Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
jemand
vor der Tür die Hacken zusammenschlug, und schließlich
surrte auch das Nachtsignal.
Gillbret war sehr in Eile. Das Visisonor mußte schleunigst
verschwinden. Zum ersten Mal wünschte er sich ein besseres
Versteck. Verdammt, warum mußte sich Hinrik ausgerechnet
in diesem Fall als so entscheidungsfreudig erweisen? Warum hatte er
nicht bis morgen früh warten können? Er mußte von hier fort; eine solche Chance bekam er vielleicht niemals
wieder.
Dann rief er den Hauptmann der Wache. Zwei bewußtlose
Soldaten und einen entflohenen Gefangenen konnte man
schließlich nicht so einfach mit Stillschweigen
übergehen.
Der Hauptmann nahm die Meldung mit verbissener Miene entgegen. Er
ließ die beiden Bewußtlosen hinausschaffen, dann wandte
er sich an Gillbret.
»Ich konnte Ihren Worten nicht entnehmen, was nun wirklich
geschehen ist, Euer Gnaden«, sagte er.
»Das sehen Sie doch selbst«, gab Gillbret zurück.
»Ihre Leute sind gekommen, um den jungen Mann zu verhaften, doch
der wollte sich nicht fügen. Das All weiß, wo er jetzt
ist.«
»Das ist weiter nicht von Belang, Euer Gnaden«,
versicherte ihm der Hauptmann. »Da wir die Ehre haben, eine
hochgestellte Persönlichkeit in den Palastmauern zu beherbergen,
sind trotz der späten Stunde alle Ausgänge bewacht. Er kann
also nicht nach draußen, und im Innern werden wir jeden Winkel
durchkämmen. Ich begreife nur nicht, wie er entkommen konnte.
Meine Männer waren bewaffnet, er dagegen nicht.«
»Er hat gekämpft wie ein Tiger. Ich hatte mich hinter
diesem Stuhl versteckt und sah von dort aus…«
»Sehr bedauerlich, Euer Gnaden, daß Sie meinen
Männern nicht zu Hilfe kamen. Immerhin war der Mann des
Hochverrats verdächtig.«
Gillbret sah ihn hochmütig an. »Sehr witzig, Hauptmann.
Wenn Ihre Leute trotz zahlenmäßiger Überlegenheit und
ausreichender Bewaffnung auf meine Hilfe angewiesen sind, wird es
höchste Zeit, daß Sie sich nach einer neuen Mannschaft
umsehen.«
»Nun gut! Wir werden den Palast durchsuchen, wir werden ihn
finden, und dann werden wir ja sehen, ob er uns dieses
Kunststück noch einmal vorführen kann.«
»Ich werde Sie begleiten, Hauptmann.«
Nun war der Hauptmann an der Reihe, geringschätzig die
Augenbrauen hochzuziehen. »Das würde ich Euer Gnaden nicht
empfehlen«, sagte er. »Es könnte gefährlich
werden.«
Derartige Seitenhiebe waren gegenüber einem Hinriad
gewiß nicht angebracht, und das wußte auch Gillbret. Aber
er lächelte nur, bis sein schmales Gesicht von einem Netz feiner
Fältchen überzogen war. »Das ist mir klar«, sagte
er, »aber hin und wieder finde ich es auch ganz amüsant,
mich in Gefahr zu begeben.«
Die Wachkompanie brauchte fünf Minuten, um sich zu sammeln.
Währenddessen war Gillbret allein in seinem Zimmer und
nützte die Gelegenheit, um Artemisia anzurufen.
Beim Surren des Signals waren Biron und Artemisia förmlich
erstarrt. Das Geräusch wiederholte sich, dann wurde zaghaft an
die Tür geklopft, und schließlich hörten sie
Gillbrets Stimme.
»Darf ich es einmal probieren, Hauptmann«, sagte er.
Dann, etwas lauter: »Artemisia!«
Biron grinste erleichtert und trat einen Schritt vor, doch das
Mädchen legte ihm rasch die Hand auf den Mund, rief:
»Moment noch, Onkel Gil«, und deutete verzweifelt hinter
sich.
Biron starrte sie verständnislos an. Er sah nichts als eine
leere Wand. Artemisia verzog ungeduldig das Gesicht, drängte
sich an ihm vorbei und drückte auf eine bestimmte Stelle. Ein
Wandabschnitt glitt geräuschlos beiseite, ein Ankleideraum wurde
sichtbar. Während ihre Lippen ein »Da hinein!«
formten, nestelte sie mit den Fingern an einer Spange, die an ihrer
rechten Schulter befestigt war. Mit dem Öffnen der Nadel brach
das winzige Kraftfeld zusammen, das ihr Kleid wie mit einer
unsichtbaren Naht der Länge nach zusammenhielt, und sie stieg
heraus.
Biron trat durch die Öffnung und drehte sich um. Die
Lücke schloß sich bereits wieder, aber er sah gerade noch,
wie sich Artemisia einen weißen, pelzbesetzten Morgenmantel um
die Schultern legte. Das scharlachrote Kleid hatte sie achtlos
über einen Stuhl geworfen.
Er blickte sich um. Ob sie wohl das Zimmer durchsuchen
würden? Wenn es dazu käme, wäre er völlig
hilflos. Der Ankleideraum hatte nur einen einzigen Ausgang,
denselben, durch den er hereingelangt war, und es gab auch keine
Nische, in der er sich hätte verkriechen können.
An einer Wand hingen viele Kleider nebeneinander, und davor
bemerkte er ein
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