Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
ihm den Eindruck eines
exzentrischen Paranoikers, harmlos vielleicht, aber sicher nicht ganz
zurechnungsfähig. Im Moment hatte er freilich keine andere Wahl,
als sich das verrückte Geschwätz anzuhören und den
Mann möglichst zu beschwichtigen – um Polas willen.
»Dr. Arvardan.« Shekt kam zur Sache. »Sie haben von
unserem Synapsifikator gehört. Jedenfalls sagten Sie das heute
morgen.«
»Das ist richtig. Ich hatte Ihren ersten Artikel in der Physikalischen Rundschau gelesen und sowohl mit dem
Statthalter wie mit dem Höchsten Minister über Ihre
Erfindung gesprochen.«
»Mit dem Höchsten Minister?«
»Selbstverständlich. Er gab mir schließlich das
Empfehlungsschreiben, das Sie sich… äh – leider –
nicht einmal ansehen wollten.«
»Was ich sehr bedauere. Dennoch wünschte ich, Sie
hätten nicht… Inwieweit sind Sie über den
Synapsifikator informiert?«
»Ich weiß, daß es sich um einen interessanten
Mißerfolg handelt. Das Instrument wurde entwickelt, um die
Lernkapazität zu steigern. Bei Ratten hat es bis zu einem
gewissen Grad funktioniert, doch bei Menschen hat es
versagt.«
Shekt nickte verbittert. »Nach diesem Artikel konnten Sie
keinen anderen Eindruck gewinnen. Der Synapsifikator wurde in der
Öffentlichkeit bewußt als Fehlschlag dargestellt. Die
grandiosen Erfolge hat man gezielt vertuscht.«
»Hm. Ein ziemlich ungewöhnliches Beispiel für
wissenschaftliches Verantwortungsbewußtsein, Dr.
Shekt.«
»Zugegeben. Aber ich bin sechsundfünfzig, und wenn Sie
eine Vorstellung davon haben, wie es auf der Erde zugeht, dann wissen
Sie, daß ich nicht mehr lange zu leben habe.«
»Die Sechzig. Ja, davon habe ich gehört – sogar
mehr, als mir lieb war.« Sein erster Flug mit einem
terrestrischen Stratojet war ihm noch in unangenehmer Erinnerung.
»Soviel ich weiß, werden gelegentlich Ausnahmen gemacht,
unter anderem für verdiente Wissenschaftler.«
»Gewiß. Aber darüber haben der Höchste
Minister und der Rat der Ahnen zu befinden, und ihre Entscheidungen
kann nicht einmal der Kaiser anfechten. Zu Anfang hat man mir
versprochen, ich könne mir mit strengstem Stillschweigen
über alles, was mit dem Synapsifikator zu tun hat, und mit
vollem Einsatz für seine Weiterentwicklung das Recht auf Leben
verdienen.« Der Physiker breitete hilflos die Arme aus.
»Wie hätte ich damals vorhersehen können, wie die
Sache ausgehen, wozu man das Gerät einsetzen
würde?«
»Und wozu setzt man es ein?« Arvardan zog sein
Zigarettenetui aus seiner Hemdtasche, entnahm ihm ein Stäbchen
und bot auch Shekt eines an, doch der lehnte ab.
»Bitte einen Augenblick noch… Nachdem meine Experimente
soweit gediehen waren, daß ich es verantworten konnte, das
Gerät auch bei Menschen anzuwenden, wurden in gewissen
Abständen mehrere Biologen der Erde einer Behandlung unterzogen.
In allen Fällen handelte es sich um Männer, die die
Ansichten der Fanatiker – der Extremisten teilten. Überlebt
haben sie alle, doch nach einiger Zeit traten gewisse Nebenwirkungen
auf. Einen Patienten brachte man mir schließlich zur
Nachbehandlung. Ich konnte ihn nicht retten. Aber kurz bevor er
starb, hat er im Delirium alles ausgeplaudert.«
Es war kurz vor Mitternacht. Ein langer, ereignisreicher Tag ging
seinem Ende entgegen. Allmählich wurde Arvardan von einer
inneren Unruhe erfaßt, und er sagte heiser: »Ich
wünschte, Sie kämen allmählich zur Sache.«
»Ich muß Sie um Geduld bitten«, sagte Shekt.
»Wenn ich Ihnen nicht alles genau erkläre, werden Sie mir
nicht glauben. Über die besonderen Bedingungen auf der Erde
– die Radioaktivität – sind Sie natürlich
informiert…«
»Ja, darüber weiß ich ziemlich gut
Bescheid.«
»Auch über die Auswirkungen dieser Radioaktivität
auf die Erde und ihre Wirtschaft?«
»Gewiß.«
»Dann will ich darauf nicht lange herumreiten. Ich
möchte nur daran erinnern, daß Mutationen auf der Erde
häufiger vorkommen als überall sonst in der Galaxis. Der
Behauptung unserer Feinde, Erdenmenschen seien anders, ist folglich
eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen. Natürlich handelt
es sich um geringfügige Mutationen, und die meisten können
sich nicht halten. Wenn es bei uns Erdenmenschen überhaupt zu
dauerhaften Veränderungen gekommen ist, dann nur in bezug auf
gewisse Eigenschaften unseres Stoffwechsels, denen wir eine
größere Widerstandsfähigkeit gegen die besonderen
Bedingungen unserer Umwelt verdanken. So sind wir etwa besser gegen
die Auswirkungen
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