Foundation 05: Das Foundation-Projekt
Aber ich mußte warten, bis sie Farbe bekannten, und als der Moment der Entscheidung endlich kam, hätte ich ihn fast versäumt.«
»Mir ging es nicht anders. Wir müssen Raych ins Palastkrankenhaus bringen.«
Plötzlich drangen wirre Geräusche aus dem Kleinen Palast. Jäh durchfuhr Seldon der Verdacht, der Kaiser sei tatsächlich Zeuge des Vorfalls geworden. Wenn dem so war, raste er jetzt vermutlich vor Zorn.
»Kümmern Sie sich um meinen Sohn, Miss Dubanqua«, bat der Kanzler. »Ich muß zum Kaiser.«
In würdelosem Laufschritt hastete er durch das Getümmel auf dem Großen Rasen und stürmte ohne jedes Zeremoniell in den Kleinen Palast. Davon konnte Cleons Zorn wohl kaum noch größer werden.
Vor ihm, umringt von einer Gruppe von Zuschauern, die vor Entsetzen wie gelähmt waren – da, im Halbrund des Treppenbogens – lag, bis zur Unkenntlichkeit entstellt, die Leiche Seiner Kaiserlichen Majestät Cleons I. Die kaiserlichen Prunkgewänder dienten nun als Leichentuch. An der Wand kauerte, blöde in die erschrockenen Gesichter der Umstehenden glotzend, Mandell Gruber.
Seldon spürte, daß er am Ende war. Sein Blick fiel auf den Blaster zu Grubers Füßen. Es mußte Andorins Waffe sein. Leise fragte er: »Gruber, was haben Sie getan?«
Gruber starrte ihn an, dann brach es aus ihm heraus: »Alles hat geschrien und gekreischt aus Leibeskräften. Da hab’ ich mir gedacht: Wer wird’s erfahren? Die glauben sicher, jemand anderer hat den Kaiser getötet. Und dann hab’ ich nicht mehr weglaufen können.«
»Aber warum, Gruber? Warum?«
»Damit ich nicht Chefgärtner werden muß.« Mit diesen Worten brach er zusammen.
Erschüttert starrte Seldon auf den Bewußtlosen hinab.
Da war man nun um Haaresbreite der Katastrophe entronnen. Er selbst war noch am Leben. Raych war am Leben. Andorin war tot, und die Joranumiten-Verschwörung konnte man mit Stumpf und Stiel ausrotten.
Das Zentrum würde halten, genau wie die Psychohistorik es gefordert hatte.
Und dann hatte ein Mann, aus einem Grund, der so trivial war, daß er sich jeder Analyse entziehen mußte, den Kaiser getötet.
Was nun? dachte Seldon verzagt. Was machen wir nun? Wie soll es weitergehen?
Dritter Teil
Dors Venabili
Venabili, Dors – Die Vita des Hari Seldon liegt unter einer dicken Kruste aus Legenden und Halbwahrheiten verborgen, so daß nur wenig Hoffnung besteht, jemals eine durch und durch objektive Biographie zu erhalten. Als das vielleicht rätselhafteste Phänomen in seinem Leben ist wohl seine Gattin Dors Venabili zu sehen. Über Dors Venabili ist nichts weiter bekannt, als daß sie von dem Planeten Cinna stammte und später an der Universität von Streeling eine Anstellung als Dozentin an der historischen Fakultät fand. Bald darauf lernte sie Seldon kennen, mit dem sie achtundzwanzig Jahre in ehelicher Gemeinschaft zusammenlebte. Um sie ranken sich womöglich noch mehr Legenden als um Seldon selbst. Von ihren Körperkräften und ihrer Schnelligkeit werden wahre Wunderdinge berichtet, und man bezeichnete sie, wenn auch vielleicht nur hinter vorgehaltener Hand, in weiten Kreisen als ›das Tigerweib‹. Irgendwann verschwand sie, unter nicht minder rätselhaften Umständen, als sie einst aufgetaucht war, nach einer gewissen Zeit hörte man nichts mehr von ihr, und nirgendwo findet sich ein Hinweis, was aus ihr geworden sein könnte.
Für ihre Bedeutung als Historikerin bürgen ihre Werke über…
ENCYCLOPAEDIA GALACTICA
1
Wanda war, nach galaktischer Standardzeit gerechnet, wie es allgemein üblich war, fast acht Jahre alt, eine richtige kleine Dame – würdevoll im Auftreten, mit glattem, hellbraunem Haar. Ihre Augen waren blau, dunkelten aber zusehend nach und würden möglicherweise einmal so braun werden wie die ihres Vaters.
Tief in Gedanken saß sie da. – Sechzig.
Die Zahl wollte ihr nicht aus dem Kopf. Großvaters Geburtstag stand bevor, sein sechzigster – und sechzig war eine große Zahl, eine Zahl, die sie beunruhigte, weil sie in der Nacht zuvor in einem schlimmen Traum vorgekommen war.
Sie begab sich auf die Suche nach ihrer Mutter. Man würde fragen müssen.
Ihre Mutter war nicht schwer zu finden. Sie sprach mit Großvater – sicher über den Geburtstag. Wanda zögerte. Es wäre nicht besonders nett, die Frage vor Großvater zu stellen.
Ihre Mutter spürte Wandas inneren Aufruhr sofort. »Entschuldige mich einen Moment, Hari«, bat sie, »ich will nur sehen, was Wanda auf dem Herzen
Weitere Kostenlose Bücher