Foundation 08: Foundation
›Vorsicht‹, und blinde Sturheit, wenn er unrecht hatte, war ›Entschlossenheit‹.
Abgesehen davon verschwendete er kein Geld, brachte niemanden ohne Not um und meinte es außerordentlich gut.
Falls Captain Pritchers düstere Gedanken diesen Pfaden folgten, als er respektvoll vor dem großen Schreibtisch stehenblieb, verrieten seine hölzernen Gesichtszüge nichts davon. Er hustete nicht, er verlagerte das Gewicht nicht, er scharrte auch nicht mit den Füßen, bis der eifrige Stift des Bürgermeisters in seiner Arbeit, Randbemerkungen zu schreiben, innehielt, ein Blatt engbedruckten Papiers von einem sauberen Stapel abgehoben und auf einen zweiten sauberen Stapel gelegt worden war und Indbur III. sein schmales Gesicht hob.
Bürgermeister Indbur legte die Hände auf der Schreibtischplatte ineinander und gab dabei gut acht, das sorgfältige Arrangement seines Büromaterials nicht zu zerstören.
Er stellte fest: »Captain Han Pritcher vom Nachrichtendienst.«
Dem Protokoll strikt gehorchend, beugte Captain Pritcher ein Knie fast bis zum Boden und senkte den Kopf, bis er die befreienden Worte hörte:
»Erheben Sie sich, Captain Pritcher.«
Der Bürgermeister erklärte mit dem Ausdruck herzlicher Teilnahme: »Sie sind hier, Captain Pritcher, weil Ihr vorgesetzter Offizier ein Disziplinarverfahren gegen Sie eingeleitet hat. Die entsprechenden Unterlagen sind im normalen Verlauf des Geschehens zu meiner Kenntnis gekommen, und da jedes Ereignis in der Foundation von Interesse für mich ist, habe ich mir die Mühe gemacht, weitere Informationen über Ihren Fall einzuholen. Das überrascht Sie, wie ich hoffe, nicht.«
Captain Pritcher antwortete ungerührt: »Nein, Exzellenz. Ihre Gerechtigkeit ist sprichwörtlich.«
»So, ist sie das?« fragte Indbur erfreut, und seine gefärbten Kontaktlinsen fingen das Licht auf eine Weise ein, daß es seinen Augen einen harten, trockenen Glanz verlieh. Mit peinlicher Genauigkeit fächerte er eine Reihe metallgebundener Aktenhefter vor sich auf. Die Blätter darin raschelten scharf beim Wenden. Sein langer Finger folgte beim Lesen der Zeile.
»Ich habe hier Ihr Dossier, Captain – vollständig. Sie sind dreiundvierzig und seit siebzehn Jahren Offizier der Streitkräfte. Geboren sind Sie in Loris als Sohn anakreonischer Eltern, keine ernsthaften Kinderkrankheiten, ein Anfall von Myo… nun, das ist unwichtig… vor der Militärzeit Besuch der Akademie der Wissenschaften, Hauptfach Hyper-Motoren, akademischer Grad… hm-m-m, sehr gut, man kann Ihnen gratulieren… Eintritt in die Armee als Unteroffizier am einhundertundzweiten Tag des 293. Jahr der Foundation-Ära.«
Er hob die Augen kurz, während er den ersten Ordner weglegte und den zweiten öffnete.
»Sie sehen«, konstatierte er, »in meiner Verwaltung wird nichts dem Zufall überlassen. Ordnung! System!«
Er führte ein rosafarbenes, duftendes Gelee-Kügelchen an die Lippen. Es war sein einziges Laster, und er frönte ihm unter Kummer. Der sonst fast unvermeidliche Aschenbecher zur atomaren Vernichtung von Tabakresten fehlte auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters, denn er rauchte nicht.
Selbstverständlich unterließen es auch seine Besucher.
Der Bürgermeister sprach weiter, methodisch, nuschelnd, murmelnd – und hin und wieder flocht er geflüsterte Kommentare ein, die ebenso mild wie inhaltlos Lob oder Tadel spendeten.
Sorgfältig legte er die Hefter zu ihrem ursprünglichen sauberen Stapel zusammen.
»Ja, Captain, Ihr Dossier ist ungewöhnlich«, stellte er munter fest. »Sie besitzen überragende Fähigkeiten, wie es scheint, und daß Sie wertvolle Dienste geleistet haben, steht außer Frage. Mir ist aufgefallen, daß Sie bei Ausübung Ihrer Pflicht zweimal verwundet und mit dem Orden für über die Pflicht hinausgehende Tapferkeit ausgezeichnet worden sind. Diese Tatsachen kann man nicht leichtfertig übergehen.«
In Captain Pritchers ausdruckslosem Gesicht regte sich nichts. Er blieb steif aufgerichtet stehen. Das Protokoll verbot einem Untertan, dem die Ehre einer Audienz beim Bürgermeister zuteil wurde, sich zu setzen – was überflüssigerweise durch die Tatsache betont wurde, daß es im Raum nur eine Sitzgelegenheit gab, nämlich die unter dem Bürgermeister. Das Protokoll gestattete ferner keine anderen Äußerungen als solche, die zur Beantwortung einer direkten Frage notwendig waren.
Der Bürgermeister maß den Soldaten mit hartem Blick, und seine Stimme wurde scharf und bedeutungsschwer.
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