Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
ganzen Leben noch nie von einem psychopathischen Eingeborenen gehört.«
»Aber…«
»Im Grunde ist es ganz simpel, Gnädigste. Wenn wir die phantastische Geschichte, die uns das Mädchen erzählt, für bare Münze nehmen, müssen wir daraus schließen, daß der Junge kriminell geworden war, was man vermutlich auch als eine Art von psychischer Störung ansehen kann. In diesem Fall ist er wohl einem dieser Quacksalber in die Hände gefallen, von denen die Eingeborenen ärztlich betreut werden, der hat ihn beinahe umgebracht und ihn dann, um nicht entdeckt und strafrechtlich verfolgt zu werden, in irgendeiner gottverlassenen Gegend ausgesetzt.«
»Immerhin müßte er eine Psychosonde gehabt haben«, protestierte Samia. »Sie wollen doch wohl nicht behaupten, daß Eingeborene solche Instrumente handhaben können?«
»Das vielleicht nicht. Aber Sie können auch nicht annehmen, daß ein qualifizierter Mediziner so stümperhaft damit umgehen würde. Wir stoßen hier auf einen Widerspruch, und das beweist, daß die Geschichte von Anfang bis Ende erlogen ist. Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, Gnädigste, dann überlassen Sie diese Kreaturen uns. Sie sehen ja, es hat keinen Zweck, es ist einfach nichts mit ihnen anzufangen.«
Samia zögerte. »Vielleicht haben Sie recht.«
Sie erhob sich und sah Rik zweifelnd an. Der Kapitän war hinter sie getreten, nahm den kleinen Stuhl an sich und klappte ihn geräuschvoll zusammen.
Rik sprang auf. »Warten Sie!«
»Wenn ich bitten darf, Gnädigste.« Der Kapitän hielt ihr bereits die Tür auf. »Meine Männer werden ihn schon zur Räson bringen.«
Samia blieb auf der Schwelle stehen. »Sie werden ihm nicht weh tun?«
»Ich glaube nicht, daß er uns zum Äußersten treiben wird. Wir werden auch so mit ihm fertig.«
»Euer Gnaden! Euer Gnaden!« rief Rik. »Ich komme wirklich von der Erde. Ich kann es beweisen.«
Samia blieb unschlüssig stehen. »Hören wir uns wenigstens an, was er zu sagen hat.«
»Wie Sie wünschen, Gnädigste«, sagte der Kapitän frostig.
Sie drehte sich um, blieb aber gleich einen Schritt hinter der Tür stehen.
Rik war vor Anstrengung ganz rot im Gesicht. Es war so mühsam, sich zu erinnern. Sein Gesicht verzerrte sich zu einem grimassenhaften Lächeln. »Ich weiß noch, wie es auf der Erde war«, sagte er. »Sie war radioaktiv verseucht. Es gab Verbotene Zonen, und bei Nacht war der Horizont blau. Der Boden strahlte, und nichts wollte darauf wachsen. Es gab nur einige wenige Gebiete, wo Menschen leben konnten. Deshalb wurde ich Weltraumanalytiker. Deshalb machte es mir nichts aus, im All zu leben. Weil meine Welt eine tote Welt war.«
Samia zuckte die Achseln. »Kommen Sie, Kapitän. Er redet irre.«
Doch diesmal war es Kapitän Racety, der mit offenem Mund innehielt. »Eine radioaktiv verseuchte Welt!« murmelte er.
»Sie meinen, so etwas gibt es tatsächlich?« fragte sie.
»Gewiß.« Er war fassungslos vor Staunen. »Mich würde nur interessieren, wo er das aufgeschnappt hat.«
»Wie kann eine Welt radioaktiv verseucht und dennoch bewohnt sein?«
»Eine solche Welt gibt es. Und sie liegt tatsächlich im Sirius-Sektor. Ich habe ihren Namen vergessen, aber es könnte die Erde sein.«
»Es ist die Erde«, erklärte Rik im Brustton der Überzeugung. »Sie ist der älteste Planet der Galaxis, die Ursprungswelt der gesamten, menschlichen Rasse.«
»Das ist richtig!« flüsterte der Kapitän.
Samia schwirrte der Kopf. »Sie meinen, die menschliche Rasse ist auf dieser Erde entstanden?«
»Nein, nein«, wehrte der Kapitän zerstreut ab. »Das ist purer Aberglaube. Es ist nur so, daß ich in diesem Zusammenhang zum ersten Mal von dem radioaktiv verseuchten Planeten erfahren habe. Weil er für sich in Anspruch nimmt, die Urheimat des Menschen zu sein.«
»Ich wußte gar nicht, daß es so etwas wie eine Urheimat überhaupt gibt.«
»Irgendwo muß alles einmal angefangen haben, Gnädigste, aber ich halte es für ausgeschlossen, daß heute noch jemand weiß, auf welchem Planeten das war.«
Er riß sich zusammen und ging entschlossen auf Rik zu. »Woran erinnerst du dich noch?«
Den Zusatz ›Junge‹ schluckte er im letzten Moment hinunter.
»Hauptsächlich an das Schiff«, sagte Rik. »Und an die Weltraumanalysen.«
Samia war dem Kapitän gefolgt. Nun standen sie beide dicht vor Rik, und Samia spürte, wie die Aufregung sie abermals packte. »Das heißt, er hat doch die Wahrheit gesagt? Aber wie konnte es dann dazu kommen, daß er
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