Foundation 05: Das Foundation-Projekt
ihm verschweigen? »Hari«, sagte sie, »du selbst hast sie darauf gebracht.«
»Ich?«
»Natürlich, seit Monaten redest du von nichts anderem als von deinem sechzigsten Geburtstag und beklagst dich laut und vernehmlich über dein Alter. Die ganze Feier findet doch überhaupt nur statt, um dich zu trösten.«
»Sechzig Jahre alt zu werden, ist ja auch nicht gerade ein Vergnügen!« gab Seldon entrüstet zurück. »Warte nur! Warte nur! Du wirst schon sehen.«
»Das werde ich – wenn ich Glück habe. Nicht jeder schafft es, sechzig zu werden. Trotz alledem, wenn du nur noch von deinen sechzig Jahren und deinem Alter sprichst, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn ein leicht zu beeindruckendes, kleines Mädchen Angst bekommt.«
Seldon seufzte und sah sie besorgt an. »Es tut mir leid, aber es ist eben alles nicht so einfach. Sieh dir meine Hände an. Sie bekommen schon die ersten Flecken, und bald werden sie knorrig sein wie alte Äste. Als Twistkämpfer tauge ich so gut wie gar nichts mehr. Wahrscheinlich könnte mich ein Kind in die Knie zwingen.«
»Inwiefern unterscheidet dich das von anderen Sechzigjährigen? Wenigstens dein Gehirn funktioniert so gut wie eh und je. Wie oft hast du erklärt, das sei alles, was zähle?«
»Ich weiß. Aber ich will auch auf meinen Körper nicht verzichten.«
»Schon allein deshalb, weil Dors offenbar überhaupt nicht älter wird«, stichelte Manella.
»Hm ja, mag sein…«, stammelte Seldon und wandte verlegen den Blick ab. Das Thema war ihm sichtlich unangenehm.
Manella sah ihren Schwiegervater ernst an. Die Schwierigkeit war, daß er von Kindern – von Menschen im allgemeinen – keine Ahnung hatte. Kaum zu glauben, daß er, der unter dem alten Kaiser zehn Jahre lang Kanzler gewesen war, immer noch so wenig Menschenkenntnis besaß.
Natürlich ging er ganz in seiner Psychohistorik auf, und die operierte nur im Trillionenbereich, was letztlich bedeutete, daß sie mit Menschen – als Individuen – überhaupt nichts anzufangen wußte. Und wie sollte er mit Kindern umgehen können, wenn er doch, abgesehen von Raych, der als Zwölfjähriger in sein Leben getreten war, nie mit einem Kind in Berührung gekommen war? Jetzt hatte er Wanda, und sie war ihm ein völliges Rätsel – und würde es vermutlich auch bleiben.
All das waren durchaus liebevolle Überlegungen. Manella hatte ein unglaublich starkes Bedürfnis, Hari Seldon vor einer Welt zu bewahren, die er nicht verstand. Dieser Beschützerinstinkt war übrigens der einzige Punkt, an dem sich ihre Interessen mit denen ihrer Schwiegermutter Dors Venabili trafen und deckten.
Manella hatte Seldon zehn Jahre zuvor das Leben gerettet. Dors in ihrer etwas merkwürdigen Art hatte darin eine Verletzung ihrer Hoheitsrechte gesehen, die sie Manella nie ganz verziehen hatte.
Im Anschluß daran hatte Seldon seinerseits Manella das Leben gerettet. Sie brauchte nur kurz die Augen zu schließen, und schon stand die Szene wieder vor ihr, fast so, als spiele sie sich in diesem Moment ab.
3
Eine Woche – eine schreckliche Woche nach dem Attentat auf Cleon war es gewesen. Auf ganz Trantor herrschte das Chaos.
Hari Seldon war als Kanzler im Amt geblieben, aber jedermann wußte, daß er keinerlei Macht hatte. Nun ließ er Manella Dubanqua zu sich rufen.
»Ich möchte Ihnen danken, daß Sie Raych und mir das Leben gerettet haben. Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit dazu.« Dann fuhr er mit einem Seufzen fort: »Ich bin in der vergangenen Woche praktisch zu gar nichts gekommen.«
»Was ist aus dem wahnsinnigen Gärtner geworden?« fragte Manella.
»Man hat ihn hingerichtet! Auf der Stelle! Ohne Gerichtsverfahren! Ich versuchte noch, ihm mit dem Argument zu helfen, er sei nicht bei Verstand gewesen. Aber da war nichts zu machen. Bei jedem anderen Verbrechen hätte man ihn mit Rücksicht auf seinen Geisteszustand verschont. Er wäre in eine Anstalt eingewiesen – eingesperrt und zwangsbehandelt – worden, aber immerhin hätte man ihn am Leben gelassen. Doch bei einem Kaisermord…« Seldon schüttelte traurig den Kopf.
»Wie geht es nun weiter, Kanzler Seldon?« fragte Manella.
»Ich will Ihnen sagen, wie ich die Sache sehe. Die Entun-Dynastie ist erledigt. Cleons Sohn wird den Thron nicht besteigen. Ich glaube, er will es auch gar nicht. Er hat Angst, seinerseits einem Anschlag zum Opfer zu fallen, was ich ihm wahrhaftig nicht verdenken kann. Es wäre viel besser für ihn, sich auf einen Familienbesitz auf einer
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