Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
deiner Großmutter – seligen Angedenkens. Ein Kuß hat gar nichts – weniger als gar nichts zu bedeuten. Junges Blut, Arta, junges Blut!«
»Von wegen junges Blut. Wenn dieser gräßliche Zwerg in den letzten fünfzehn Jahren auch nur einen einzigen Tropfen junges Blut in den Adern hatte, dann allenfalls nach einer Transfusion. Er ist einen halben Kopf kleiner als ich, Vater. Soll ich mich etwa mit einem Gnom in der Öffentlichkeit zeigen?«
»Er ist ein wichtiger Mann. Ungemein wichtig!«
»Das macht ihn nicht einen Zentimeter größer. Außerdem hat er krumme Beine wie alle Tyrannier, und sein Mundgeruch ist abscheulich.«
»Er hat Mundgeruch?«
Artemisia rümpfte die Nase. »Richtig; er hat Mundgeruch. Genauer gesagt, sein Atem stinkt. Er war mir zuwider, und das habe ich ihm auch nicht verheimlicht.«
Hinrik blieb vor Staunen der Mund offenstehen. Dann flüsterte er heiser: »Du hast es ihm nicht verheimlicht? Du hast tatsächlich zu erkennen gegeben, daß ein hoher Beamter des Königlichen Hofes von Tyrann Eigenschaften besitzen könnte, die du abstoßend findest?«
»So ist es! Wozu habe ich schließlich eine Nase! Als er mir zu nahe kam, habe ich sie mir zugehalten und ihm einen Stoß versetzt. Was für ein Prachtexemplar von einem Mann! Er ist flach auf den Rücken gefallen und hat die Beine in die Luft gestreckt.« Sie demonstrierte es mit den Fingern, doch Hinrik wußte die Darbietung nicht zu würdigen. Er hatte stöhnend die Schultern hochgezogen und die Hände vor das Gesicht geschlagen.
Nun spähte er kläglich zwischen den Fingern hindurch. »Und wie geht es jetzt weiter? Wie konntest du dich nur so benehmen?«
»Es hat mir nichts eingebracht. Weißt du, was er sagte? Weißt du, was er sagte? Das war der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte, in diesem Augenblick wurde mir klar, daß ich den Kerl selbst dann nicht ausstehen könnte, wenn er drei Meter groß wäre.«
»Aber… aber… was hat er denn nun gesagt?«
»Er sagte – er muß den Satz wortwörtlich vom Video übernommen haben, Vater – er sagte: ›Ha! Die kleine Hexe hat Temperament! Das hab ich gern!‹ Und dann haben ihm zwei von seinen Dienern wieder auf die Beine geholfen. Jedenfalls hat er nicht noch einmal versucht, mir ins Gesicht zu hauchen.«
Hinrik sank in einen Sessel, beugte sich vor und sah Artemisia beschwörend an: »Könntest du ihn nicht wenigstens der Form halber heiraten? Du brauchst die Sache ja nicht weiter ernst zu nehmen. Eine Zweckheirat aus politischen Überlegungen, und…«
»Was meinst du mit ›nicht ernst nehmen‹, Vater? Soll ich die Finger der linken Hand überkreuzen, während ich mit der Rechten den Ehevertrag unterschreibe?«
Hinrik schien verwirrt. »Nein, natürlich nicht. Was würde das auch nützen? Ein Vertrag wird doch nicht ungültig, nur weil man die Finger überkreuzt. Wahrhaftig, Arta, ich hätte nicht gedacht, daß du so schwer von Begriff bist.«
Artemisia seufzte. »Was meinst du denn nun wirklich?«
»Womit? Du hast mich ganz durcheinandergebracht. Wie soll ich mich auch konzentrieren, wenn du mit mir streitest? Was sagte ich denn gerade?«
»Ich sollte nur so tun, als würde ich heiraten, oder so ähnlich. Weißt du nicht mehr?«
»Ach ja. Ich will damit nur sagen, du brauchtest dich nicht allzu sehr gebunden zu fühlen.«
»Das soll wohl heißen, ich darf mir einen oder auch mehrere Liebhaber nehmen?«
Hinrik erstarrte und runzelte die Stirn. »Arta! Deine Mutter und ich haben dich zu einem anständigen Mädchen erzogen, das etwas auf sich hält. Wie kannst du so etwas aussprechen? Du solltest dich schämen.«
»Aber hast du denn nicht genau das gemeint?«
»Ich darf so etwas sagen. Ich bin schließlich ein Mann, ein reifer Mann. Aber ein junges Mädchen sollte es nicht wiederholen.«
»Nun, ich habe es aber wiederholt, jetzt wissen wir wenigstens, woran wir sind. Ich habe nichts dagegen einzuwenden, mich mit Liebhabern zu behelfen. Wahrscheinlich komme ich ohnehin nicht darum herum, wenn ich aus Gründen der Staatsraison zu einer Heirat gezwungen werde, aber alles hat seine Grenzen.« Sie stemmte beide Hände in die Hüften, wodurch die capeartig geschnittenen Ärmel nach hinten rutschten und den Blick auf sonnengebräunte Schultern mit entzückenden Grübchen freigaben. »Und was mache ich zwischen zwei Liebhabern? Dann wäre mein Ehemann immer noch da, und gerade diesen Gedanken kann ich nicht ertragen.«
»Aber Liebes, er ist ein alter Mann. Du
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