Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
atomarer Strahlung geschützt, verbranntes
Gewebe heilt schneller…«
»Dr. Shekt, bisher ist mir das alles bekannt.«
»Aber sind Sie jemals auf die Idee gekommen, daß diese
Mutationsprozesse auch bei anderen Lebewesen als den Menschen
auftreten könnten?«
Arvardan schwieg einen Moment, dann sagte er: »Ich muß
gestehen, nein, obwohl es sich, jetzt, wo Sie mich darauf hinweisen,
eigentlich von selbst versteht.«
»Ganz recht. Sie können sich auch persönlich davon
überzeugen. Wir haben eine größere Vielfalt von
Haustieren als jede andere, bewohnte Welt. Die Orange, die Sie vorhin
gegessen haben, ist eine Mutation, die es sonst nirgendwo gibt. Unter
anderem das macht sie so ungeeignet für den Export. Die
Außerweltler bringen ihr das gleiche Mißtrauen entgegen
wie uns – und wir selbst hüten sie wie einen kostbaren
Schatz, der nur uns allein gehört. Und was für Tiere und
Pflanzen gilt, trifft selbstverständlich auch auf mikroskopisch
kleine Lebewesen zu.«
Jetzt lief Arvardan tatsächlich ein erster, kalter Schauer
über den Rücken.
»Sie meinen – Bakterien?«
»Ich meine das ganze Reich der Kleinstlebewesen. Protozoen,
Bakterien und selbstreplizierende Nukleoproteide, auch Viren
genannt.«
»Worauf wollen Sie hinaus?«
»Ich denke, Sie haben bereits einen Verdacht, Dr. Arvardan.
Ihr plötzliches Interesse ist mir nicht entgangen. Sehen Sie,
bei Ihnen gibt es einen alten Volksglauben, demzufolge die
Erdenmenschen und der Tod zusammengehören. Wer sich mit einem
Erdenmenschen einläßt, muß sterben, Erdenmenschen
bringen Unglück, sie haben so etwas wie den bösen
Blick…«
»Das ist mir nicht neu. Reiner Aberglaube.«
»Nicht unbedingt, und das ist das Schlimme daran. Wie jeder
Volksglaube enthält auch dieser neben allen Zerrbildern,
Irrlehren und abartigen Vorstellungen ein Körnchen Wahrheit.
Manchmal ist ein Erdenmensch tatsächlich Überträger
eines mikroskopisch kleinen Parasiten, der infolge von Mutation ein
klein wenig anders ist als anderswo, und gegen den Außerweltler
nicht unbedingt resistent sind. Was dann geschieht, Dr. Arvardan,
kann Ihnen jeder Biologe erzählen.«
Arvardan schwieg.
Shekt fuhr fort. »Natürlich erwischt es uns manchmal
auch selbst. Eine neue Bakterienart löst sich aus dem
radioaktiven Nebel, und dann breitet sich eine Seuche über den
Planeten aus, aber im großen und ganzen haben wir Erdenmenschen
bisher recht gut Schritt gehalten. Im Laufe von Generationen haben
wir gegen jede neue Bakterien- oder Virenart Abwehrkräfte
aufgebaut, und deshalb leben wir heute noch. Außerweltler haben
diese Möglichkeit nicht.«
»Soll das heißen…« – Arvardan hatte
plötzlich ein flaues Gefühl im Magen –,
»daß der Kontakt mit Ihnen…?« Er schob seinen
Stuhl zurück. Unwillkürlich mußte er an die
Küsse dieses Abends denken.
Shekt schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Wir schaffen die Krankheiten nicht, wir übertragen sie nur.
Und auch das nur sehr selten. Wenn ich auf Ihrer Welt lebte,
hätte ich die Keime ebensowenig in mir wie Sie; ich habe keine
besondere Affinität zu ihnen. Selbst hier ist von einer
Billiarde oder von einer Billiarde Billiarden Erregern nur einer
gefährlich. Im Moment ist es wahrscheinlicher, daß ein
Meteorit in dieses Haus einschlägt und Sie trifft, als daß
Sie sich infizieren. Es sei denn, man würde gezielt nach
den fraglichen Erregern suchen, sie isolieren und
konzentrieren.«
Diesmal dauerte das Schweigen länger. Endlich preßte
Arvardan mit erstickter Stimme heraus: »Und das haben die
Erdenmenschen getan?«
Er hielt den Physiker nicht mehr für paranoid. Jetzt war er
bereit, ihm alles zu glauben.
»Ja, wenn auch zunächst aus durchaus harmlosen Motiven.
Unsere Biologen interessieren sich natürlich ganz besonders
für die Eigenheiten irdischer Lebewesen, und so konnten sie vor
kurzem das Virus isolieren, das für das Gemeine Fieber
verantwortlich ist.«
»Was ist das Gemeine Fieber?«
»Eine leichte Erkrankung, die auf der Erde endemisch ist, das
heißt, überall vorkommt. Die meisten Erdenmenschen machen
sie schon als Kinder durch, die Symptome sind nicht weiter
gravierend. Leichtes Fieber, ein vorübergehender Ausschlag und
eine Entzündung der Gelenke und der Lippen, verbunden mit
brennendem Durst. Nach vier bis sechs Tagen ist alles
überstanden, und danach ist man immun. Ich hatte das Fieber
ebenso wie Pola. Die Krankheit tritt – vermutlich durch einen
etwas anderen Erreger bedingt – gelegentlich
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