Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
war ganz sicher, daß ihr Rik noch gebildeter war.
»Komm.« Terens hatte die Hand ausgestreckt.
»Wo gehen wir hin?« fragte sie.
»Wo ist Rik?«
»Zu Hause«, lautete die Antwort. »Er schläft.«
»Gut. Dann begleite ich dich jetzt nach Hause. Oder möchtest du, daß dich die Gendarmen allein auf der Straße antreffen?«
In der Nacht schien das Dorf wie ausgestorben. Die Laternen entlang der einzigen Straße, die mitten durch die Reihen der Arbeiterhütten führte, verbreiteten einen milden Schein. Es regnete ein wenig, nur ein leichtes, warmes Nieseln wie fast jede Nacht. Man brauchte sich nicht besonders davor zu schützen.
So spät war Valona nach einem Arbeitstag noch nie draußen gewesen, und sie hatte Angst. Am liebsten wäre sie vor ihren eigenen Schritten davongelaufen. Zugleich lauschte sie, ob nicht etwa in der Ferne die Schritte der Gendarmen zu hören waren.
»Du brauchst nicht auf Zehenspitzen zu gehen, Valona«, sagte Terens. »Ich bin doch bei dir.«
Seine Stimme dröhnte geradezu durch die Nacht. Valona fuhr zusammen, dann gab sie seinem Drängen nach und eilte weiter.
Valonas Hütte war dunkel wie alle anderen. Die beiden traten vorsichtig ein. In einer solchen Baracke war auch Terens geboren worden und aufgewachsen, und obwohl er inzwischen auf Sark gelebt hatte und jetzt ein Haus mit drei Zimmern und fließendem Wasser bewohnte, überfiel ihn angesichts der ärmlichen Behausung so etwas wie Heimweh. Wer brauchte schon mehr als einen Raum mit einem Bett, einer Kommode, zwei Stühlen, einem glatten Fließzementboden und einem Wandschrank in der Ecke?
Eine Küche war nicht erforderlich, denn alle Mahlzeiten wurden in der Fabrik eingenommen, und dank der vielen Gemeinschaftstoiletten und Duschkabinen hinter jeder Häuserzeile erübrigte sich auch ein privates Bad. In Florinas mildem, beständigem Klima brauchten auch die Fenster nicht vor Regen und Kälte zu schützen. So gab es in jeder Wand nur eine vergitterte Öffnung mit einer Dachrinne darüber, um die wenigen Regentropfen abzuleiten, die in den windstillen Nächten vom Himmel fielen.
Terens hatte eine kleine Taschenlampe in der Hand. Nun fiel ihr Licht auf einen schadhaften Wandschirm, der eine Ecke des Raums abtrennte. Er erinnerte sich. Diesen Schirm hatte er erst kürzlich für Valona besorgt, als Rik sozusagen dem Kindesalter entwachsen und zum Mann geworden war. Jetzt waren dahinter die regelmäßigen Atemzüge eines Schlafenden zu hören.
Terens deutete mit dem Kopf in diese Richtung. »Weck ihn auf, Valona.«
Valona klopfte an den Schirm. »Rik! Rik, mein Kleiner!«
Ein leiser Aufschrei war zu hören.
»Ich bin’s nur, Lona«, sagte Valona. Die beiden gingen um den Schirm herum, und Terens richtete den Strahl des Lämpchens zuerst auf ihre eigenen Gesichter und dann auf Rik.
Rik hielt sich den Arm vor die Augen. »Was ist los?«
Terens setzte sich auf die Bettkante und stellte dabei fest, daß Rik in dem Bett schlief, das zur regulären Einrichtung gehörte. Er hatte Valona ganz zu Anfang ein altes, schon ziemlich klappriges Feldbett besorgt, aber das benützte sie nun wohl selbst.
»Rik«, begann er. »Valona sagt, deine Erinnerung kommt allmählich wieder.«
»Ja, Schultheiß.« Rik gab sich gegenüber dem Schultheiß immer sehr bescheiden, schließlich war Terens der wichtigste Mann, den er kannte, und sogar der Direktor der Fabrik behandelte ihn mit ausgesuchter Höflichkeit. So wiederholte er nun brav, was er im Laufe des Tages an Scherben aufgesammelt hatte.
»Ist dir noch etwas eingefallen«, fragte Terens, »seit du mit Valona gesprochen hast?«
»Das ist alles, Schultheiß.«
Terens knetete nervös eine Hand mit der anderen. »Schon gut, Rik. Schlaf weiter.«
Valona folgte ihm, als er die Hütte verließ. So sehr sie sich auch bemühte, ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu behalten, sie mußte sich doch immer wieder mit dem rauhen Handrücken über die Augen fahren. »Muß ich ihn jetzt hergeben, Schultheiß?«
Terens ergriff ihre Hände und sagte ernst: »Du bist doch kein Kind mehr, Valona. Ich werde ihn mitnehmen, aber nur für kurze Zeit, dann bringe ich ihn dir zurück.«
»Und danach?«
»Das weiß ich noch nicht. Du mußt mich verstehen, Valona. Es gibt für diese Welt im Moment nichts Wichtigeres, als mehr über Riks Erinnerungen zu erfahren.«
»Sie glauben doch nicht etwa, er hat recht, und alle Menschen auf Florina müssen sterben?« fragte sie plötzlich.
Terens umfaßte ihre
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