Ueberfall auf Skytown
Kapitel 1
Der Moroni-Jet jagte im Tiefflug über die Ruinenstadt hinweg. Rechts und links des flachen, scheibenförmigen Fluggeräts schossen Feuersäulen aus dem Boden. Grelle Explosionsblitze zermalmten Trümmer zu noch kleineren, staubfeinen Bruchstücken. Unsichtbare Laserstrahlen ließen Gestein zerkochen und den Boden für Sekunden zu gelbflüssiger Lava werden, superschnelle Vibrationen zerkrümelten Stahlbeton in Bruchteilen von Augenblicken zu feinkörnigem Mehl. Hinter der Maschine brannte der Boden, und wäre der Luftdruck des nahezu dreifach überschallschnellen Jets nicht wie eine unsichtbare Riesenfaust über die Ruinenlandschaft gefahren, hätte man seinen Kurs anhand der mit mathematischer Präzision plazierten Einschüsse über Meilen hinweg zurückverfolgen können. Charity war mehr als unzufrieden. Das Kontrollpult vor ihr flackerte in rot und gelb wie ein außer Kontrolle geratener, elektronischer Weihnachtsbaum, und das gleichmäßige Summen der Motoren wurde immer mehr vom Piepen, Heulen, Wimmern und Kreischen der unterschiedlichsten Alarmsirenen überlagert, die jede auf ihre Weise versuchten, ihr klar zu machen, daß sie das tapfere kleine Fahrzeug hoffnungslos überforderte. Der Jet war für Hochgeschwindigkeitsflüge unter extremen Bedingungen konstruiert und gebaut; aber nicht für solche Geschwindigkeiten und solche Extrembedingungen. Ein weiteres, flackerndes rotes Licht gesellte sich zu den anderen auf dem Kontrollpult vor ihr, und eine nervtötend sanfte, elektronische Stimme erklärte ihr in perfektem Neu-Englisch, daß die Automatik in zehn Sekunden eine Notfallabschaltung einleiten würde. »Das glaubst du aber auch nur, Schätzchen«, murrte Charity. Mit einer raschen, wenngleich fast unbewußten Bewegung der linken Hand tippte sie den Override-Code in die Tastatur des Bordcomputers, während sie mit der anderen rasch hintereinander ein gutes Dutzend Schalter und Tasten betätigte. Zwei oder drei weitere Alarmsirenen gesellten sich zu dem plärrenden Chor, doch mit einem plötzlichen, gewaltigen Ruck wurde die Maschine noch schneller. Die Geschwindigkeitsanzeige näherte sich Mach vier, und ein Blick auf den rückwärtigen Bildschirm zeigte Charity, daß der Einsatz der Bordwaffen wahrscheinlich gar nicht mehr nötig gewesen wäre: Der Jet verursachte eine Druck- und Hitzewelle, die eine gut hundert Meter breite Schneise vollkommener Zerstörung hinterließ. Charitys Unzufriedenheit steigerte sich zu einem Gefühl, das verdächtig nahe an Wut grenzte. Ihre destruktiven Gefühle galten allerdings nicht der Maschine. Völlig ungeachtet dessen, was ihr der Bordcomputer und die durcheinanderkeifenden Alarmsirenen mitzuteilen versuchten – sie flog diese Maschinen jetzt seit guten acht Jahren und wußte vermutlich besser als ihre Konstrukteure, was sie zu leisten vermochten. Das Problem war nicht der Jet. Das Problem war sie. Die kleine, aber unvorstellbar effektive Kampfmaschine war nicht nur von, sondern vor allem für Wesen konstruiert worden, die vier Arme besaßen, über einen zweihundert-Grad-Sichtbereich verfügten und deren durchschnittliche Reaktionszeit kaum ein Viertel der eines Menschen betrug. Hartmanns Ingenieure hatten ihr Möglichstes getan, um die Maschine den Bedürfnissen eines menschlichen Piloten gemäß umzubauen, doch schon der Begriff ›Ihr Mögliches‹ beinhaltete das Eingeständnis, daß das Ergebnis nicht perfekt war – vorsichtig ausgedrückt. Charity schob den Beschleunigungshebel noch ein Stück nach vorne, riß ihn aber dann mit einem brutalen Ruck zurück und biß die Zähne zusammen, als der Jet sich mit einem protestierenden Kreischen aufrichtete, im gleichen Augenblick zehn oder zwölf Meter in die Höhe schoß – und dann zitternd zur Ruhe kam. Charitys Magen zitterte noch ein ganze Weile, und für einen kurzen Moment wurde ihr übel. Trotzdem stellte zumindest dieser Teil des Testfluges sie zufrieden. Sie hatte den Jet von annähernd fünftausend Stundenkilometern auf Null abgebremst und dabei weniger als eine Meile zurückgelegt. In einem von Menschen gebauten Fahrzeug wäre sie jetzt tot; von den Sicherheitsgurten in Stücke geschnitten und anschließend an der Kabinenwand zerschmettert. Die Trägheitsdämpfer des Jet hatten sie vor diesem Schicksal bewahrt. Aber das war auch schon alles. Charity drehte die Flugscheibe um einhundertachtzig Grad, ließ die Panzerplatten vor den Sichtluken nach oben gleiten und betrachtete
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