Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
hing uns bereits in den Kniekehlen. Chu Na sagte: »Wer da heute mitgegessen hat, der kann kein Wasser mehr lassen.«
Ich sagte: »Du hast vier Maisbrötchen gegessen, was soll da nicht gehen?«
Chu Na meinte: »Da war kein Gramm Fett dran, da kannst du noch so viele essen, das hilft nichts.«
Bao Guan sagte: »Nur Geduld, wenn wir erst den Kommunismus haben, kannst du jeden Tag ein ganzes Schwein fressen!«
Darauf Chu Na: »Dann verwandle dich doch einfach in ein Schwein und lass mich mal beißen!«
Ich sagte: »Keine Scherze über Politik! Denkt lieber daran, wie es den einfachen Kommunemitgliedern geht!«
Da stockte uns der Atem! An diesem Abend war der erste Schnee des Winters gefallen, und als der Mond durch die Wolken kam, stach uns die Grelle schneebedeckter Erde heftig in die Augen.
Auf einmal sagte Bao Guan: »Ich habe Rauch gesehen!«
Chu Na und ich hatten die Hände in den Ärmeln und waren drauf und dran, nach Hause zu gehen.
Bao Guan sagte: »Verdammt, die sind aber dreist!«
Als uns klar wurde, was da vorging, legten wir uns hinter einer Bergmauer auf die Lauer. Schließlich kräuselten sich ein paar dünne Rauchfäden schief im Wind. Ich kannte die Situation bei der Brigade wie meine eigene Handfläche, aber in diesem Augenblick hätte ich nicht zu glauben gewagt, dass dieser Rauch aus dem Schornstein von Mo Erwa kommen würde. Das waren arme und rechtschaffene Bauersleute, von den acht Leuten in ihrer Familie waren zwei verhungert, aber sie hatten sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen! Außerdem, wo sollten sie um diese Jahreszeit etwas zu kochen herhaben?
Vor und hinter dem Haus von Erwa war offenes Land, also schlichen wir uns im Zickzack an und krochen das letzte Stück. Ich entdeckte Erwas Frau unter dem Dachvorsprung, sie war am Pinkeln und hielt Ausschau. Es war schweinekalt, aber sie hatte offensichtlich keine Angst, sich den Hintern abzufrieren. Sie sah uns nicht, diese erbärmlichen Jammergestalten wurden noch beim Essen und Trinken belauert, der Klassenkampf war eine sehr schwierige Angelegenheit.
Wir drangen von hinten in die Küche ein und leuchteten mit der Taschenlampe. Mo Erwa schoss wie von der Tarantel gestochen aus dem Rattennest heraus.
Ich rief: »Stehen bleiben!«
Bao Guan hob das Gewehr, gab einen Warnschuss ab und machte damit ein Loch in die Decke. Keine Ahnung, wer in dem ganzen Durcheinander den in der Erde köchelnden und dampfenden Topf umgestoßen hat, jedenfalls war die Brühe so heiß, dass wir ständig herumhüpften. Die Suppe ergoss sich in den Ofen, es stieg heftiger Wasserdampf auf und hüllte den ganzen Raum in Nebel.
»Licht an!«, befahl ich und packte Mo Erwa. Der lag wie erstarrt auf dem Boden. Chu Na kramte ein Streichholz heraus, machte die Stalllaterne an, leuchtete den Boden ab und erstarrte.
An der Stelle, wo im vergangenen Jahr der Ofen abgerissen worden war, hatte der tolldreiste Mo Erwa einen Erdofen ausgeschachtet und ihn mit Steinplatten abgedeckt. Wenn man heimlich etwas kochen wollte, nahm man sie weg – aber was sie diesmal gekocht hatten, das war ihr eigenes Kind, das war Shu Caimei, sie war keine zwei Jahre alt. Kein Wunder, dass einem der Fettgeruch so in die Nase stieg. An jeder Seite des Waschkessels, der ihnen als Topf gedient hatte, war ein etwa faustgroßer Fleischbrocken. Chu Na bückte sich, nahm mit Stäbchen einen dieser dampfenden Brocken hoch und hielt ihn ins Licht. Er war fast gar, die Haut über dem Fleisch eines Menschen ist dünn, wenn man es kocht, dann schnurrt es richtig verlockend zusammen; mit dem Teil in der Hand bekam Bao Guan einen ganz grünen Blick und schluckte seinen Speichel herunter. Ich zog ihn sofort an der Jacke und befahl ihm, ein Seil zu suchen und Mo Erwa zu fesseln. Ich hatte es kaum gesagt, als Mo Erwa aufheulte und sich auf die Bodenbretter warf – das Vieh griff sich einen Batzen von dem guten Fleisch und stopfte es sich ins Maul, ich schätze, es war ein Stück Wade, denn als wir ihm den Hals zudrückten und das Maul aufzwangen, hatte er noch dünne Fleischstreifen zwischen den Zähnen. Als dieser Unmensch von einem Vater den Rachen aufsperrte, drehten diese Bastarde vollends durch, jeder griff sich ein Stück Fleisch und biss hinein. Ach, und wir waren nur zu dritt und hatten nur sechs Hände, wen wir hier festhielten, der entwischte uns dort. Mo Erwas Viertgeborener, der neun Jahre alte Gousheng, ging uns durch die Lappen, riss sich Fleisch ab und verschlang es, er bohrte sein
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