Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
seines Opfers? Ein Neffe? Er hatte im Park auf ein
Mädchen gewartet, also konnte es wohl kaum sein Sohn sein. Oder
doch?
War dieser Deamone etwa verheiratet? War es ein sogenanntes
›verbotenes‹ Stelldichein gewesen? Aber doch wohl nicht am
hellen Tag? Oder kam das vielleicht auf die Umstände an?
Hoffentlich, dachte Terens. Wenn das Mädchen mit einem
verheirateten Mann verabredet gewesen wäre, würde sie nicht
sofort zur Gendarmerie laufen, um ihn als vermißt zu melden.
Sie würde vielmehr davon ausgehen, daß ihn seine Frau
nicht fortgelassen hatte. Das verschaffte ihm einen gewissen
Vorsprung.
Nein, wohl doch nicht. Tiefe Niedergeschlagenheit erfaßte
ihn. Sicher würden irgendwelche Kinder beim Versteckspielen auf
die Überreste stoßen und ein lautes Geschrei erheben. Und
zwar innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden.
Noch einmal beschäftigte er sich mit dem Tascheninhalt.
Die Kopie einer Jachtpilotenlizenz. Er beachtete sie nicht weiter.
Alle reichen Sarkiten besaßen Raumjachten und steuerten sie
auch selbst. Das war in diesem Jahrhundert der letzte Schrei.
Schließlich ein paar sarkitische Kreditstreifen. Damit
ließ sich vielleicht noch etwas anfangen.
Mit einem Mal fiel ihm ein, daß er seit dem vergangenen
Abend im Laden des Bäckers nichts mehr gegessen hatte. Wie rasch
sich der Hunger doch bemerkbar machen konnte.
Auf eine Eingebung hin wandte er sich doch noch einmal der
Jachtlizenz zu. Augenblick mal, die Jacht war nicht in Gebrauch, ihr
Besitzer war schließlich tot. Jetzt war es seine Jacht.
Hangar 26, Hafen 9. Nun…
Wo war Hafen 9? Er hatte nicht die leiseste Ahnung.
Er legte die Stirn auf das kühle, glatte Geländer um den
Springbrunnen. Was nun? Was nun?
Eine Stimme ließ ihn aufschrecken.
»Hallo«, sagte sie. »Ist Ihnen etwa
übel?«
Terens blickte auf. Es war ein älterer ›Herr‹. Er
rauchte eine lange, aromatisch duftende Zigarette, und an seinem
goldenen Armband hing ein grüner Stein. Sein Gesicht
drückte so viel freundliche Anteilnahme aus, daß es Terens
für einen Moment die Sprache verschlug. Doch dann besann er
sich. Er gehörte ja jetzt dazu, und ›Herren‹ unter
sich mochten durchaus umgängliche, anständige Menschen
sein.
»Ich muß mich nur ein wenig ausruhen«, antwortete
er. »Wollte einen Spaziergang machen und habe ganz die Zeit
vergessen. Jetzt werde ich leider eine Verabredung verpassen.«
Er winkte selbstironisch ab.
Nachdem er so lange unter den Sarkiten gelebt hatte, konnte er
ihren Akzent recht gut imitieren, aber er verfiel nicht in den Fehler
zu übertreiben. Übertreibungen wurden leichter bemerkt als
gewisse Unsauberkeiten.
»Und keinen Flitzer dabei, was?« Der Ältere
amüsierte sich sichtlich über soviel jugendlichen
Leichtsinn.
»Keinen Flitzer«, gab Terens zu.
»Nehmen Sie doch meinen.« Das Angebot kam ohne
Zögern. »Er steht gleich da draußen. Sie können
ja die Steuerung so einstellen, daß er hierher
zurückkehrt, wenn Sie angekommen sind. Ich brauche ihn in der
nächsten Stunde nicht.«
Für Terens wäre das fast die ideale Lösung gewesen.
Flitzer waren so blitzschnell und wendig, daß man damit jedem
Gendarmeriewagen eine lange Nase drehen konnte. Leider war die
Lösung eben nur fast ideal, denn Terens konnte mit einem Flitzer
ebenso wenig fahren, wie er ohne ihn fliegen konnte.
»Von hier bis Sark«, warf er lässig hin. Diese
umgangssprachliche Wendung aus der Sprache der ›Herren‹,
bedeutete soviel wie ›danke‹. »Aber ich gehe doch wohl
besser zu Fuß. Zum Hafen 9 ist es ja nicht weit.«
»Nein, weit ist es nicht«, pflichtete ihm der andere
bei.
Damit war Terens keinen Schritt vorangekommen. Er versuchte es
noch einmal. »Obwohl ich natürlich wünschte, ich
wäre schon dort. Allein zum Kyrt-Boulevard ist es ein strammer
Marsch.«
»Kyrt-Boulevard? Wie kommen Sie denn darauf?«
War er jetzt mißtrauisch geworden? Dem Schultheiß fiel
siedendheiß ein, daß die Paßform seines
Sarkitenanzugs vermutlich zu wünschen übrig ließ.
Rasch verbesserte er sich. »Warten Sie! Jetzt bin ich
völlig durcheinander. Wahrscheinlich habe ich mich verlaufen.
Mal sehen, wo bin ich denn hier?« Unsicher sah er sich um.
»Passen Sie auf. Dies ist die Recket-Straße. Sie folgen
ihr bis zur Triffis, dort halten Sie sich links und gehen geradeaus
weiter, bis Sie am Hafen sind.« Er hatte automatisch die Hand
ausgestreckt.
Terens lächelte. »Sie haben recht. Höchste Zeit,
mit dem Träumen aufzuhören und den
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