Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
roten Pfütze.
Das Rot mit Blut gleichzusetzen, war nicht nur ein abgegriffenes
Klischee. Auf seinem Weg von der Republik zur Konföderation und
schließlich zum Imperium hatte Trantor eine breite Spur
verstümmelter Leichen, ausgebrannter Raumschiffe und
zerstörter Welten hinterlassen. Doch irgendwann war aus dem
Chaos ein gefestigtes Staatsgebilde entstanden, und innerhalb des
roten Fleckens herrschte Frieden.
Nun stand Trantor abermals an einer Schwelle: das Trantoranische
Imperium sollte zum Galaktischen Imperium werden. Nach Abschluß
dieses Prozesses hätte der rote Fleck alle Sterne verschlungen,
und im ganzen Universum würde Frieden herrschen – die pax Trantorica.
Das war Abels Zukunftstraum. Vor fünfhundert, vor
vierhundert, ja, noch vor zweihundert Jahren hätte er Trantor
als Brutstätte gemeiner, aggressiver, unersättlich gieriger
Materialisten verabscheut, denen die Rechte anderer gleichgültig
waren, die es zu Hause mit der Demokratie nicht so genau nahmen, aber
die kleinsten Menschenrechtsverletzungen anderer Gesellschaften
sofort registrierten. Doch darüber war die Zeit
hinweggegangen.
Er war nicht für Trantor, aber Trantor repräsentierte
für ihn das große Ziel, und deshalb verwandelte sich die
Frage: Wie wird dies oder jenes den galaktischen Frieden
fördern? wie von selbst in: Wie wird Trantor davon
profitieren?
Das Problem war in diesem besonderen Fall, daß er darauf
keine klare Antwort hatte. Für Junz war die Lösung
offensichtlich ganz einfach: Trantor mußte sich auf die Seite
des I.A.W. stellen und Sark bestrafen.
Vielleicht wäre die Idee sogar der Überlegung wert,
falls man Sark tatsächlich etwas nachweisen konnte. Doch selbst
dann nicht unbedingt. Und ganz gewiß nicht, wenn man keine
Beweise fand. Wie auch immer, Trantor durfte nichts
überstürzen. Das Imperium stand allzu offensichtlich im
Begriff, sich zum Herrn über die Galaxis aufzuschwingen, und
noch bestand die Möglichkeit, daß sich die letzten,
nicht-trantoranischen Planeten zusammenschlossen, um das zu
verhindern. Trantor konnte selbst einen solchen Krieg gewinnen, aber
womöglich nur um einen Preis, der aus dem Wort ›Sieg‹
eine höfliche Umschreibung für ›Niederlage‹
machte.
Deshalb durfte Trantor sich bis zur letzten Phase des Spiels keine
Unbesonnenheit erlauben. Abel hatte sich also viel Zeit gelassen,
hatte überall im Labyrinth des Öffentlichen Dienstes und in
der guten Gesellschaft der sarkitischen ›Herren‹ seine
Fäden gesponnen, hatte lächelnd in Geheimnissen
herumgeschnüffelt und Fragen gestellt, die nicht wie Fragen
klangen. Und er hatte nicht vergessen, das Auge des trantoranischen
Geheimdienstes auch auf Junz zu lenken, damit der Libairier nicht in
einem Augenblick des Zorns Porzellan zerbräche, das Abel in
einem Jahr nicht wieder kitten könnte.
Die Hartnäckigkeit des Libairiers war Abel nicht ganz
verständlich. Einmal hatte er ihn sogar gefragt: »Warum
machen Sie so viel Aufhebens um einen einzigen Agenten?«
Er hatte erwartet, daß der Wissenschaftler ihm eine
Moralpredigt hielt und darin auf die Integrität des I.A.W. und
die Pflicht aller hinwies, das Amt zu unterstützen, das
schließlich kein Handlanger für diese oder jene Welt sei,
sondern der ganzen Menschheit diene. Doch es kam anders.
Junz sah ihn nur stirnrunzelnd an und sagte: »Weil dies alles
nur vor dem Hintergrund des Verhältnisses zwischen Sark und
Florina geschehen konnte. Dieses Verhältnis möchte ich
offenlegen, um es zu zerstören.«
Abel war höchst ungehalten. Immer und überall begegnete
man dieser bornierten Konzentration auf einzelne Welten, und immer
und immer wieder verhinderte diese Engstirnigkeit eine intelligente
Auseinandersetzung mit dem Problem der galaktischen Einheit.
Gewiß gab es da und dort soziale Ungerechtigkeiten. Gewiß
hielt man sie dann und wann für unerträglich. Aber wie
konnten diese Ungerechtigkeiten denn anders bekämpft werden als
in galaktischen Dimensionen? Zuerst mußte man den Kriegen und
den nationalen Rivalitäten ein Ende machen, dann erst konnte man
sich den Mißständen im Innern zuwenden, die doch in erster
Linie auf die äußeren Konflikte zurückzuführen
waren.
Dieser Junz war nicht einmal Floriner. Nicht einmal diese
Entschuldigung hatte er für seine kurzsichtige
Sentimentalität.
»Was geht Sie Florina denn überhaupt an?« fragte
Abel.
Und Junz zögerte und sagte endlich: »Mir ist, als
gehörten wir zusammen.«
»Aber Sie sind Libairier.
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