter einmal erhitzt waren, wollte die Regierung im allgemeinen keine Gegenmeinung hören. Seldon lächelte grimmig, als Hakennase genau das aussprach, was er auch selbst gesagt hatte – obwohl sich der junge Mann gewiß nicht auf die Ergebnisse der Psychohistorik stützen konnte.
Hakennase fuhr fort: »Was verlieren wir schon, wenn wir Anakreon laufen lassen? Es bleibt schließlich da, wo es immer war, am Rand des Imperiums. Oder kann es etwa zusammenpacken und nach Andromeda ziehen? Also muß es auch künftig mit uns Handel treiben, und das Leben geht weiter. Was macht es denn schon aus, ob sie dem Kaiser salutieren oder nicht? Man wird den Unterschied gar nicht merken.«
Nun ergriff der zweite Mann – Seldon hatte ihn aus einem ebenso naheliegenden Grund ›Kahlkopf‹ getauft – das Wort: »Nur spielt sich die Geschichte leider nicht im luftleeren Raum ab. Wenn Anakreon geht, ziehen die anderen Randprovinzen nach. Dann bricht das Imperium auseinander.«
»Na und?« zischte Hakennase. »Das Imperium läßt sich doch sowieso nicht mehr verwalten, wie es sich gehört. Es ist einfach zu groß. Sollen sich die Randprovinzen doch lossagen und für sich selbst sorgen – wenn sie dazu imstande sind. Für die Inneren Welten ist das nur von Vorteil, sie werden gestärkt. Der Rand braucht politisch gar nicht zu uns zu gehören; wirtschaftlich bleibt er uns auf jeden Fall erhalten.«
Und nun mischte sich auch der dritte Mann (Rotbäckchen) ein: »Ich wollte, ihr hättet recht, aber genau so wird es eben nicht kommen. Wenn sich die Randprovinzen unabhängig erklären, wird jede als erstes bestrebt sein, die eigene Macht auf Kosten ihres Nachbarn zu vermehren. Es wird Konflikte geben, Kriege, und jeder einzelne Gouverneur wird davon träumen, endlich Kaiser zu werden. Und dann wird es wieder so sein wie in alten Zeiten, vor der Entstehung des Königreichs Trantor – finsterstes Mittelalter über Jahrtausende hinweg.«
»So schlimm wird es schon nicht gleich werden«, meinte Kahlkopf. »Auch wenn das Imperium auseinanderbricht, werden sich die Risse rasch wieder schließen, sobald die Menschen feststellen, daß der Bruch nur Krieg und Verarmung nach sich zieht. Sie werden sich zurücksehnen nach der guten, alten Zeit, in der das Imperium noch intakt war, und dann wird alles wieder gut. Wir sind schließlich keine Barbaren. Wir werden einen Weg finden.«
»Unbedingt«, stimmte Hakennase zu. »Wir dürfen nicht vergessen, daß das Imperium im Lauf seiner Geschichte mit einer Krise nach der anderen konfrontiert wurde und doch immer wieder auf die Beine gekommen ist.«
Aber Rotbäckchen schüttelte den Kopf. »Das ist keine gewöhnliche Krise. Diesmal ist es viel schlimmer. Das Imperium ist seit Generationen im Verfall begriffen. Zehn Jahre Junta haben die Wirtschaft ruiniert, und seit dem Sturz der Junta und der Einsetzung dieses neuen Kaisers ist das Imperium so schwach, daß die Gouverneure an der Peripherie gar nichts mehr tun brauchen. Es wird unter seinem eigenen Gewicht zusammenbrechen.«
»Und die Untertanenpflicht gegenüber dem Kaiser…« begann Hakennase.
»Was für eine Untertanenpflicht?« unterbrach Rotbäckchen. »Nach Cleons Ermordung mußten wir jahrelang ohne Kaiser auskommen, ohne daß sich jemand besonders daran gestört hätte. Und dieser neue Kaiser ist doch nur eine Galionsfigur. Er kann nichts machen. Niemand kann etwas machen. Das ist keine Krise. Das ist das Ende.«
Die beiden anderen starrten Rotbäckchen stirnrunzelnd an. Dann sagte Kahlkopf: »Du glaubst das wirklich! Du glaubst, die Kaiserliche Regierung wird die Hände in den Schoß legen und den Dingen einfach ihren Lauf lassen?«
»Ja! Wie ihr beiden wird sie nicht wahrhaben wollen, was geschieht. So lange nicht, bis es zu spät ist.«
»Angenommen, sie wollte es wahrhaben, was müßte sie dann deiner Meinung nach tun?« fragte Kahlkopf.
Rotbäckchen starrte in den Galaktographen, als sei dort die Antwort zu finden. »Ich weiß es nicht. Hör zu, ich muß irgendwann sterben, und bis dahin wird alles noch gar nicht
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